Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Beitreibung der Fundirung erklärt die Regierung sechs Procent des Werthes
alles Grundbesitzes für der Bank verhaftet. Die dänischen Grundeigentümer
klagen darauf, dies nicht tragen zu können, und so werden ihnen 12V2 Mil¬
lionen erlassen, die Herzogthümer dagegen müssen nicht nur den vollen Belauf
der ihnen ursprünglich aufgebürdeten 14 Millionen, sondern auch zur Ersetzung
der den dänischen Nachbarn erlassenen 12V2 Millionen noch weitere S Mil¬
lionen zahlen.

Und nicht genug mit solcher Uebervvrtheilung, auch die Schleswig-holstei-
nische Abtheilung der Bank wurde gegen das Versprechen des Königs und trotz
wiederholter Petitionen aus den Herzogthümern nicht gewährt. Ja noch mehr:
im Jahr 1818 wandelte man jene weit überwiegend durch den deutschen Theil
der Monarchie fundirte gemeinschaftliche Reichsbant in eine dänische Privatbank
um. Die Grundbesitzer, welche zu ihr hatten beisteuern müssen, wurden zu
Actionären erklärt, mit Benutzung obwaltender Irrthümer aber und durch zwei¬
deutige Fassung des betreffenden Gesetzes wußte man es in Kopenhagen zu er¬
möglichen, daß den Grundbesitzern der Herzogthümer mit geringfügigen Aus¬
nahmen ihr Actienrecht abgesprochen wurde. Die Folge war, daß in Schleswig-
Holstein während der Jahre 1813 bis 1818 .Tausende an den Bettelstab geriethen,
und daß über ganze Dorfschaften der Concurs erkannt werden.mußte").

Die Herzogthümer hatten zu der Bank 19, Dänemark, wie wir sahen,
nur 6V2 Millionen beigetragen. Den Raub an der altonacr Bank ungerech¬
net hat also die Benachtheiligung Schleswig-Holsteins bei dieser Aufeinander¬
folge von alles Gerechtigkeitsgefühl versöhnenden Transactionen den Dänen
mindestens 14V2 Millionen eingetragen, und wenn die Schleswig-Holsteiner
diesen Posten jetzt vielleicht nicht mehr einklagen können, so wissen sie mindestens,
daß er ihnen dienen kann, die eine oder die andere Gegenrechnung, welche
dänische Schlauheit und Unverschämtheit ebenfalls aus älterer Zeit gegen
andere Posten hervorzusuchen sich aufgelegt fühlen.mag, mit Erfolg abzuweisen.

Wir kommen zu dem Posten Ur. 2, der aus einer kaum weniger laut
schreienden Ungerechtigkeit der dänischen Regierung beruht, und von dem man
schwerlich wird behaupten wollen, daß er verjährt sei. Bei den Verhandlungen
über die "Pacification" der Herzogthümer nach dem vorigen Kriege erklärten
die Commissäre der deutschen Großmächte der Statthalterschaft: "das Kriegs¬
material (der Schleswig-holsteinischen Armee) verbleibt unter deutschem Schutze
im Besitze des Landes." Diese Zusage aber wurde, wie viele andere, von den
Dänen, als man ihnen die Herzogthümer schließlich übergab, nicht adoptirt und



") Vgl. Samwer und Droysen "Die Herzogthümer Schleswig-Holstein und das König¬
reich Dänemark." 2. Aufl. Hamburg, 1850.

Beitreibung der Fundirung erklärt die Regierung sechs Procent des Werthes
alles Grundbesitzes für der Bank verhaftet. Die dänischen Grundeigentümer
klagen darauf, dies nicht tragen zu können, und so werden ihnen 12V2 Mil¬
lionen erlassen, die Herzogthümer dagegen müssen nicht nur den vollen Belauf
der ihnen ursprünglich aufgebürdeten 14 Millionen, sondern auch zur Ersetzung
der den dänischen Nachbarn erlassenen 12V2 Millionen noch weitere S Mil¬
lionen zahlen.

Und nicht genug mit solcher Uebervvrtheilung, auch die Schleswig-holstei-
nische Abtheilung der Bank wurde gegen das Versprechen des Königs und trotz
wiederholter Petitionen aus den Herzogthümern nicht gewährt. Ja noch mehr:
im Jahr 1818 wandelte man jene weit überwiegend durch den deutschen Theil
der Monarchie fundirte gemeinschaftliche Reichsbant in eine dänische Privatbank
um. Die Grundbesitzer, welche zu ihr hatten beisteuern müssen, wurden zu
Actionären erklärt, mit Benutzung obwaltender Irrthümer aber und durch zwei¬
deutige Fassung des betreffenden Gesetzes wußte man es in Kopenhagen zu er¬
möglichen, daß den Grundbesitzern der Herzogthümer mit geringfügigen Aus¬
nahmen ihr Actienrecht abgesprochen wurde. Die Folge war, daß in Schleswig-
Holstein während der Jahre 1813 bis 1818 .Tausende an den Bettelstab geriethen,
und daß über ganze Dorfschaften der Concurs erkannt werden.mußte").

