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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Der hannöversche Antrag verlangte, der Bund solle' erklären:

1) Die Proclamation der dänischen Ztegierung vom 30. März (Incorporation
Schleswigs) sei gesetzlich nichtig.

2) Die dänische Negierung sei aufzufordern, diese Proclamation zurück¬
zunehmen, und innerhalb sechs Monaten die Anzeige über eine endgiltige
Ordnung der Angelegenheit nach Maßgabe der Bundesbcschlüsse vom 11. Febr.
und 12. Aug. 1858 zu erstatten.

3) Daß die Gesetze und Verordnungen, welche von Seiten der dänischen
Negierung in Betreff Holsteins und Lauenburgs ergangen seien und in Wider¬
spruch stünden mit dem Bundcsbeschlusse vom 8. März 1860, gesetzlich null
und mehlig seien, und von der dänischen Regierung verlangt werde, daß sie bei
den Erwägungen einer endgiltigen Ordnung der Verfassung der Herzogthümer
die Nundesbeschlüsse vom 8- März 1860 und 7. Febr. 1861 innehatte. --

4) Hinsichtlich Schleswigs solle er feierlich gegen jeden Versuch protestiren,
dieses Herzogthum in Verfassung und Verwaltung der gemeinschaftlichen An¬
gelegenheiten von Holstein noch mehr zu trennen als durch die Arrangements
von 1851 und 1852 geschehen sei.

5) Er solle die vereinigten Ausschüsse für Holstein und den für die Exe-
cution auffordern, die Mittel in Erwägung zu ziehn und dann in Vorschlag
zu bringen, welche im Falle der Weigerung der dänischen Negierung anzuwenden
sein würden.

Graf Platen spricht bei Gelegenheit der Mittheilung dieses Actenstückes
dem englischen Gesandten Sir Henry Howard die Erwartung aus, er werde
den Geist der Mäßigung anerkennen, den sein Antrag athme, da die Erwähnung
der Bundesexccution vermieden sei. Andere deutsche Regierungen wären ge¬
neigt viel weiter zu gehen und die Wiederherstellung des Le-roh quo imo zu
verlangen, welcher die Union von Schleswig und Holstein einbcgreisen und die
durch den londoner Tractat herbeigeführte Ordnung der Succession in Frage
stellen würde. Er sei aber einem solchen Vernehmen in Rücksicht auf die zu
befürchtende Verwicklung durchaus entgegen. Sein Motiv bei dem Antrage sei,
die ^zecution so lange wie möglich hinzuhalten, damit Zeit gewonnen würde,
die Angelegenheit friedlich beizulegen. Es sollte damit also notorisch ein Ventil
auf dem kochenden Kessel der Bundestagsleidcnschaft angebracht werden.

Howard, der mit dieser Erklärung sehr zufrieden sein konnte, berichtet
indeß an seine Regierung, er habe dem Grafen Platen Mittheilung darüber
gemacht, mit welchem Ernste Lord Russell durch seinen Geschäftsträger in Frank¬
furt in die beiden deutschen Großmächte gedrungen sei, den Bund Von einem
Vorgange in der holsteinischen Execution abzuhalten, mit Rücksicht auf die
Gefahren, in welche der allgemeine europäische Frieden dadurch gebracht werden
Würde. Ebenso habe er ihm Lord Nussells Meinung noch direct ausgesprochen


Der hannöversche Antrag verlangte, der Bund solle' erklären:

1) Die Proclamation der dänischen Ztegierung vom 30. März (Incorporation
Schleswigs) sei gesetzlich nichtig.

2) Die dänische Negierung sei aufzufordern, diese Proclamation zurück¬
zunehmen, und innerhalb sechs Monaten die Anzeige über eine endgiltige
Ordnung der Angelegenheit nach Maßgabe der Bundesbcschlüsse vom 11. Febr.
und 12. Aug. 1858 zu erstatten.

3) Daß die Gesetze und Verordnungen, welche von Seiten der dänischen
Negierung in Betreff Holsteins und Lauenburgs ergangen seien und in Wider¬
spruch stünden mit dem Bundcsbeschlusse vom 8. März 1860, gesetzlich null
und mehlig seien, und von der dänischen Regierung verlangt werde, daß sie bei
den Erwägungen einer endgiltigen Ordnung der Verfassung der Herzogthümer
die Nundesbeschlüsse vom 8- März 1860 und 7. Febr. 1861 innehatte. —

4) Hinsichtlich Schleswigs solle er feierlich gegen jeden Versuch protestiren,
dieses Herzogthum in Verfassung und Verwaltung der gemeinschaftlichen An¬
gelegenheiten von Holstein noch mehr zu trennen als durch die Arrangements
von 1851 und 1852 geschehen sei.

5) Er solle die vereinigten Ausschüsse für Holstein und den für die Exe-
cution auffordern, die Mittel in Erwägung zu ziehn und dann in Vorschlag
zu bringen, welche im Falle der Weigerung der dänischen Negierung anzuwenden
sein würden.

