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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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einem Recht seines Herrn, ohne vorherige Pncisicationsvvrschläge in Holstein
einzuschreiten, und behandelte es als ein Zugeständniß, daß er sich überhaupt
erst an den Bund wende. Und ohne daß nun erst, den Worten des berliner
Friedens gemäß, vom dänischen Könige die nöthigen Aeußerungen über seine
Absichten für Holstein gemacht worden wären, beschlossen am 25. October die
Staaten der östreichischen Partei, dem Antrage des Gesandten Folge zu leisten.
Es kam für Oestreich darauf an, die Autorität dieser von Preußen angefochtenen
Bundesversammlung thatsächlich in einer Angelegenheit zur Geltung zu bringen,
wo man die ganze europäische Diplomatie für sich hatte; es kam für Oestreich
darauf an, Preußen tief und tiefer darniederzubeugen; es kam für Oestreich
darauf an, einen Beweis seiner Wiedererhebung zu liefern, indem es seine
Waffen an den Ufern der Nord- und Ostsee zeigte.

Dem trat Preußen entgegen. Es hatte in Kopenhagen erklärt, ein Ein¬
schreiten der angeblichen Bundesversammlung in Holstein nicht dulden zu wollen.
Ein letzter Versuch, den Conflict zu vermeiden, war jetzt der preußische Vor¬
schlag an die Statthalterschaft, einen rein militärischen Waffenstillstand mit
Dänemark abzuschließen, während dessen die preußische Negierung eine Commission
aus den deutschen Staaten zu Stande zu bringen bemüht sein wolle, eigens zu
dem Zwecke, dem berliner Frieden gemäß die Aeußerungen des dänischen Königs
über seine Absichten entgegenzunehmen und darauf hin das Erforderliche zu ver¬
fügen. Fast gleichzeitig mit dieser Note traf aber in Kiel der Bundestagsbeschluß
vom 25. October ein; er verlangte Einstellung der Feindseligkeiten, Beurlaubung
von zwei Drittheilen der Mannschaften, Räumung des nördlichen Eiderufers
und ruhige Erwartung des Weiteren. Auf den preußischen Vorschlag eines
Waffenstillstands in den jetzigen nnlitcirischen Stellungen einzugehn, trug die
Statthalterschaft, die nur noch in einem glücklichen Schlag gegen den Feind eine
Rettung ihrer Sache erblickte, Bedenken. Dem frankfurter Bundestage antwortete
sie: "Die Herzogtümer sind entschlossen, auf ihrem guten Rechte zu beharren
bis zu dem Aeußersten. Sie wollen es erwarten, ob es möglich ist, daß deutsche
Fürsten dieses Recht niedertreten werden, nachdem es ihres Gleichen vertheidigt
haben. Wir werden dies mit Fassung erwarten. Denn wenn es uns bestimmt
sein sott zu fallen, so ist es uns am ehrenvollsten, wie schmachvoll es für
Deutschland sein mag, durch Deutsche zu unterliegen."

Aber zu einem Schlag im Felde wollte Willisen, so sehr die Statthalter¬
schaft ihn drängte, keine Gelegenheit finden; die Armee, allmciiig bis auf
42,000 Mann verstärkt, blieb in ihren Stellungen um Rendsburg, und die
politischen Verhältnisse hatten Zeit sich vollends ganz zum Unheile der Herzog¬
tümer zu entfalten. Jetzt vollständig in den Streit zwischen Preußen und
Oestreich hineingezogen, wurde die Sache Schleswig-Holsteins auch vollständig
in die alsbald erfolgende Niederlage Preußens verwickelt. Es ist bekannt, was


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einem Recht seines Herrn, ohne vorherige Pncisicationsvvrschläge in Holstein
einzuschreiten, und behandelte es als ein Zugeständniß, daß er sich überhaupt
erst an den Bund wende. Und ohne daß nun erst, den Worten des berliner
Friedens gemäß, vom dänischen Könige die nöthigen Aeußerungen über seine
Absichten für Holstein gemacht worden wären, beschlossen am 25. October die
Staaten der östreichischen Partei, dem Antrage des Gesandten Folge zu leisten.
Es kam für Oestreich darauf an, die Autorität dieser von Preußen angefochtenen
Bundesversammlung thatsächlich in einer Angelegenheit zur Geltung zu bringen,
wo man die ganze europäische Diplomatie für sich hatte; es kam für Oestreich
darauf an, Preußen tief und tiefer darniederzubeugen; es kam für Oestreich
darauf an, einen Beweis seiner Wiedererhebung zu liefern, indem es seine
Waffen an den Ufern der Nord- und Ostsee zeigte.

