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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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Nach diesen Tabellen ergibt sich, daß auf je zehn Quadratmeilen deutschen
Bodens durchschnittlich nahezu ein Turnverein kommt, daß aber die räumliche
Vertheilung der Vereine eine sehr ungleichmäßige ist. Beginnen wir mit der
Ordnung nach staatlichen Gebieten, so steht in erster Reihe Frankfurt, dem zu¬
nächst Bremen, dann Hamburg und Lübeck, dann Schwarzburg-Rudolstadt.
Altenburg, das Königreich Sachsen, Meiningen, Weimar, das Großherzogthum
Hessen, Nassau u. s. w. folgen, bis Oestreich die Stufenfolge schließt, welches
89mal weniger Turnvereine aufweist als Sachsen. Betrachten wir dagegen
die Vertheilung der letzteren nach Turnkreiscn, so steht Sachsen an der Spitze
und die übrigen folgen in nachstehender Ordnung: Thüringen, Mittelrhein.
Schwaben, Oberweser, Niederrhein, Mark und Pommern, Hannover, Ober-
rhein. Bayern, Norden, Niederweser, Schlesien, Nordosten und Oestreich.

Denken wir uns auf einer Karte Deutschlands jeden Turnverein durch
einen rothen Punkt bezeichnet, so würde sich zeigen, daß die Mitte des Staaten-
complexes das meiste Interesse "n der Sache nimmt, und zwar würde sich der
dichteste Schwarm von Punkten im Königreich Sachsen darstellen und sich von
hier aus in immer abnehmender Gedrängtheit zunächst nach Thüringen, dann
nach den Ländern des Mittelrheins und hierauf in südöstlicher Richtung nach
Schwaben hinaufziehen.

Ein so gewonnenes Bild könnte indeß leicht zu Trugschlüssen führen.
Turnvereine wachsen ebensowenig wie andere gleich Pilzen aus der Erde,
sondern sind Erzeugnisse der Bevölkerung. Wollen wir also eine richtige
Vorstellung gewinnen, so müssen wir auch die Einwohnerzahlen der betreffenden
Staaten in Betracht ziehen, und dann nehmen die einzelnen Staaten folgenden
Rang ein: An der Spitze steht Schwarzburg-Rudolstadt, welches nach unsrer
Tabelle einen Turnverein auf 6,137 Bewohner hat. Hierauf folgen: Meinin¬
gen, Weimar, Altenburg, Frankfurt, Lübeck, Nassau, Großherzogthum Hessen,
Bremen, Sachsen, Reuß ä. L., Coburg-Gotha. Schwarzburg-Sondershausen,
Reuß j. L., Oldenburg, Holstein-Lauenburg. Waldeck, Würtemberg, Hamburg.
Hannover, Braunschweig, Kurhessen, Bayern, Preußen, Baden, Mecklenburg-
Schwerin. Mecklenburg-Strelitz, Lippe, Dessau-Cöthen. Luxemburg, Schleswig
(wo allerdings die Regierung die deutschen Turnvereine hemmt) und Oestreich,
letzteres mit ungefähr hundertmal weniger Turnvereinen als Schwarzburg-
Rudolstadt.

Im Durchschnitt kommt auf 38.468 Seelen in Deutschland ein Turn¬
verein. Freilich haben diese Berechnungen so lange keinen rechten innern
Werth, als nicht angegeben ist, wie stark die Turner in den einzelnen Ländern
an Zahl sind. Erst durch Vergleichung dieser Zahlen gewinnen wir einen voll¬
kommen deutlichen Begriff von dem Interesse, welches die Bevölkerung einer
Landschaft an der Sache bethätigt. Auch hierüber gibt unsere Quelle genügende


Nach diesen Tabellen ergibt sich, daß auf je zehn Quadratmeilen deutschen
Bodens durchschnittlich nahezu ein Turnverein kommt, daß aber die räumliche
Vertheilung der Vereine eine sehr ungleichmäßige ist. Beginnen wir mit der
Ordnung nach staatlichen Gebieten, so steht in erster Reihe Frankfurt, dem zu¬
nächst Bremen, dann Hamburg und Lübeck, dann Schwarzburg-Rudolstadt.
Altenburg, das Königreich Sachsen, Meiningen, Weimar, das Großherzogthum
Hessen, Nassau u. s. w. folgen, bis Oestreich die Stufenfolge schließt, welches
89mal weniger Turnvereine aufweist als Sachsen. Betrachten wir dagegen
die Vertheilung der letzteren nach Turnkreiscn, so steht Sachsen an der Spitze
und die übrigen folgen in nachstehender Ordnung: Thüringen, Mittelrhein.
Schwaben, Oberweser, Niederrhein, Mark und Pommern, Hannover, Ober-
rhein. Bayern, Norden, Niederweser, Schlesien, Nordosten und Oestreich.

Denken wir uns auf einer Karte Deutschlands jeden Turnverein durch
einen rothen Punkt bezeichnet, so würde sich zeigen, daß die Mitte des Staaten-
complexes das meiste Interesse «n der Sache nimmt, und zwar würde sich der
dichteste Schwarm von Punkten im Königreich Sachsen darstellen und sich von
hier aus in immer abnehmender Gedrängtheit zunächst nach Thüringen, dann
nach den Ländern des Mittelrheins und hierauf in südöstlicher Richtung nach
Schwaben hinaufziehen.