Die Herzogthümer hatten zu der Bank 19, Dänemark, wie wir sahen,
nur 6V2 Millionen beigetragen. Den Raub an der altonacr Bank ungerech¬
net hat also die Benachtheiligung Schleswig-Holsteins bei dieser Aufeinander¬
folge von alles Gerechtigkeitsgefühl versöhnenden Transactionen den Dänen
mindestens 14V2 Millionen eingetragen, und wenn die Schleswig-Holsteiner
diesen Posten jetzt vielleicht nicht mehr einklagen können, so wissen sie mindestens,
daß er ihnen dienen kann, die eine oder die andere Gegenrechnung, welche
dänische Schlauheit und Unverschämtheit ebenfalls aus älterer Zeit gegen
andere Posten hervorzusuchen sich aufgelegt fühlen.mag, mit Erfolg abzuweisen.

Wir kommen zu dem Posten Ur. 2, der aus einer kaum weniger laut
schreienden Ungerechtigkeit der dänischen Regierung beruht, und von dem man
schwerlich wird behaupten wollen, daß er verjährt sei. Bei den Verhandlungen
über die „Pacification" der Herzogthümer nach dem vorigen Kriege erklärten
die Commissäre der deutschen Großmächte der Statthalterschaft: „das Kriegs¬
material (der Schleswig-holsteinischen Armee) verbleibt unter deutschem Schutze
im Besitze des Landes." Diese Zusage aber wurde, wie viele andere, von den
Dänen, als man ihnen die Herzogthümer schließlich übergab, nicht adoptirt und



