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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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zu einer Absendung bewegen. In Kopenhagen aber blieb man bei der Ver¬
weigerung; der Abgesandte Graf Reventlow-Farve mußte mit betrogener Erwar¬
tung heimkehren und der peinliche Schritt war umsonst gethan.

Auf der Bevölkerung Schleswig-Holsteins hatte der Waffenstillstand mit
allen seinen, dem öffentlichen Gefühle widerwärtigen Bestimmungen und mit
allen den Befürchtungen eines verderblichen Friedens, zu denen er Anlaß gab,
schwerer und schwerer gelastet. Von ihr wurde es mit Jubel gehört, daß das
Ende gekommen; mit voller Befriedigung sah sie es an, daß die deutsche
Reichsgewalt nun, nachdem mit dem Waffenstillstand auch die nur für diesen
bestimmte "gemeinschaftliche Regierung" ihr Dasein beschlossen, für die fernere
Verwaltung der Herzogthümer eine "Statthalterschaft" einsetzte, bestehend aus
dem Grafen Reventlow-Preetz und Wilhelm Beseler, den beiden patriotischen
Männern, die bereits in der provisorischen Negierung den vorherrschenden Ein¬
fluß geübt hatten.

Deutschland aber schien, als nun zu Ende März 1849 der Kampf sich
wieder eröffnete, wenigstens Eines beweisen zu wollen: daß es ihm nicht an
Menschen mangele. Gegen die 30,000 Mann dänischer Landtruppen, die in
zwei Abtheilungen, von Jütland und von Alsen her, in Schleswig einzudringen
versuchten, standen zuvörderst nördlich von Flensburg die 13,000 Schleswig-
Holsteiner unter Bonin und bewiesen, in leichten Gefechten am 3. und 4. April,
ihre gewonnene mUttärische Fertigkeit; aus Deutschland aber zogen ziemlich
60,000 Mann heran, zusammengesetzt aus Truppen fast aller derttschen
Staaten mit Ausnahme von Oestreich. Ohne Verspätungen ging es nicht
ab. Am 5. April begannen indeß die vordersten Abtheilungen in die Stel¬
lungen Benins einzurücken, der seinerseits weiter gegen Norden zog. Da
plötzlich erscholl eine Kunde -- recht wie dazu gemacht, ein erquicklichstes Lab¬
sal zu bieten nach all dem Jammer und Ueberdruß, der aus dem bisher Er¬
lebten so reichlich hersloß. Der dänische General v. Krogh hatte eine Landung
im Süden der deutschen Aufstellung, in der Bucht von Eckernförde, an¬
geordnet; durch dieselbe sollte die deutsche, bei Flensburg stehende Armee in
ihrem Rücken beunruhigt und ein Angriff unterstützt werden, den Krogh vom
Sundewitt her gegen sie zu unternehmen gedachte. Das stolzeste Linienschiff
der Dänen, Christian der Achte, die schöne Fregatte Gefion und noch mehre
weniger bedeutende Fahrzeuge waren zu der Expedition bestimmt. Zwei Batte¬
rien von 4 und 6, zum Theil unzuverlässigen Geschützen mit einer Bedienung
von 80 Mann war alles, was bereit stand, den dänischen Schiffen und den
159 Geschützen und 1200 Mann, die auf ihnen herankamen, die Einfahrt in
den schlecht zu vertheidigenden Hafen zu wehren; erst als der Kampf schon ent¬
brannt war, griffen in denselben 2 Geschütze einer nassauischen Batterie, die
aus Veranstaltung des in der Nähe befindlichen Herzog Ernst von Sachsen-


zu einer Absendung bewegen. In Kopenhagen aber blieb man bei der Ver¬
weigerung; der Abgesandte Graf Reventlow-Farve mußte mit betrogener Erwar¬
tung heimkehren und der peinliche Schritt war umsonst gethan.

Auf der Bevölkerung Schleswig-Holsteins hatte der Waffenstillstand mit
allen seinen, dem öffentlichen Gefühle widerwärtigen Bestimmungen und mit
allen den Befürchtungen eines verderblichen Friedens, zu denen er Anlaß gab,
schwerer und schwerer gelastet. Von ihr wurde es mit Jubel gehört, daß das
Ende gekommen; mit voller Befriedigung sah sie es an, daß die deutsche
Reichsgewalt nun, nachdem mit dem Waffenstillstand auch die nur für diesen
bestimmte „gemeinschaftliche Regierung" ihr Dasein beschlossen, für die fernere
Verwaltung der Herzogthümer eine „Statthalterschaft" einsetzte, bestehend aus
dem Grafen Reventlow-Preetz und Wilhelm Beseler, den beiden patriotischen
Männern, die bereits in der provisorischen Negierung den vorherrschenden Ein¬
fluß geübt hatten.

Deutschland aber schien, als nun zu Ende März 1849 der Kampf sich
wieder eröffnete, wenigstens Eines beweisen zu wollen: daß es ihm nicht an
Menschen mangele. Gegen die 30,000 Mann dänischer Landtruppen, die in
zwei Abtheilungen, von Jütland und von Alsen her, in Schleswig einzudringen
versuchten, standen zuvörderst nördlich von Flensburg die 13,000 Schleswig-
Holsteiner unter Bonin und bewiesen, in leichten Gefechten am 3. und 4. April,
ihre gewonnene mUttärische Fertigkeit; aus Deutschland aber zogen ziemlich
60,000 Mann heran, zusammengesetzt aus Truppen fast aller derttschen
Staaten mit Ausnahme von Oestreich. Ohne Verspätungen ging es nicht
ab. Am 5. April begannen indeß die vordersten Abtheilungen in die Stel¬
lungen Benins einzurücken, der seinerseits weiter gegen Norden zog. Da
plötzlich erscholl eine Kunde — recht wie dazu gemacht, ein erquicklichstes Lab¬
sal zu bieten nach all dem Jammer und Ueberdruß, der aus dem bisher Er¬
lebten so reichlich hersloß. Der dänische General v. Krogh hatte eine Landung
im Süden der deutschen Aufstellung, in der Bucht von Eckernförde, an¬
geordnet; durch dieselbe sollte die deutsche, bei Flensburg stehende Armee in
ihrem Rücken beunruhigt und ein Angriff unterstützt werden, den Krogh vom
Sundewitt her gegen sie zu unternehmen gedachte. Das stolzeste Linienschiff
der Dänen, Christian der Achte, die schöne Fregatte Gefion und noch mehre
weniger bedeutende Fahrzeuge waren zu der Expedition bestimmt. Zwei Batte¬
rien von 4 und 6, zum Theil unzuverlässigen Geschützen mit einer Bedienung
von 80 Mann war alles, was bereit stand, den dänischen Schiffen und den
159 Geschützen und 1200 Mann, die auf ihnen herankamen, die Einfahrt in
den schlecht zu vertheidigenden Hafen zu wehren; erst als der Kampf schon ent¬
brannt war, griffen in denselben 2 Geschütze einer nassauischen Batterie, die
aus Veranstaltung des in der Nähe befindlichen Herzog Ernst von Sachsen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/233>, abgerufen am 24.07.2024.