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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Das Vertrauen des Soldaten zu'sich selbst beruht vor allen Dingen in
seiner guten Bewaffnung und Ausrüstung. Je mehr Angriffs- und Vertheidigungs¬
fähigkeit seine Waffe hat, je leichter muß sich der Soldat in der Gefahr be¬
wegen. Je mehr seine Ausrüstung seinen Bedürfnissen entspricht, je besser über¬
steht er die Fatiguen u. s. w. In Bezug auf die Waffen ist, wie wir wissen,
in Preußen auf das allerbeste gesorgt; anders steht es hier mit der Ausrüstung.
Am Fuß fehlt dem Soldaten der nothwendige Verschluß und Schutz, der Rock
konnte bequemer sein, der Helm ist eine unnütze Last, das Seitengewehr kann
durch das Bajonnet ersetzt werden, die Patrontaschen sind zu klein und un¬
praktisch angehängt und der Tornister ist schwerer wie nothwendig. -- Die zweck¬
mäßigste und einfachste Bekleidung haben wir bei englischen Volunteers gefunden,
einen naturgraucn, wollenen Rock, wie eine Juppe, gleiche Beinkleider und Mütze;
alles weit und bequem. Nur sei bemerkt, daß wir nicht allen Schmuck ent¬
fernen wollen. Der Soldat muß sich in seiner Uniform putzen können, das
wird seinem Leben gegenüber den zahlreichen Fesseln und Mühen ein kleiner
Reiz und der Soldat muß mit einer gewissen Liebe an seiner Kleidung hängen,
damit er gern für deren Erhaltung sorgt. Die Franzosen haben nicht nur dem
nationalen Zuge nach Aeußerlichen nachgegeben, wenn sie in der Bekleidung
vor allen Dingen der Eitelkeit Rechnung trugen, es hat der Schmuck der Sol¬
daten auch einen ethischen Grund. Auch die Lacedämonier gingen bekränzt in
die Schlacht.

Das Vertrauen zu seinen Führern gewinnt der Soldat, wenn dieselben in
jeder Beziehung über ihm stehen, in der geselligen Stellung, in geistiger Bildung
und in militärischer Leistung; die geehrteste Leistung des Führers ist die Tapfer¬
keit und die Sicherheit der Leitung in der Gefahr. Die genannten Eigen¬
schaften basiren vor allen Dingen auf Bildung und dies ist der Grund, daß
in allen Armeen, selbst in der nordamerikanischen Unionsarmec das Bestreben
besteht, den Offizierstand aus den gebildeten Ständen zu ergänzen. Kaiser
Napoleon zeigt denselben Wunsch sehr klar. In den untern Chargen kann
solcher Bedingung nicht immer Rechnung getragen werden, für die obern Stellen
ist es Grundlage einer gesunden Armeeorganisation und läßt sich realisiren,
wenn man durch ein Altersgcsetz und Förderung von Kenntnissen dem gebildeten
und deshalb früher reifen Theil des Ofsizierstandes vorzüglich die höhere Carriere
eröffnet.

Das Vertrauen in den Feldherrn giebt dem Soldaten die Gewißheit. daß
alle seine Leistungen dem großen Kriegszwcck dienen, daß alle Opfer und alle
Anstrengungen nothwendig sind und zu gutem Ende führen. Das giebt Aus¬
dauer in der Gefahr, Sicherheit in der Handlung und Begeisterung im Tode.
Der Feldherr gewinnt dies Vertrauen durch die Klarheit und Bestimmtheit der
Befehle, durch die Sicherheit des eigenen Auftretens, durch die unnachsichtliche


Das Vertrauen des Soldaten zu'sich selbst beruht vor allen Dingen in
seiner guten Bewaffnung und Ausrüstung. Je mehr Angriffs- und Vertheidigungs¬
fähigkeit seine Waffe hat, je leichter muß sich der Soldat in der Gefahr be¬
wegen. Je mehr seine Ausrüstung seinen Bedürfnissen entspricht, je besser über¬
steht er die Fatiguen u. s. w. In Bezug auf die Waffen ist, wie wir wissen,
in Preußen auf das allerbeste gesorgt; anders steht es hier mit der Ausrüstung.
Am Fuß fehlt dem Soldaten der nothwendige Verschluß und Schutz, der Rock
konnte bequemer sein, der Helm ist eine unnütze Last, das Seitengewehr kann
durch das Bajonnet ersetzt werden, die Patrontaschen sind zu klein und un¬
praktisch angehängt und der Tornister ist schwerer wie nothwendig. — Die zweck¬
mäßigste und einfachste Bekleidung haben wir bei englischen Volunteers gefunden,
einen naturgraucn, wollenen Rock, wie eine Juppe, gleiche Beinkleider und Mütze;
alles weit und bequem. Nur sei bemerkt, daß wir nicht allen Schmuck ent¬
fernen wollen. Der Soldat muß sich in seiner Uniform putzen können, das
wird seinem Leben gegenüber den zahlreichen Fesseln und Mühen ein kleiner
Reiz und der Soldat muß mit einer gewissen Liebe an seiner Kleidung hängen,
damit er gern für deren Erhaltung sorgt. Die Franzosen haben nicht nur dem
nationalen Zuge nach Aeußerlichen nachgegeben, wenn sie in der Bekleidung
vor allen Dingen der Eitelkeit Rechnung trugen, es hat der Schmuck der Sol¬
daten auch einen ethischen Grund. Auch die Lacedämonier gingen bekränzt in
die Schlacht.

