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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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nicht blos diese La^er- und Reiseskizzen, sondern auch umfängliche und gründ¬
liche Excurse über die Geschichte, die politische und militärische Verfassung und
die sonstigen Zustände Marokkos, so wie über die Geschichte der maurischen
Stämme, welche Nordafrika und Spanien viele Jahrhunderte hindurch zum
Schauplatz ihre Thaten gemacht haben. Das Buch ist ein schönes Zeichen,
daß in dem preußischen Offiziercorps neben militärischer Tüchtigkeit auch Liebe
zur Wissenschaft zu Hause ist, und wird einem jeden, der es in die Hand nimmt,
eine ebenso angenehme als belehrende Lectüre darbieten.

Am Schluß des Vorworts spricht der Verfasser den Wunsch aus, daß ihm
bald im Kampfe für König und Vaterland unter den eigenen Fahnen das
höchste Glück des Soldaten beschicken sein möge. Dieser Wunsch ist ihm erfüllt
worden. Herr v. Goeben, jetzt General, steht an der Spitze der tapfern west¬
fälischen Brigade, der es vergönnt war, in den ersten Monaten dieses Jahres
im Sundewitt bei Rakebüll, an der Büffelkoppel und in andern Gefechten nach
langem Frieden fast die ersten Lorbeeren zu pflücken, und hat sich dabei als ebenso
energischer als umsichtiger Führer bewährt..

In Alicante war es, wo die Reisenden zuerst spanischen Boden betraten.
Ein glücklicher Zufall, d. h. eine Verspätung auf der Douane, fügte es, daß sie
auch gleichzeitig ein spanisches Wirthshaus kennen lernten. Bekanntlich haben,
seitdem die Eisenbahnen Ströme von Reisenden durch die Welt führen, die
Gasthäuser in Europa ihre nationale Eigenthümlichkeit verloren und einen
kosmopolitischen, ziemlich'einförmigen Charakter angenommen. Man sann von
Glück sagen, wenn man eins findet, das noch die alte Originalität bewahrthat.
Ein solcher Zufall begünstigte den Obersten v. Goeben und seine Gefährten.
Während sie im Zollhause sich mit den Douaniers auseinanderzusetzen bestrebt
waren, war der erste Gasthof von Alicante, das Hotel zum Dampfschiff,
ganz im europäischen Stil eingerichtet, von den anderen Reisenden besetzt, und
sie mußten sich nach einem anderen Obdache umsehen. Sie fanden dies in der
Fonda de la Barcelonesa, dem Gasthof der Barzeloneserin, einem altersgrauen,
schiefhängenden Hause, mit einem die ganze Front einnehmenden, den Einsturz
drohenden Balkon. Schon der Empfang war tandeseigenthümlich. Anstatt
daß auf das übliche Glockenläuten Portier, Hausknecht, Unterkellner, Oberkellner
und Wirthin eigener Person an den Wagen gestürzt gekommen wären, erschien
hier erst nach mehrfachem Rufen des Kutschers die Wirthin, eine würdige, arte
Spanierin in der Thür, schüttelte erst als Antwort auf die Fragen der Quartier
Suchenden bedenklich den Kopf und erklärte sich erst nach manchem prüfenden
Blick auf das umfängliche Gepäck der Reisenden zu ihrer Aufnahme bereit.
Unter ihrer Führung ging es nun zwei wurmstichige Treppen hinan in einen
Salon, der mit einem anstoßenden kleinen Zimmer und einem dunklen Cabinet
den vier Offizieren zum Quartier dienen sollte. Es waren die besten Zimmer


nicht blos diese La^er- und Reiseskizzen, sondern auch umfängliche und gründ¬
liche Excurse über die Geschichte, die politische und militärische Verfassung und
die sonstigen Zustände Marokkos, so wie über die Geschichte der maurischen
Stämme, welche Nordafrika und Spanien viele Jahrhunderte hindurch zum
Schauplatz ihre Thaten gemacht haben. Das Buch ist ein schönes Zeichen,
daß in dem preußischen Offiziercorps neben militärischer Tüchtigkeit auch Liebe
zur Wissenschaft zu Hause ist, und wird einem jeden, der es in die Hand nimmt,
eine ebenso angenehme als belehrende Lectüre darbieten.

Am Schluß des Vorworts spricht der Verfasser den Wunsch aus, daß ihm
bald im Kampfe für König und Vaterland unter den eigenen Fahnen das
höchste Glück des Soldaten beschicken sein möge. Dieser Wunsch ist ihm erfüllt
worden. Herr v. Goeben, jetzt General, steht an der Spitze der tapfern west¬
fälischen Brigade, der es vergönnt war, in den ersten Monaten dieses Jahres
im Sundewitt bei Rakebüll, an der Büffelkoppel und in andern Gefechten nach
langem Frieden fast die ersten Lorbeeren zu pflücken, und hat sich dabei als ebenso
energischer als umsichtiger Führer bewährt..

