Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.geschwornen Pflicht gegen Kaiser und Reich handle; daß sie aufhöre, an Kaiser Frisch von der grundlegenden Arbeit im eigenen Hause hinweg wurde der 3*
geschwornen Pflicht gegen Kaiser und Reich handle; daß sie aufhöre, an Kaiser Frisch von der grundlegenden Arbeit im eigenen Hause hinweg wurde der 3*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0027" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188588"/> <p xml:id="ID_53" prev="#ID_52"> geschwornen Pflicht gegen Kaiser und Reich handle; daß sie aufhöre, an Kaiser<lb/> und Reich Wucher zu treiben."</p><lb/> <p xml:id="ID_54" next="#ID_55"> Frisch von der grundlegenden Arbeit im eigenen Hause hinweg wurde der<lb/> Burggraf wieder an des Königs Seite berufen, um die Besserung des Reiches<lb/> fördern zu helfen. Es geschah unter glücklichen Vorbedeutungen: 1417 am<lb/> 18. April erfolgte in Konstanz seine Belehrung als Markgraf und Kurfürst.<lb/> Näher noch als die neue Würde verband ihn, wie wir sahen, seine Gesin¬<lb/> nung und seine Politik mit dem Könige. Er wurde bald dessen vornehmster<lb/> Berather in Reichsgeschästen. So schwunghaft und freudig wie alle Probleme,<lb/> deren Lösung er auf sich genommen hatte, griff Sigismund auch diese schwer be¬<lb/> schädigte Hinterlassenschaft seines Vaters, die Reichsreform, an. Und keineswegs<lb/> mit unbedachter Hand. Auch an Energie hatte es seinem ersten Auftreten in dieser<lb/> Richtung nicht gefehlt. Die Bestrafung Leopolds von Habsburg, der seiner<lb/> Autorität gröblich gespottet hatte, war allenthalben von größter Wirkung ge¬<lb/> wesen. Allein Sigismund. ein unvorsichtiger Strateg, hatte in sanguinischen<lb/> Vertrauen seinen Sieg nicht gleich verfolgt. Die erschreckten Fürsten bekamen<lb/> Zeit, sich zu sammeln und Als er seine politischen Pläne nach zwei Jahren<lb/> unverantwortlicher Zögerung von neuem aufnahm, war er es allein, welcher<lb/> wähnte, daß er da wieder anfangen könne, wo er aufgehört hatte. Immerhin<lb/> machten die Entwürfe, mit denen er hervortrat, wenn sie auch nicht durchaus<lb/> sein geistiges Eigenthum waren, seinem staatsmännischen Talent alle Ehre.<lb/> Nur sollte er alsbald darüber aufgeklärt werden, daß aus den Klagen über die<lb/> Unerträglichst der öffentlichen Zustände, wie sie von allen Seiten erhoben<lb/> wurden, auf nichts weniger als auf Bereitwilligkeit zum Zweck der Abstellung<lb/> des Unwesens geschlossen werden dürfe. Der Cardinalpuntt war der Land¬<lb/> frieden. Alle Vorschläge und Versuche ihn durchzuführen scheiterten. Die Fürsten<lb/> hatten ihren Nutzen von den Fehden auf eigne Hand und die Städte, denen<lb/> der König ein Sondcrbündniß unter seiner eignen Hauptmannschaft antrug,<lb/> schoben die Sache, die ihnen „nicht gelegen, nützlich noch kommlich" sei, mit<lb/> ihrem altherkömmlichen Mißtrauen von der Hand. Alles was auf mehr als<lb/> vereinzelte locale Anordnungen hinauslief, siel zu Boden, nicht immer ohne<lb/> Verschuldung Sigisnrunds, der die erste staatsmännische Tugend, die Geduld<lb/> nicht kannte. Die Neichsgetreuen mußten es daher für eine höchst glückliche<lb/> Wendung halten, daß er bei seinem bevorstehenden Weggange rü seine Erd¬<lb/> taube den Markgrafen zum Reichsverweser bestellte. Er hatte bewiesen, wie<lb/> Viel mit starkem , beharrlichem Willen durchzusetzen war. Anfänglich gelang es<lb/> ihm auch vermittelst der Fürstcntage. die er berief, mancher drohenden Gefahr<lb/> vorzubeugen, den Ausbruch der Gewaltthaten wenigstens hinzuhalten, welche<lb/> durch die neuen Fürstenbündnisse vorbereitet wurden. Aber der Umstand, daß<lb/> ihm, dem Emporkömmling unter den hohen Häuptern, wider Gewohnheit die</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 3*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
geschwornen Pflicht gegen Kaiser und Reich handle; daß sie aufhöre, an Kaiser
und Reich Wucher zu treiben."