Das Vertrauen zu seinen Führern gewinnt der Soldat, wenn dieselben in
jeder Beziehung über ihm stehen, in der geselligen Stellung, in geistiger Bildung
und in militärischer Leistung; die geehrteste Leistung des Führers ist die Tapfer¬
keit und die Sicherheit der Leitung in der Gefahr. Die genannten Eigen¬
schaften basiren vor allen Dingen auf Bildung und dies ist der Grund, daß
in allen Armeen, selbst in der nordamerikanischen Unionsarmec das Bestreben
besteht, den Offizierstand aus den gebildeten Ständen zu ergänzen. Kaiser
Napoleon zeigt denselben Wunsch sehr klar. In den untern Chargen kann
solcher Bedingung nicht immer Rechnung getragen werden, für die obern Stellen
ist es Grundlage einer gesunden Armeeorganisation und läßt sich realisiren,
wenn man durch ein Altersgcsetz und Förderung von Kenntnissen dem gebildeten
und deshalb früher reifen Theil des Ofsizierstandes vorzüglich die höhere Carriere
eröffnet.

Das Vertrauen in den Feldherrn giebt dem Soldaten die Gewißheit. daß
alle seine Leistungen dem großen Kriegszwcck dienen, daß alle Opfer und alle
Anstrengungen nothwendig sind und zu gutem Ende führen. Das giebt Aus¬
dauer in der Gefahr, Sicherheit in der Handlung und Begeisterung im Tode.
Der Feldherr gewinnt dies Vertrauen durch die Klarheit und Bestimmtheit der
Befehle, durch die Sicherheit des eigenen Auftretens, durch die unnachsichtliche


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[0076] Das Vertrauen des Soldaten zu'sich selbst beruht vor allen Dingen in seiner guten Bewaffnung und Ausrüstung. Je mehr Angriffs- und Vertheidigungs¬ fähigkeit seine Waffe hat, je leichter muß sich der Soldat in der Gefahr be¬ wegen. Je mehr seine Ausrüstung seinen Bedürfnissen entspricht, je besser über¬ steht er die Fatiguen u. s. w. In Bezug auf die Waffen ist, wie wir wissen, in Preußen auf das allerbeste gesorgt; anders steht es hier mit der Ausrüstung. Am Fuß fehlt dem Soldaten der nothwendige Verschluß und Schutz, der Rock konnte bequemer sein, der Helm ist eine unnütze Last, das Seitengewehr kann durch das Bajonnet ersetzt werden, die Patrontaschen sind zu klein und un¬ praktisch angehängt und der Tornister ist schwerer wie nothwendig. — Die zweck¬ mäßigste und einfachste Bekleidung haben wir bei englischen Volunteers gefunden, einen naturgraucn, wollenen Rock, wie eine Juppe, gleiche Beinkleider und Mütze; alles weit und bequem. Nur sei bemerkt, daß wir nicht allen Schmuck ent¬ fernen wollen. Der Soldat muß sich in seiner Uniform putzen können, das wird seinem Leben gegenüber den zahlreichen Fesseln und Mühen ein kleiner Reiz und der Soldat muß mit einer gewissen Liebe an seiner Kleidung hängen, damit er gern für deren Erhaltung sorgt. Die Franzosen haben nicht nur dem nationalen Zuge nach Aeußerlichen nachgegeben, wenn sie in der Bekleidung vor allen Dingen der Eitelkeit Rechnung trugen, es hat der Schmuck der Sol¬ daten auch einen ethischen Grund. Auch die Lacedämonier gingen bekränzt in die Schlacht. Das Vertrauen zu seinen Führern gewinnt der Soldat, wenn dieselben in jeder Beziehung über ihm stehen, in der geselligen Stellung, in geistiger Bildung und in militärischer Leistung; die geehrteste Leistung des Führers ist die Tapfer¬ keit und die Sicherheit der Leitung in der Gefahr. Die genannten Eigen¬ schaften basiren vor allen Dingen auf Bildung und dies ist der Grund, daß in allen Armeen, selbst in der nordamerikanischen Unionsarmec das Bestreben besteht, den Offizierstand aus den gebildeten Ständen zu ergänzen. Kaiser Napoleon zeigt denselben Wunsch sehr klar. In den untern Chargen kann solcher Bedingung nicht immer Rechnung getragen werden, für die obern Stellen ist es Grundlage einer gesunden Armeeorganisation und läßt sich realisiren, wenn man durch ein Altersgcsetz und Förderung von Kenntnissen dem gebildeten und deshalb früher reifen Theil des Ofsizierstandes vorzüglich die höhere Carriere eröffnet. Das Vertrauen in den Feldherrn giebt dem Soldaten die Gewißheit. daß alle seine Leistungen dem großen Kriegszwcck dienen, daß alle Opfer und alle Anstrengungen nothwendig sind und zu gutem Ende führen. Das giebt Aus¬ dauer in der Gefahr, Sicherheit in der Handlung und Begeisterung im Tode. Der Feldherr gewinnt dies Vertrauen durch die Klarheit und Bestimmtheit der Befehle, durch die Sicherheit des eigenen Auftretens, durch die unnachsichtliche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/76>, abgerufen am 23.07.2024.