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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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bereit, alles an alles zu sehen. Wir sehnen den Augenblick herbei, wo wir
unter Ew. Hoheit Führung mit eigner Kraft unser Land gegen die Dänen zu
vertheidigen haben. Wir bauen auf unser gutes Recht und aus den Beistand
des Höchsten, wir leben der festen Zuversicht: Es muß doch gelingen! Jene
oder nie! Frei von Dänemark, das ist die Losung."

Der Herzog erwiderte darauf in längerer Rede, in welcher er zunächst seine
Freude aussprach, die Vertretung der Bevölkerung Schleswigs so zahlreich vor
sich zu sehen, und dann den Gefühlen des Dankes Worte lieh, daß das Herzog-
thum frei geworden von der Fremdherrschaft, worauf er ungefähr folgender¬
maßen fortfuhr:

"Die Leiden, welche Schleswig während der letzten vierzehn Jahre erduldet
hat , habe ich zwar nicht mit Ihnen tragen können; aber in der Ferne habe ich
sie im tiefsten Herzen mir empfunden. Wie schwer diese Leiden auch waren/
Eine gute Folge haben sie gehabt: die Welt hat die wahre Meinung Schles¬
wigs kenne" gelernt. Man weiß, daß die Schleswiger unterdrückt und ihrer
Sprache und Sitte beraubt werden sollten und daß sie mit Standhaftigkeit,
Muth und Gotrvertrauen dagegen gekämpft haben. Sie werden auch künftig,
was uns auch bevorstehen mag, fest ausharren und die Hoffnung nicht aufgeben.
Denn auf unserer Seite steht göttliches und menschliches Recht und der ein-
müthige Wille des Volks.

Vor vierhundert Jahren hofften unsere Väter, daß es möglich sein werde,
Garantien zu finden, welche eine Verbindung mit Dänemark unter demselben
Fürsten erträglich machen. Die Geschichte hat gelehrt, daß diese Hoffnung eine
trügerische war. Wir wollen den Irrthum unserer Väter nicht wiederholen,
wollen unseren Kindern die schmerzlichen Ersahrungen ersparen, durch welche wir
belehrt sind, daß jede Form der Verbindung mit Dänemark für unser
Land ein Unglück ist. An dieser Ueberzeugung habe ich von Jugend auf
festgehalten und deshalb werde ich niemals von meinem Rechte zurückweichen.
Ich weiß, daß mein Recht zugleich meine Pflicht ist; denn es ist das Einzige
Mittel zur Befreiung des Vaterlandes und zur Erhaltung seiner Freiheit. Als
ein von Gott mir anvertrautes Pfand werde ich es unverbrüchlich festhalten.
Und die jüngste Vergangenheit uns gelehrt, daß das Recht auch eine Macht ist.
Noch vor wenigen Monaten konnte Dänemark den schwersten Schlag wagen,
den es je versucht hat, gegen das Herzogthum Schleswig zu führen. Und heute
schon sind fast aus ganz Schleswig die Dänen Vertrieben. Ein fürstliches Recht
konnte nicht mehr zum Vorwand der Unterdrückung dienen, sondern dieses Recht
steht jetzt Dänemark entgegen."

Der hohe Redner sprach dann in Worten warmer Anerkennung von den
Thaten und Opfern der braven Truppen, durch welche Schleswig befreit worden.

"Noch aber sind wir nicht ans Ziel gelangt." so schloß der Herzog seine


Grenzboten I. 1864. , 61

bereit, alles an alles zu sehen. Wir sehnen den Augenblick herbei, wo wir
unter Ew. Hoheit Führung mit eigner Kraft unser Land gegen die Dänen zu
vertheidigen haben. Wir bauen auf unser gutes Recht und aus den Beistand
des Höchsten, wir leben der festen Zuversicht: Es muß doch gelingen! Jene
oder nie! Frei von Dänemark, das ist die Losung."

Der Herzog erwiderte darauf in längerer Rede, in welcher er zunächst seine
Freude aussprach, die Vertretung der Bevölkerung Schleswigs so zahlreich vor
sich zu sehen, und dann den Gefühlen des Dankes Worte lieh, daß das Herzog-
thum frei geworden von der Fremdherrschaft, worauf er ungefähr folgender¬
maßen fortfuhr:

„Die Leiden, welche Schleswig während der letzten vierzehn Jahre erduldet
hat , habe ich zwar nicht mit Ihnen tragen können; aber in der Ferne habe ich
sie im tiefsten Herzen mir empfunden. Wie schwer diese Leiden auch waren/
Eine gute Folge haben sie gehabt: die Welt hat die wahre Meinung Schles¬
wigs kenne» gelernt. Man weiß, daß die Schleswiger unterdrückt und ihrer
Sprache und Sitte beraubt werden sollten und daß sie mit Standhaftigkeit,
Muth und Gotrvertrauen dagegen gekämpft haben. Sie werden auch künftig,
was uns auch bevorstehen mag, fest ausharren und die Hoffnung nicht aufgeben.
Denn auf unserer Seite steht göttliches und menschliches Recht und der ein-
müthige Wille des Volks.