Ein so gewonnenes Bild könnte indeß leicht zu Trugschlüssen führen.
Turnvereine wachsen ebensowenig wie andere gleich Pilzen aus der Erde,
sondern sind Erzeugnisse der Bevölkerung. Wollen wir also eine richtige
Vorstellung gewinnen, so müssen wir auch die Einwohnerzahlen der betreffenden
Staaten in Betracht ziehen, und dann nehmen die einzelnen Staaten folgenden
Rang ein: An der Spitze steht Schwarzburg-Rudolstadt, welches nach unsrer
Tabelle einen Turnverein auf 6,137 Bewohner hat. Hierauf folgen: Meinin¬
gen, Weimar, Altenburg, Frankfurt, Lübeck, Nassau, Großherzogthum Hessen,
Bremen, Sachsen, Reuß ä. L., Coburg-Gotha. Schwarzburg-Sondershausen,
Reuß j. L., Oldenburg, Holstein-Lauenburg. Waldeck, Würtemberg, Hamburg.
Hannover, Braunschweig, Kurhessen, Bayern, Preußen, Baden, Mecklenburg-
Schwerin. Mecklenburg-Strelitz, Lippe, Dessau-Cöthen. Luxemburg, Schleswig
(wo allerdings die Regierung die deutschen Turnvereine hemmt) und Oestreich,
letzteres mit ungefähr hundertmal weniger Turnvereinen als Schwarzburg-
Rudolstadt.

Im Durchschnitt kommt auf 38.468 Seelen in Deutschland ein Turn¬
verein. Freilich haben diese Berechnungen so lange keinen rechten innern
Werth, als nicht angegeben ist, wie stark die Turner in den einzelnen Ländern
an Zahl sind. Erst durch Vergleichung dieser Zahlen gewinnen wir einen voll¬
kommen deutlichen Begriff von dem Interesse, welches die Bevölkerung einer
Landschaft an der Sache bethätigt. Auch hierüber gibt unsere Quelle genügende


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[0464] Nach diesen Tabellen ergibt sich, daß auf je zehn Quadratmeilen deutschen Bodens durchschnittlich nahezu ein Turnverein kommt, daß aber die räumliche Vertheilung der Vereine eine sehr ungleichmäßige ist. Beginnen wir mit der Ordnung nach staatlichen Gebieten, so steht in erster Reihe Frankfurt, dem zu¬ nächst Bremen, dann Hamburg und Lübeck, dann Schwarzburg-Rudolstadt. Altenburg, das Königreich Sachsen, Meiningen, Weimar, das Großherzogthum Hessen, Nassau u. s. w. folgen, bis Oestreich die Stufenfolge schließt, welches 89mal weniger Turnvereine aufweist als Sachsen. Betrachten wir dagegen die Vertheilung der letzteren nach Turnkreiscn, so steht Sachsen an der Spitze und die übrigen folgen in nachstehender Ordnung: Thüringen, Mittelrhein. Schwaben, Oberweser, Niederrhein, Mark und Pommern, Hannover, Ober- rhein. Bayern, Norden, Niederweser, Schlesien, Nordosten und Oestreich. Denken wir uns auf einer Karte Deutschlands jeden Turnverein durch einen rothen Punkt bezeichnet, so würde sich zeigen, daß die Mitte des Staaten- complexes das meiste Interesse «n der Sache nimmt, und zwar würde sich der dichteste Schwarm von Punkten im Königreich Sachsen darstellen und sich von hier aus in immer abnehmender Gedrängtheit zunächst nach Thüringen, dann nach den Ländern des Mittelrheins und hierauf in südöstlicher Richtung nach Schwaben hinaufziehen. Ein so gewonnenes Bild könnte indeß leicht zu Trugschlüssen führen. Turnvereine wachsen ebensowenig wie andere gleich Pilzen aus der Erde, sondern sind Erzeugnisse der Bevölkerung. Wollen wir also eine richtige Vorstellung gewinnen, so müssen wir auch die Einwohnerzahlen der betreffenden Staaten in Betracht ziehen, und dann nehmen die einzelnen Staaten folgenden Rang ein: An der Spitze steht Schwarzburg-Rudolstadt, welches nach unsrer Tabelle einen Turnverein auf 6,137 Bewohner hat. Hierauf folgen: Meinin¬ gen, Weimar, Altenburg, Frankfurt, Lübeck, Nassau, Großherzogthum Hessen, Bremen, Sachsen, Reuß ä. L., Coburg-Gotha. Schwarzburg-Sondershausen, Reuß j. L., Oldenburg, Holstein-Lauenburg. Waldeck, Würtemberg, Hamburg. Hannover, Braunschweig, Kurhessen, Bayern, Preußen, Baden, Mecklenburg- Schwerin. Mecklenburg-Strelitz, Lippe, Dessau-Cöthen. Luxemburg, Schleswig (wo allerdings die Regierung die deutschen Turnvereine hemmt) und Oestreich, letzteres mit ungefähr hundertmal weniger Turnvereinen als Schwarzburg- Rudolstadt. Im Durchschnitt kommt auf 38.468 Seelen in Deutschland ein Turn¬ verein. Freilich haben diese Berechnungen so lange keinen rechten innern Werth, als nicht angegeben ist, wie stark die Turner in den einzelnen Ländern an Zahl sind. Erst durch Vergleichung dieser Zahlen gewinnen wir einen voll¬ kommen deutlichen Begriff von dem Interesse, welches die Bevölkerung einer Landschaft an der Sache bethätigt. Auch hierüber gibt unsere Quelle genügende

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/464>, abgerufen am 19.10.2024.