In Alicante war es, wo die Reisenden zuerst spanischen Boden betraten.
Ein glücklicher Zufall, d. h. eine Verspätung auf der Douane, fügte es, daß sie
auch gleichzeitig ein spanisches Wirthshaus kennen lernten. Bekanntlich haben,
seitdem die Eisenbahnen Ströme von Reisenden durch die Welt führen, die
Gasthäuser in Europa ihre nationale Eigenthümlichkeit verloren und einen
kosmopolitischen, ziemlich'einförmigen Charakter angenommen. Man sann von
Glück sagen, wenn man eins findet, das noch die alte Originalität bewahrthat.
Ein solcher Zufall begünstigte den Obersten v. Goeben und seine Gefährten.
Während sie im Zollhause sich mit den Douaniers auseinanderzusetzen bestrebt
waren, war der erste Gasthof von Alicante, das Hotel zum Dampfschiff,
ganz im europäischen Stil eingerichtet, von den anderen Reisenden besetzt, und
sie mußten sich nach einem anderen Obdache umsehen. Sie fanden dies in der
Fonda de la Barcelonesa, dem Gasthof der Barzeloneserin, einem altersgrauen,
schiefhängenden Hause, mit einem die ganze Front einnehmenden, den Einsturz
drohenden Balkon. Schon der Empfang war tandeseigenthümlich. Anstatt
daß auf das übliche Glockenläuten Portier, Hausknecht, Unterkellner, Oberkellner
und Wirthin eigener Person an den Wagen gestürzt gekommen wären, erschien
hier erst nach mehrfachem Rufen des Kutschers die Wirthin, eine würdige, arte
Spanierin in der Thür, schüttelte erst als Antwort auf die Fragen der Quartier
Suchenden bedenklich den Kopf und erklärte sich erst nach manchem prüfenden
Blick auf das umfängliche Gepäck der Reisenden zu ihrer Aufnahme bereit.
Unter ihrer Führung ging es nun zwei wurmstichige Treppen hinan in einen
Salon, der mit einem anstoßenden kleinen Zimmer und einem dunklen Cabinet
den vier Offizieren zum Quartier dienen sollte. Es waren die besten Zimmer


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[0104] nicht blos diese La^er- und Reiseskizzen, sondern auch umfängliche und gründ¬ liche Excurse über die Geschichte, die politische und militärische Verfassung und die sonstigen Zustände Marokkos, so wie über die Geschichte der maurischen Stämme, welche Nordafrika und Spanien viele Jahrhunderte hindurch zum Schauplatz ihre Thaten gemacht haben. Das Buch ist ein schönes Zeichen, daß in dem preußischen Offiziercorps neben militärischer Tüchtigkeit auch Liebe zur Wissenschaft zu Hause ist, und wird einem jeden, der es in die Hand nimmt, eine ebenso angenehme als belehrende Lectüre darbieten. Am Schluß des Vorworts spricht der Verfasser den Wunsch aus, daß ihm bald im Kampfe für König und Vaterland unter den eigenen Fahnen das höchste Glück des Soldaten beschicken sein möge. Dieser Wunsch ist ihm erfüllt worden. Herr v. Goeben, jetzt General, steht an der Spitze der tapfern west¬ fälischen Brigade, der es vergönnt war, in den ersten Monaten dieses Jahres im Sundewitt bei Rakebüll, an der Büffelkoppel und in andern Gefechten nach langem Frieden fast die ersten Lorbeeren zu pflücken, und hat sich dabei als ebenso energischer als umsichtiger Führer bewährt.. In Alicante war es, wo die Reisenden zuerst spanischen Boden betraten. Ein glücklicher Zufall, d. h. eine Verspätung auf der Douane, fügte es, daß sie auch gleichzeitig ein spanisches Wirthshaus kennen lernten. Bekanntlich haben, seitdem die Eisenbahnen Ströme von Reisenden durch die Welt führen, die Gasthäuser in Europa ihre nationale Eigenthümlichkeit verloren und einen kosmopolitischen, ziemlich'einförmigen Charakter angenommen. Man sann von Glück sagen, wenn man eins findet, das noch die alte Originalität bewahrthat. Ein solcher Zufall begünstigte den Obersten v. Goeben und seine Gefährten. Während sie im Zollhause sich mit den Douaniers auseinanderzusetzen bestrebt waren, war der erste Gasthof von Alicante, das Hotel zum Dampfschiff, ganz im europäischen Stil eingerichtet, von den anderen Reisenden besetzt, und sie mußten sich nach einem anderen Obdache umsehen. Sie fanden dies in der Fonda de la Barcelonesa, dem Gasthof der Barzeloneserin, einem altersgrauen, schiefhängenden Hause, mit einem die ganze Front einnehmenden, den Einsturz drohenden Balkon. Schon der Empfang war tandeseigenthümlich. Anstatt daß auf das übliche Glockenläuten Portier, Hausknecht, Unterkellner, Oberkellner und Wirthin eigener Person an den Wagen gestürzt gekommen wären, erschien hier erst nach mehrfachem Rufen des Kutschers die Wirthin, eine würdige, arte Spanierin in der Thür, schüttelte erst als Antwort auf die Fragen der Quartier Suchenden bedenklich den Kopf und erklärte sich erst nach manchem prüfenden Blick auf das umfängliche Gepäck der Reisenden zu ihrer Aufnahme bereit. Unter ihrer Führung ging es nun zwei wurmstichige Treppen hinan in einen Salon, der mit einem anstoßenden kleinen Zimmer und einem dunklen Cabinet den vier Offizieren zum Quartier dienen sollte. Es waren die besten Zimmer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/104>, abgerufen am 20.10.2024.