Graf Platen spricht bei Gelegenheit der Mittheilung dieses Actenstückes
dem englischen Gesandten Sir Henry Howard die Erwartung aus, er werde
den Geist der Mäßigung anerkennen, den sein Antrag athme, da die Erwähnung
der Bundesexccution vermieden sei. Andere deutsche Regierungen wären ge¬
neigt viel weiter zu gehen und die Wiederherstellung des Le-roh quo imo zu
verlangen, welcher die Union von Schleswig und Holstein einbcgreisen und die
durch den londoner Tractat herbeigeführte Ordnung der Succession in Frage
stellen würde. Er sei aber einem solchen Vernehmen in Rücksicht auf die zu
befürchtende Verwicklung durchaus entgegen. Sein Motiv bei dem Antrage sei,
die ^zecution so lange wie möglich hinzuhalten, damit Zeit gewonnen würde,
die Angelegenheit friedlich beizulegen. Es sollte damit also notorisch ein Ventil
auf dem kochenden Kessel der Bundestagsleidcnschaft angebracht werden.

Howard, der mit dieser Erklärung sehr zufrieden sein konnte, berichtet
indeß an seine Regierung, er habe dem Grafen Platen Mittheilung darüber
gemacht, mit welchem Ernste Lord Russell durch seinen Geschäftsträger in Frank¬
furt in die beiden deutschen Großmächte gedrungen sei, den Bund Von einem
Vorgange in der holsteinischen Execution abzuhalten, mit Rücksicht auf die
Gefahren, in welche der allgemeine europäische Frieden dadurch gebracht werden
Würde. Ebenso habe er ihm Lord Nussells Meinung noch direct ausgesprochen


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[0130] Der hannöversche Antrag verlangte, der Bund solle' erklären: 1) Die Proclamation der dänischen Ztegierung vom 30. März (Incorporation Schleswigs) sei gesetzlich nichtig. 2) Die dänische Negierung sei aufzufordern, diese Proclamation zurück¬ zunehmen, und innerhalb sechs Monaten die Anzeige über eine endgiltige Ordnung der Angelegenheit nach Maßgabe der Bundesbcschlüsse vom 11. Febr. und 12. Aug. 1858 zu erstatten. 3) Daß die Gesetze und Verordnungen, welche von Seiten der dänischen Negierung in Betreff Holsteins und Lauenburgs ergangen seien und in Wider¬ spruch stünden mit dem Bundcsbeschlusse vom 8. März 1860, gesetzlich null und mehlig seien, und von der dänischen Regierung verlangt werde, daß sie bei den Erwägungen einer endgiltigen Ordnung der Verfassung der Herzogthümer die Nundesbeschlüsse vom 8- März 1860 und 7. Febr. 1861 innehatte. — 4) Hinsichtlich Schleswigs solle er feierlich gegen jeden Versuch protestiren, dieses Herzogthum in Verfassung und Verwaltung der gemeinschaftlichen An¬ gelegenheiten von Holstein noch mehr zu trennen als durch die Arrangements von 1851 und 1852 geschehen sei. 5) Er solle die vereinigten Ausschüsse für Holstein und den für die Exe- cution auffordern, die Mittel in Erwägung zu ziehn und dann in Vorschlag zu bringen, welche im Falle der Weigerung der dänischen Negierung anzuwenden sein würden. Graf Platen spricht bei Gelegenheit der Mittheilung dieses Actenstückes dem englischen Gesandten Sir Henry Howard die Erwartung aus, er werde den Geist der Mäßigung anerkennen, den sein Antrag athme, da die Erwähnung der Bundesexccution vermieden sei. Andere deutsche Regierungen wären ge¬ neigt viel weiter zu gehen und die Wiederherstellung des Le-roh quo imo zu verlangen, welcher die Union von Schleswig und Holstein einbcgreisen und die durch den londoner Tractat herbeigeführte Ordnung der Succession in Frage stellen würde. Er sei aber einem solchen Vernehmen in Rücksicht auf die zu befürchtende Verwicklung durchaus entgegen. Sein Motiv bei dem Antrage sei, die ^zecution so lange wie möglich hinzuhalten, damit Zeit gewonnen würde, die Angelegenheit friedlich beizulegen. Es sollte damit also notorisch ein Ventil auf dem kochenden Kessel der Bundestagsleidcnschaft angebracht werden. Howard, der mit dieser Erklärung sehr zufrieden sein konnte, berichtet indeß an seine Regierung, er habe dem Grafen Platen Mittheilung darüber gemacht, mit welchem Ernste Lord Russell durch seinen Geschäftsträger in Frank¬ furt in die beiden deutschen Großmächte gedrungen sei, den Bund Von einem Vorgange in der holsteinischen Execution abzuhalten, mit Rücksicht auf die Gefahren, in welche der allgemeine europäische Frieden dadurch gebracht werden Würde. Ebenso habe er ihm Lord Nussells Meinung noch direct ausgesprochen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/130>, abgerufen am 23.07.2024.