Dem trat Preußen entgegen. Es hatte in Kopenhagen erklärt, ein Ein¬
schreiten der angeblichen Bundesversammlung in Holstein nicht dulden zu wollen.
Ein letzter Versuch, den Conflict zu vermeiden, war jetzt der preußische Vor¬
schlag an die Statthalterschaft, einen rein militärischen Waffenstillstand mit
Dänemark abzuschließen, während dessen die preußische Negierung eine Commission
aus den deutschen Staaten zu Stande zu bringen bemüht sein wolle, eigens zu
dem Zwecke, dem berliner Frieden gemäß die Aeußerungen des dänischen Königs
über seine Absichten entgegenzunehmen und darauf hin das Erforderliche zu ver¬
fügen. Fast gleichzeitig mit dieser Note traf aber in Kiel der Bundestagsbeschluß
vom 25. October ein; er verlangte Einstellung der Feindseligkeiten, Beurlaubung
von zwei Drittheilen der Mannschaften, Räumung des nördlichen Eiderufers
und ruhige Erwartung des Weiteren. Auf den preußischen Vorschlag eines
Waffenstillstands in den jetzigen nnlitcirischen Stellungen einzugehn, trug die
Statthalterschaft, die nur noch in einem glücklichen Schlag gegen den Feind eine
Rettung ihrer Sache erblickte, Bedenken. Dem frankfurter Bundestage antwortete
sie: „Die Herzogtümer sind entschlossen, auf ihrem guten Rechte zu beharren
bis zu dem Aeußersten. Sie wollen es erwarten, ob es möglich ist, daß deutsche
Fürsten dieses Recht niedertreten werden, nachdem es ihres Gleichen vertheidigt
haben. Wir werden dies mit Fassung erwarten. Denn wenn es uns bestimmt
sein sott zu fallen, so ist es uns am ehrenvollsten, wie schmachvoll es für
Deutschland sein mag, durch Deutsche zu unterliegen."

Aber zu einem Schlag im Felde wollte Willisen, so sehr die Statthalter¬
schaft ihn drängte, keine Gelegenheit finden; die Armee, allmciiig bis auf
42,000 Mann verstärkt, blieb in ihren Stellungen um Rendsburg, und die
politischen Verhältnisse hatten Zeit sich vollends ganz zum Unheile der Herzog¬
tümer zu entfalten. Jetzt vollständig in den Streit zwischen Preußen und
Oestreich hineingezogen, wurde die Sache Schleswig-Holsteins auch vollständig
in die alsbald erfolgende Niederlage Preußens verwickelt. Es ist bekannt, was


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[0297] einem Recht seines Herrn, ohne vorherige Pncisicationsvvrschläge in Holstein einzuschreiten, und behandelte es als ein Zugeständniß, daß er sich überhaupt erst an den Bund wende. Und ohne daß nun erst, den Worten des berliner Friedens gemäß, vom dänischen Könige die nöthigen Aeußerungen über seine Absichten für Holstein gemacht worden wären, beschlossen am 25. October die Staaten der östreichischen Partei, dem Antrage des Gesandten Folge zu leisten. Es kam für Oestreich darauf an, die Autorität dieser von Preußen angefochtenen Bundesversammlung thatsächlich in einer Angelegenheit zur Geltung zu bringen, wo man die ganze europäische Diplomatie für sich hatte; es kam für Oestreich darauf an, Preußen tief und tiefer darniederzubeugen; es kam für Oestreich darauf an, einen Beweis seiner Wiedererhebung zu liefern, indem es seine Waffen an den Ufern der Nord- und Ostsee zeigte. Dem trat Preußen entgegen. Es hatte in Kopenhagen erklärt, ein Ein¬ schreiten der angeblichen Bundesversammlung in Holstein nicht dulden zu wollen. Ein letzter Versuch, den Conflict zu vermeiden, war jetzt der preußische Vor¬ schlag an die Statthalterschaft, einen rein militärischen Waffenstillstand mit Dänemark abzuschließen, während dessen die preußische Negierung eine Commission aus den deutschen Staaten zu Stande zu bringen bemüht sein wolle, eigens zu dem Zwecke, dem berliner Frieden gemäß die Aeußerungen des dänischen Königs über seine Absichten entgegenzunehmen und darauf hin das Erforderliche zu ver¬ fügen. Fast gleichzeitig mit dieser Note traf aber in Kiel der Bundestagsbeschluß vom 25. October ein; er verlangte Einstellung der Feindseligkeiten, Beurlaubung von zwei Drittheilen der Mannschaften, Räumung des nördlichen Eiderufers und ruhige Erwartung des Weiteren. Auf den preußischen Vorschlag eines Waffenstillstands in den jetzigen nnlitcirischen Stellungen einzugehn, trug die Statthalterschaft, die nur noch in einem glücklichen Schlag gegen den Feind eine Rettung ihrer Sache erblickte, Bedenken. Dem frankfurter Bundestage antwortete sie: „Die Herzogtümer sind entschlossen, auf ihrem guten Rechte zu beharren bis zu dem Aeußersten. Sie wollen es erwarten, ob es möglich ist, daß deutsche Fürsten dieses Recht niedertreten werden, nachdem es ihres Gleichen vertheidigt haben. Wir werden dies mit Fassung erwarten. Denn wenn es uns bestimmt sein sott zu fallen, so ist es uns am ehrenvollsten, wie schmachvoll es für Deutschland sein mag, durch Deutsche zu unterliegen." Aber zu einem Schlag im Felde wollte Willisen, so sehr die Statthalter¬ schaft ihn drängte, keine Gelegenheit finden; die Armee, allmciiig bis auf 42,000 Mann verstärkt, blieb in ihren Stellungen um Rendsburg, und die politischen Verhältnisse hatten Zeit sich vollends ganz zum Unheile der Herzog¬ tümer zu entfalten. Jetzt vollständig in den Streit zwischen Preußen und Oestreich hineingezogen, wurde die Sache Schleswig-Holsteins auch vollständig in die alsbald erfolgende Niederlage Preußens verwickelt. Es ist bekannt, was 37*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/297>, abgerufen am 24.07.2024.