Vor vierhundert Jahren hofften unsere Väter, daß es möglich sein werde,
Garantien zu finden, welche eine Verbindung mit Dänemark unter demselben
Fürsten erträglich machen. Die Geschichte hat gelehrt, daß diese Hoffnung eine
trügerische war. Wir wollen den Irrthum unserer Väter nicht wiederholen,
wollen unseren Kindern die schmerzlichen Ersahrungen ersparen, durch welche wir
belehrt sind, daß jede Form der Verbindung mit Dänemark für unser
Land ein Unglück ist. An dieser Ueberzeugung habe ich von Jugend auf
festgehalten und deshalb werde ich niemals von meinem Rechte zurückweichen.
Ich weiß, daß mein Recht zugleich meine Pflicht ist; denn es ist das Einzige
Mittel zur Befreiung des Vaterlandes und zur Erhaltung seiner Freiheit. Als
ein von Gott mir anvertrautes Pfand werde ich es unverbrüchlich festhalten.
Und die jüngste Vergangenheit uns gelehrt, daß das Recht auch eine Macht ist.
Noch vor wenigen Monaten konnte Dänemark den schwersten Schlag wagen,
den es je versucht hat, gegen das Herzogthum Schleswig zu führen. Und heute
schon sind fast aus ganz Schleswig die Dänen Vertrieben. Ein fürstliches Recht
konnte nicht mehr zum Vorwand der Unterdrückung dienen, sondern dieses Recht
steht jetzt Dänemark entgegen."

Der hohe Redner sprach dann in Worten warmer Anerkennung von den
Thaten und Opfern der braven Truppen, durch welche Schleswig befreit worden.

„Noch aber sind wir nicht ans Ziel gelangt." so schloß der Herzog seine


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[0407] bereit, alles an alles zu sehen. Wir sehnen den Augenblick herbei, wo wir unter Ew. Hoheit Führung mit eigner Kraft unser Land gegen die Dänen zu vertheidigen haben. Wir bauen auf unser gutes Recht und aus den Beistand des Höchsten, wir leben der festen Zuversicht: Es muß doch gelingen! Jene oder nie! Frei von Dänemark, das ist die Losung." Der Herzog erwiderte darauf in längerer Rede, in welcher er zunächst seine Freude aussprach, die Vertretung der Bevölkerung Schleswigs so zahlreich vor sich zu sehen, und dann den Gefühlen des Dankes Worte lieh, daß das Herzog- thum frei geworden von der Fremdherrschaft, worauf er ungefähr folgender¬ maßen fortfuhr: „Die Leiden, welche Schleswig während der letzten vierzehn Jahre erduldet hat , habe ich zwar nicht mit Ihnen tragen können; aber in der Ferne habe ich sie im tiefsten Herzen mir empfunden. Wie schwer diese Leiden auch waren/ Eine gute Folge haben sie gehabt: die Welt hat die wahre Meinung Schles¬ wigs kenne» gelernt. Man weiß, daß die Schleswiger unterdrückt und ihrer Sprache und Sitte beraubt werden sollten und daß sie mit Standhaftigkeit, Muth und Gotrvertrauen dagegen gekämpft haben. Sie werden auch künftig, was uns auch bevorstehen mag, fest ausharren und die Hoffnung nicht aufgeben. Denn auf unserer Seite steht göttliches und menschliches Recht und der ein- müthige Wille des Volks. Vor vierhundert Jahren hofften unsere Väter, daß es möglich sein werde, Garantien zu finden, welche eine Verbindung mit Dänemark unter demselben Fürsten erträglich machen. Die Geschichte hat gelehrt, daß diese Hoffnung eine trügerische war. Wir wollen den Irrthum unserer Väter nicht wiederholen, wollen unseren Kindern die schmerzlichen Ersahrungen ersparen, durch welche wir belehrt sind, daß jede Form der Verbindung mit Dänemark für unser Land ein Unglück ist. An dieser Ueberzeugung habe ich von Jugend auf festgehalten und deshalb werde ich niemals von meinem Rechte zurückweichen. Ich weiß, daß mein Recht zugleich meine Pflicht ist; denn es ist das Einzige Mittel zur Befreiung des Vaterlandes und zur Erhaltung seiner Freiheit. Als ein von Gott mir anvertrautes Pfand werde ich es unverbrüchlich festhalten. Und die jüngste Vergangenheit uns gelehrt, daß das Recht auch eine Macht ist. Noch vor wenigen Monaten konnte Dänemark den schwersten Schlag wagen, den es je versucht hat, gegen das Herzogthum Schleswig zu führen. Und heute schon sind fast aus ganz Schleswig die Dänen Vertrieben. Ein fürstliches Recht konnte nicht mehr zum Vorwand der Unterdrückung dienen, sondern dieses Recht steht jetzt Dänemark entgegen." Der hohe Redner sprach dann in Worten warmer Anerkennung von den Thaten und Opfern der braven Truppen, durch welche Schleswig befreit worden. „Noch aber sind wir nicht ans Ziel gelangt." so schloß der Herzog seine Grenzboten I. 1864. , 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/407>, abgerufen am 24.07.2024.