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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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nere zu machen, worauf dann die letzte richtig wieder auf einen Westphä-
^kluger traf.

Als Gentilhommc des Reichserztruchsessc" hatte ich dem Krönungszug selbst
mit beizuwohnen, und konnte also diese alttestamentliche Iudenpracht gemächlichst in
der Nähe schauen. Der Kaiserornat sah aus, als wär er auf dem Trödelmarkt
zusammengekauft, die kaiserliche Krone aber, als hätte sie der allerungesehickteste
Kupferschmied zusammengeschmiedet, und mit Kieselstein und Glasscherben besetzt,
aus dem angeblichen Schwert Karls des Großen war ein Löwe mit dem böhmischen
Wappen. Die herabwürdigenden Ceremonien, nach welchen der Kaiser alle Augen¬
blicke vom Stuhl herab und hinaus, hinauf und herab sich ankleiden und auskleiden,
einschmieren und wieder abwischen lassen, sich vor den Bischofsmützen mit Händen
und Füßen ausgestreckt auf die Erde werfen und liegen bleiben mußte, waren
in der Hauptsache ganz dieselben, womit der gemeinste Mönch in jedem Bettcl-
klostcr eingekleidet wird. Am posstrlichstcn war es, als eine Bischofsmütze im
lieblichsten Nasentvne und lateinisch zur Orgel hinauf intonirte, ob sie da oben
nun wirklich den LererÜLLimum vominum, volmnum I^oxvläuin wollten in
i'tZMw Luna irabvre, worauf der bejahende Chorregent gewaltig mit dem
Kopfe schüttelte, seinen Fid'elbogen greulich auf und niederschwentte, die Chor-
jungfern und Singknaben aber im höchsten Discant herunterriefen-, nett! trat!
lig,t,! So wie also von Seiten dieser kleinen Herrschaft nichts mehr entgegen¬
zustehen schien, gings nun mit der Krone eilends auf das kaiserliche Haupt,
vom Empor aber mit Heerpauken und Trompeten donnernd herab: Haderipump,
Haderipump! Pump! Pump! Es hätte wenig gefehlt, so wäre mir ohne zu
wissen wie, die erste kaiserliche Gnade widerfahren. Um Alles noch gemach"
lrcher mit anzuschauen, stieg ich auf etlichen Latten auf einen Platz in der
Kirche, der bei weitem minder stark besetzt und gedrängt war, bis ich dann end¬
lich von einem Bekannten, der mir seine Glückwünsche bringen wollte, erfuhr,
daß dieses die Andre für diejenigen sei, welche der Kaiser zu Rittern
schlagen wollte; ich machte mich also mit einem Sprung über diese bevorgestandene
Ritterschaft wieder hinweg. Nachdem nun dem Kaiser ans einem kahlen Throne,
der aussah wie eine ,Henncnsteige, von den Bischöfen die Glückwünsche
und Huldigungen unter allen möglichen Arten von Knie- und Buckelbeugungcn
abgestattet und >durch die bis unter seine- Nase geschwungenen Rauchfässer
em Wolkenhimmel um ihn her gebildet war, wurden die Kandidaten zum
Ritterschlag und unter diesen zuerst und namentlich ein im theatralischen
Costüm schon bereitstellender Dalberg aufgerufen, welches wohl daher kommen
wäg, daß das alte adelige Geschlecht der Kämmerer von Worms, welches den
Namen der im Jahre t.31ö schon ausgestorbenen echten Daiberge angenommen,
als solche Kämmerer zugleich die ersten Ministerialen des alten Kaisersitzes z"
Worms gewesen. Von der Kirche aus nahm der Kaiser mit seinem abgeschab-


nere zu machen, worauf dann die letzte richtig wieder auf einen Westphä-
^kluger traf.

Als Gentilhommc des Reichserztruchsessc» hatte ich dem Krönungszug selbst
mit beizuwohnen, und konnte also diese alttestamentliche Iudenpracht gemächlichst in
der Nähe schauen. Der Kaiserornat sah aus, als wär er auf dem Trödelmarkt
zusammengekauft, die kaiserliche Krone aber, als hätte sie der allerungesehickteste
Kupferschmied zusammengeschmiedet, und mit Kieselstein und Glasscherben besetzt,
aus dem angeblichen Schwert Karls des Großen war ein Löwe mit dem böhmischen
Wappen. Die herabwürdigenden Ceremonien, nach welchen der Kaiser alle Augen¬
blicke vom Stuhl herab und hinaus, hinauf und herab sich ankleiden und auskleiden,
einschmieren und wieder abwischen lassen, sich vor den Bischofsmützen mit Händen
und Füßen ausgestreckt auf die Erde werfen und liegen bleiben mußte, waren
in der Hauptsache ganz dieselben, womit der gemeinste Mönch in jedem Bettcl-
klostcr eingekleidet wird. Am posstrlichstcn war es, als eine Bischofsmütze im
lieblichsten Nasentvne und lateinisch zur Orgel hinauf intonirte, ob sie da oben
nun wirklich den LererÜLLimum vominum, volmnum I^oxvläuin wollten in
i'tZMw Luna irabvre, worauf der bejahende Chorregent gewaltig mit dem
Kopfe schüttelte, seinen Fid'elbogen greulich auf und niederschwentte, die Chor-
jungfern und Singknaben aber im höchsten Discant herunterriefen-, nett! trat!
lig,t,! So wie also von Seiten dieser kleinen Herrschaft nichts mehr entgegen¬
zustehen schien, gings nun mit der Krone eilends auf das kaiserliche Haupt,
vom Empor aber mit Heerpauken und Trompeten donnernd herab: Haderipump,
Haderipump! Pump! Pump! Es hätte wenig gefehlt, so wäre mir ohne zu
wissen wie, die erste kaiserliche Gnade widerfahren. Um Alles noch gemach"
lrcher mit anzuschauen, stieg ich auf etlichen Latten auf einen Platz in der
Kirche, der bei weitem minder stark besetzt und gedrängt war, bis ich dann end¬
lich von einem Bekannten, der mir seine Glückwünsche bringen wollte, erfuhr,
daß dieses die Andre für diejenigen sei, welche der Kaiser zu Rittern
schlagen wollte; ich machte mich also mit einem Sprung über diese bevorgestandene
Ritterschaft wieder hinweg. Nachdem nun dem Kaiser ans einem kahlen Throne,
der aussah wie eine ,Henncnsteige, von den Bischöfen die Glückwünsche
und Huldigungen unter allen möglichen Arten von Knie- und Buckelbeugungcn
abgestattet und >durch die bis unter seine- Nase geschwungenen Rauchfässer
em Wolkenhimmel um ihn her gebildet war, wurden die Kandidaten zum
Ritterschlag und unter diesen zuerst und namentlich ein im theatralischen
Costüm schon bereitstellender Dalberg aufgerufen, welches wohl daher kommen
wäg, daß das alte adelige Geschlecht der Kämmerer von Worms, welches den
Namen der im Jahre t.31ö schon ausgestorbenen echten Daiberge angenommen,
als solche Kämmerer zugleich die ersten Ministerialen des alten Kaisersitzes z»
Worms gewesen. Von der Kirche aus nahm der Kaiser mit seinem abgeschab-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/42>, abgerufen am 24.07.2024.