") Vgl. Samwer und Droysen „Die Herzogthümer Schleswig-Holstein und das König¬
reich Dänemark." 2. Aufl. Hamburg, 1850.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0372" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188933"/>
          <p xml:id="ID_1252" prev="#ID_1251"> Beitreibung der Fundirung erklärt die Regierung sechs Procent des Werthes<lb/>
alles Grundbesitzes für der Bank verhaftet. Die dänischen Grundeigentümer<lb/>
klagen darauf, dies nicht tragen zu können, und so werden ihnen 12V2 Mil¬<lb/>
lionen erlassen, die Herzogthümer dagegen müssen nicht nur den vollen Belauf<lb/>
der ihnen ursprünglich aufgebürdeten 14 Millionen, sondern auch zur Ersetzung<lb/>
der den dänischen Nachbarn erlassenen 12V2 Millionen noch weitere S Mil¬<lb/>
lionen zahlen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1253"> Und nicht genug mit solcher Uebervvrtheilung, auch die Schleswig-holstei-<lb/>
nische Abtheilung der Bank wurde gegen das Versprechen des Königs und trotz<lb/>
wiederholter Petitionen aus den Herzogthümern nicht gewährt. Ja noch mehr:<lb/>
im Jahr 1818 wandelte man jene weit überwiegend durch den deutschen Theil<lb/>
der Monarchie fundirte gemeinschaftliche Reichsbant in eine dänische Privatbank<lb/>
um. Die Grundbesitzer, welche zu ihr hatten beisteuern müssen, wurden zu<lb/>
Actionären erklärt, mit Benutzung obwaltender Irrthümer aber und durch zwei¬<lb/>
deutige Fassung des betreffenden Gesetzes wußte man es in Kopenhagen zu er¬<lb/>
möglichen, daß den Grundbesitzern der Herzogthümer mit geringfügigen Aus¬<lb/>
nahmen ihr Actienrecht abgesprochen wurde. Die Folge war, daß in Schleswig-<lb/>
Holstein während der Jahre 1813 bis 1818 .Tausende an den Bettelstab geriethen,<lb/>
und daß über ganze Dorfschaften der Concurs erkannt werden.mußte").</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1254"> Die Herzogthümer hatten zu der Bank 19, Dänemark, wie wir sahen,<lb/>
nur 6V2 Millionen beigetragen. Den Raub an der altonacr Bank ungerech¬<lb/>
net hat also die Benachtheiligung Schleswig-Holsteins bei dieser Aufeinander¬<lb/>
folge von alles Gerechtigkeitsgefühl versöhnenden Transactionen den Dänen<lb/>
mindestens 14V2 Millionen eingetragen, und wenn die Schleswig-Holsteiner<lb/>
diesen Posten jetzt vielleicht nicht mehr einklagen können, so wissen sie mindestens,<lb/>
daß er ihnen dienen kann, die eine oder die andere Gegenrechnung, welche<lb/>
dänische Schlauheit und Unverschämtheit ebenfalls aus älterer Zeit gegen<lb/>
andere Posten hervorzusuchen sich aufgelegt fühlen.mag, mit Erfolg abzuweisen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1255" next="#ID_1256"> Wir kommen zu dem Posten Ur. 2, der aus einer kaum weniger laut<lb/>
schreienden Ungerechtigkeit der dänischen Regierung beruht, und von dem man<lb/>
schwerlich wird behaupten wollen, daß er verjährt sei. Bei den Verhandlungen<lb/>
über die &#x201E;Pacification" der Herzogthümer nach dem vorigen Kriege erklärten<lb/>
die Commissäre der deutschen Großmächte der Statthalterschaft: &#x201E;das Kriegs¬<lb/>
material (der Schleswig-holsteinischen Armee) verbleibt unter deutschem Schutze<lb/>
im Besitze des Landes." Diese Zusage aber wurde, wie viele andere, von den<lb/>
Dänen, als man ihnen die Herzogthümer schließlich übergab, nicht adoptirt und</p><lb/>
          <note xml:id="FID_36" place="foot"> ") Vgl. Samwer und Droysen &#x201E;Die Herzogthümer Schleswig-Holstein und das König¬<lb/>
reich Dänemark."  2. Aufl. Hamburg, 1850.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0372] Beitreibung der Fundirung erklärt die Regierung sechs Procent des Werthes alles Grundbesitzes für der Bank verhaftet. Die dänischen Grundeigentümer klagen darauf, dies nicht tragen zu können, und so werden ihnen 12V2 Mil¬ lionen erlassen, die Herzogthümer dagegen müssen nicht nur den vollen Belauf der ihnen ursprünglich aufgebürdeten 14 Millionen, sondern auch zur Ersetzung der den dänischen Nachbarn erlassenen 12V2 Millionen noch weitere S Mil¬ lionen zahlen. Und nicht genug mit solcher Uebervvrtheilung, auch die Schleswig-holstei- nische Abtheilung der Bank wurde gegen das Versprechen des Königs und trotz wiederholter Petitionen aus den Herzogthümern nicht gewährt. Ja noch mehr: im Jahr 1818 wandelte man jene weit überwiegend durch den deutschen Theil der Monarchie fundirte gemeinschaftliche Reichsbant in eine dänische Privatbank um. Die Grundbesitzer, welche zu ihr hatten beisteuern müssen, wurden zu Actionären erklärt, mit Benutzung obwaltender Irrthümer aber und durch zwei¬ deutige Fassung des betreffenden Gesetzes wußte man es in Kopenhagen zu er¬ möglichen, daß den Grundbesitzern der Herzogthümer mit geringfügigen Aus¬ nahmen ihr Actienrecht abgesprochen wurde. Die Folge war, daß in Schleswig- Holstein während der Jahre 1813 bis 1818 .Tausende an den Bettelstab geriethen, und daß über ganze Dorfschaften der Concurs erkannt werden.mußte"). Die Herzogthümer hatten zu der Bank 19, Dänemark, wie wir sahen, nur 6V2 Millionen beigetragen. Den Raub an der altonacr Bank ungerech¬ net hat also die Benachtheiligung Schleswig-Holsteins bei dieser Aufeinander¬ folge von alles Gerechtigkeitsgefühl versöhnenden Transactionen den Dänen mindestens 14V2 Millionen eingetragen, und wenn die Schleswig-Holsteiner diesen Posten jetzt vielleicht nicht mehr einklagen können, so wissen sie mindestens, daß er ihnen dienen kann, die eine oder die andere Gegenrechnung, welche dänische Schlauheit und Unverschämtheit ebenfalls aus älterer Zeit gegen andere Posten hervorzusuchen sich aufgelegt fühlen.mag, mit Erfolg abzuweisen. Wir kommen zu dem Posten Ur. 2, der aus einer kaum weniger laut schreienden Ungerechtigkeit der dänischen Regierung beruht, und von dem man schwerlich wird behaupten wollen, daß er verjährt sei. Bei den Verhandlungen über die „Pacification" der Herzogthümer nach dem vorigen Kriege erklärten die Commissäre der deutschen Großmächte der Statthalterschaft: „das Kriegs¬ material (der Schleswig-holsteinischen Armee) verbleibt unter deutschem Schutze im Besitze des Landes." Diese Zusage aber wurde, wie viele andere, von den Dänen, als man ihnen die Herzogthümer schließlich übergab, nicht adoptirt und ") Vgl. Samwer und Droysen „Die Herzogthümer Schleswig-Holstein und das König¬ reich Dänemark." 2. Aufl. Hamburg, 1850.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/372
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/372>, abgerufen am 23.07.2024.