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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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aber mit zierlicher Regelmäßigst beblätterte und verzweigte Algen der süßen
oder schwach salzigen Gewässer - insofern ihre Spermatozoiden genau von
der Form derjenigen der Moose sind: korkzieherähnlich gewunden, und zwer
langen schwingenden Wimpern am dünneren Vorderende. Die Archegomen
sind eiförmige Körper, bestehend ans einer inneren, und einer Anzahl parallel
schraubenlinig gewundener, röhrenförmiger Rindenzellen. die über dem Scheitel
der inneren einen engen Zugang zu dieser offen lassen. Bei allen andern Algen
weichen die Spermatozoiden in Beschaffenheit und Gestalt nicht wesentlich von
den ep- oder birnförmigen, der festen Zellhaut entbehrenden, mittelst schwingender
Wimpern frei im Wasser sich bewegenden Zellen ab. welche bei sehr Vielen dieser
einfach gebauten untergetauchten Gewächse als bewegliche Keime die ungeschlecht¬
liche Fortpflanzung vermitteln, den Schwärmsporen. Gleich diesen, sind die
Spermatozoiden eine Umformung des gesammten. oder eines Theiles des plasti¬
schen Inhalts der Zelle, in welcher sie entstehen. Ebenso die Keimbläschen.
Zu diesen unbeweglichen, membranenlosen Jnhaltsmasscn von Zellen erlangen
die beweglichen Spermatozoiden einen Zugang, entweder. indem die feste Haut,
welche jene umschließt, zu dünnflüssiger Galle zerfließt (so bei einigen der grö¬
ßeren Meeresalgen). oder indem die elastische Membran scharfbegrenzte Löcher
an bestimmten Stellen erhält. In einigen Fällen läßt sich mit voller Bestimmt¬
heit beobachten, daß die ganze Masse des Spermatozoids mit der des Keim¬
bläschens verschmilzt: so namentlich bei den relativ großen Spermatozoiden der
Oedogvnien. gemeiner Fadenalgen des süßen Wassers.

Bei einer umfangreichen Gruppe von Süßwasseralgen, den Conjugatcn,
sind die befruchtenden und die zum Bcfruchtctwerdcn bestimmten Zellen im
Aussehen wenig oder gar nicht verschieden. Die von starrer Zellhaut bekleideten
Zellen zweier verschiedener Individuen, die im Wasser zufällig nahe bei einander
liegen, vereinigen ihre Innenräume zu einem einzigen Hohlraume, indem an
den Berührungsstellen Löcher entstehen, und nun fließt der plastische Inhalt
beider Zellen zu einer einzigen Fortvflanzungszellc zusammen. -- Diejenigen
Pilze dagegen, von denen mit Sicherheit der Vorgang geschlechtlicher Befruchtung
bekannt ist (es sind schmarotzende Pilze, nächste Verwandte desjenigen, welcher
die Ursache der verheerenden Kartoffelkrankheit ist) ähneln im Mechanismus der
Befruchtung den blüthentragenden Pflanzen. In die Zeile hinein, deren plasti¬
scher Inhalt zum Keimbläschen geballt frei im Mittelraume schwebt, wächst die
Wand durchbohrend ein fadenförmiger Ast einer von außen sich anlegenden
andern Zelle. Sobald als die Spitze dieses Astes das Keimbläschen erreicht
hat. umkleidet sich dieses mit einer festen Membran von complicirter Structur;
die Befruchtung ist vollzogen.' Auch nachher noch ist die Spitze jenes Astes
der befruchtenden Zelle ohne jede sichtbare Oeffnung.

Die Deutung der Vorgänge bei der Befruchtung dieser einfachst gebauten


aber mit zierlicher Regelmäßigst beblätterte und verzweigte Algen der süßen
oder schwach salzigen Gewässer - insofern ihre Spermatozoiden genau von
der Form derjenigen der Moose sind: korkzieherähnlich gewunden, und zwer
langen schwingenden Wimpern am dünneren Vorderende. Die Archegomen
sind eiförmige Körper, bestehend ans einer inneren, und einer Anzahl parallel
schraubenlinig gewundener, röhrenförmiger Rindenzellen. die über dem Scheitel
der inneren einen engen Zugang zu dieser offen lassen. Bei allen andern Algen
weichen die Spermatozoiden in Beschaffenheit und Gestalt nicht wesentlich von
den ep- oder birnförmigen, der festen Zellhaut entbehrenden, mittelst schwingender
Wimpern frei im Wasser sich bewegenden Zellen ab. welche bei sehr Vielen dieser
einfach gebauten untergetauchten Gewächse als bewegliche Keime die ungeschlecht¬
liche Fortpflanzung vermitteln, den Schwärmsporen. Gleich diesen, sind die
Spermatozoiden eine Umformung des gesammten. oder eines Theiles des plasti¬
schen Inhalts der Zelle, in welcher sie entstehen. Ebenso die Keimbläschen.
Zu diesen unbeweglichen, membranenlosen Jnhaltsmasscn von Zellen erlangen
die beweglichen Spermatozoiden einen Zugang, entweder. indem die feste Haut,
welche jene umschließt, zu dünnflüssiger Galle zerfließt (so bei einigen der grö¬
ßeren Meeresalgen). oder indem die elastische Membran scharfbegrenzte Löcher
an bestimmten Stellen erhält. In einigen Fällen läßt sich mit voller Bestimmt¬
heit beobachten, daß die ganze Masse des Spermatozoids mit der des Keim¬
bläschens verschmilzt: so namentlich bei den relativ großen Spermatozoiden der
Oedogvnien. gemeiner Fadenalgen des süßen Wassers.

Bei einer umfangreichen Gruppe von Süßwasseralgen, den Conjugatcn,
sind die befruchtenden und die zum Bcfruchtctwerdcn bestimmten Zellen im
Aussehen wenig oder gar nicht verschieden. Die von starrer Zellhaut bekleideten
Zellen zweier verschiedener Individuen, die im Wasser zufällig nahe bei einander
liegen, vereinigen ihre Innenräume zu einem einzigen Hohlraume, indem an
den Berührungsstellen Löcher entstehen, und nun fließt der plastische Inhalt
beider Zellen zu einer einzigen Fortvflanzungszellc zusammen. — Diejenigen
Pilze dagegen, von denen mit Sicherheit der Vorgang geschlechtlicher Befruchtung
bekannt ist (es sind schmarotzende Pilze, nächste Verwandte desjenigen, welcher
die Ursache der verheerenden Kartoffelkrankheit ist) ähneln im Mechanismus der
Befruchtung den blüthentragenden Pflanzen. In die Zeile hinein, deren plasti¬
scher Inhalt zum Keimbläschen geballt frei im Mittelraume schwebt, wächst die
Wand durchbohrend ein fadenförmiger Ast einer von außen sich anlegenden
andern Zelle. Sobald als die Spitze dieses Astes das Keimbläschen erreicht
hat. umkleidet sich dieses mit einer festen Membran von complicirter Structur;
die Befruchtung ist vollzogen.' Auch nachher noch ist die Spitze jenes Astes
der befruchtenden Zelle ohne jede sichtbare Oeffnung.

Die Deutung der Vorgänge bei der Befruchtung dieser einfachst gebauten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/71>, abgerufen am 03.07.2024.