Frisch von der grundlegenden Arbeit im eigenen Hause hinweg wurde der
Burggraf wieder an des Königs Seite berufen, um die Besserung des Reiches
fördern zu helfen. Es geschah unter glücklichen Vorbedeutungen: 1417 am
18. April erfolgte in Konstanz seine Belehrung als Markgraf und Kurfürst.
Näher noch als die neue Würde verband ihn, wie wir sahen, seine Gesin¬
nung und seine Politik mit dem Könige. Er wurde bald dessen vornehmster
Berather in Reichsgeschästen. So schwunghaft und freudig wie alle Probleme,
deren Lösung er auf sich genommen hatte, griff Sigismund auch diese schwer be¬
schädigte Hinterlassenschaft seines Vaters, die Reichsreform, an. Und keineswegs
mit unbedachter Hand. Auch an Energie hatte es seinem ersten Auftreten in dieser
Richtung nicht gefehlt. Die Bestrafung Leopolds von Habsburg, der seiner
Autorität gröblich gespottet hatte, war allenthalben von größter Wirkung ge¬
wesen. Allein Sigismund. ein unvorsichtiger Strateg, hatte in sanguinischen
Vertrauen seinen Sieg nicht gleich verfolgt. Die erschreckten Fürsten bekamen
Zeit, sich zu sammeln und Als er seine politischen Pläne nach zwei Jahren
unverantwortlicher Zögerung von neuem aufnahm, war er es allein, welcher
wähnte, daß er da wieder anfangen könne, wo er aufgehört hatte. Immerhin
machten die Entwürfe, mit denen er hervortrat, wenn sie auch nicht durchaus
sein geistiges Eigenthum waren, seinem staatsmännischen Talent alle Ehre.
Nur sollte er alsbald darüber aufgeklärt werden, daß aus den Klagen über die
Unerträglichst der öffentlichen Zustände, wie sie von allen Seiten erhoben
wurden, auf nichts weniger als auf Bereitwilligkeit zum Zweck der Abstellung
des Unwesens geschlossen werden dürfe. Der Cardinalpuntt war der Land¬
frieden. Alle Vorschläge und Versuche ihn durchzuführen scheiterten. Die Fürsten
hatten ihren Nutzen von den Fehden auf eigne Hand und die Städte, denen
der König ein Sondcrbündniß unter seiner eignen Hauptmannschaft antrug,
schoben die Sache, die ihnen „nicht gelegen, nützlich noch kommlich" sei, mit
ihrem altherkömmlichen Mißtrauen von der Hand. Alles was auf mehr als
vereinzelte locale Anordnungen hinauslief, siel zu Boden, nicht immer ohne
Verschuldung Sigisnrunds, der die erste staatsmännische Tugend, die Geduld
nicht kannte. Die Neichsgetreuen mußten es daher für eine höchst glückliche
Wendung halten, daß er bei seinem bevorstehenden Weggange rü seine Erd¬
taube den Markgrafen zum Reichsverweser bestellte. Er hatte bewiesen, wie
Viel mit starkem , beharrlichem Willen durchzusetzen war. Anfänglich gelang es
ihm auch vermittelst der Fürstcntage. die er berief, mancher drohenden Gefahr
vorzubeugen, den Ausbruch der Gewaltthaten wenigstens hinzuhalten, welche
durch die neuen Fürstenbündnisse vorbereitet wurden. Aber der Umstand, daß
ihm, dem Emporkömmling unter den hohen Häuptern, wider Gewohnheit die
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