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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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lediglich aus den Theilen Japans kam, welche dem Tellur vollständig unter
werfen sind und welche nur etwas über ein Achtel des ganzen Landes aus¬
machen. Die übrigen sieben Achtel, von Fürsten beherrscht, die zu dem Kaiser
nur in einem sehr losen Abhängigkeitsverhältniß stehen, sind dem Verkehr mit dem
Ausland völlig verschlossen, werden demselben aber ohne Zweifel mit der Zeit
sich ebenfalls öffnen, da die Mächte, auf dem betretenen Wege beharrend, die
Interessen des Volles und somit dessen guten Willen für sich haben würden,
falls jene Fürsten bei ihrem Absperrungssystem beharren wollten.

Aber schon unter den jetzigen Beschränkungen wird man von Jahr zu
Jahr mehr Seide auf Kosten des Neis bauen. Java und Siam liefern lch-
tcrcn so reichlich, daß der Japanese ihn von dorther nur wenig theurer als
aus dem Lande selbst bezieht, während ihm eine Maulbecrpflanzung jetzt das
Fünffache von früher einträgt. Die Rohseide Japans ist übrigens besser als
die chinesische, und dasselbe gilt von der verarbeiteten. "Das Stück vom schwer¬
sten weißen Krepp," erzählt unser Gewährsmann, "33 Ellen lang und IV2 Elle
breit, kauften wir zu Jeddo im Laden zu 36 Jtzcbu, also die Elle zu etwa
17'/2 Silbergroschen, schwarzen Atlas, 1^ Elle breit, ein ebenso schöner, fast
unverwüstlicher Stoss, in Nangasaki zu demselben Preise. Die Muster sind
japanische, aber so geschmackvoll, daß sie auch in Europa außerordentlich
gefallen."

Ein anderes Product hat gleichfalls Aussicht, ein Handelsartikel von Be¬
deutung zu werden: der Thee. Derselbe stand bisher hinter dem chinesischen
an Güte zurück und wurde deshalb nicht verlangt. Nachdem sich jedoch heraus¬
gestellt hat, daß der chinesische und der japanische Theestranch sich von einander
nicht unterscheiden und daß die schlechtere Qualität der Blätter des letzteren
lediglich eine Folge der ungeschickten Behandlung ist, haben europäische Häuser
mit der Bereitung und Nöstung des Thees vertraute Chinesen kommen lassen,
und im Jahre 1861 wurde bereits eine halbe Million Pfunde nach den west¬
lichen Häfen versandt.

Sodann ist Japan ein sehr metallreiches Land, und namentlich die Kupfer-
minen könnten, eifriger und geschickter betrieben, eine ungeheure Masse dieses
Erzes für die Ausfuhr liefern. Trotz jenes nachlässigen Betriebs der Bergwerke
ist das Kupfer hier außerordentlich wohlfeil, und nirgends wird es so viel in
der Hauswirthschaft verwendet. Eine gleiche Zukunft haben die japanesischen
Steinkohlen, die sich namentlich in Kiusiu in unerschöpflichen Lagern finden.
Bis jetzt erreichten sie allerdings nicht die Güte der englischen, es ist aber sichere
Hoffnung vorhanden, daß sie jenen vollkommen gleich kommen werden, wenn
man tiefer gräbt; denn die, welche man jetzt gewinnt, sind bereits hundert
Procent besser als die vor einigen Jahren gelieferten. Uebrigens aber ist der
Preisunterschied so erheblich, daß bei rationeller Bearbeitung der Schachte, wie


lediglich aus den Theilen Japans kam, welche dem Tellur vollständig unter
werfen sind und welche nur etwas über ein Achtel des ganzen Landes aus¬
machen. Die übrigen sieben Achtel, von Fürsten beherrscht, die zu dem Kaiser
nur in einem sehr losen Abhängigkeitsverhältniß stehen, sind dem Verkehr mit dem
Ausland völlig verschlossen, werden demselben aber ohne Zweifel mit der Zeit
sich ebenfalls öffnen, da die Mächte, auf dem betretenen Wege beharrend, die
Interessen des Volles und somit dessen guten Willen für sich haben würden,
falls jene Fürsten bei ihrem Absperrungssystem beharren wollten.

Aber schon unter den jetzigen Beschränkungen wird man von Jahr zu
Jahr mehr Seide auf Kosten des Neis bauen. Java und Siam liefern lch-
tcrcn so reichlich, daß der Japanese ihn von dorther nur wenig theurer als
aus dem Lande selbst bezieht, während ihm eine Maulbecrpflanzung jetzt das
Fünffache von früher einträgt. Die Rohseide Japans ist übrigens besser als
die chinesische, und dasselbe gilt von der verarbeiteten. „Das Stück vom schwer¬
sten weißen Krepp," erzählt unser Gewährsmann, „33 Ellen lang und IV2 Elle
breit, kauften wir zu Jeddo im Laden zu 36 Jtzcbu, also die Elle zu etwa
17'/2 Silbergroschen, schwarzen Atlas, 1^ Elle breit, ein ebenso schöner, fast
unverwüstlicher Stoss, in Nangasaki zu demselben Preise. Die Muster sind
japanische, aber so geschmackvoll, daß sie auch in Europa außerordentlich
gefallen."

Ein anderes Product hat gleichfalls Aussicht, ein Handelsartikel von Be¬
deutung zu werden: der Thee. Derselbe stand bisher hinter dem chinesischen
an Güte zurück und wurde deshalb nicht verlangt. Nachdem sich jedoch heraus¬
gestellt hat, daß der chinesische und der japanische Theestranch sich von einander
nicht unterscheiden und daß die schlechtere Qualität der Blätter des letzteren
lediglich eine Folge der ungeschickten Behandlung ist, haben europäische Häuser
mit der Bereitung und Nöstung des Thees vertraute Chinesen kommen lassen,
und im Jahre 1861 wurde bereits eine halbe Million Pfunde nach den west¬
lichen Häfen versandt.

Sodann ist Japan ein sehr metallreiches Land, und namentlich die Kupfer-
minen könnten, eifriger und geschickter betrieben, eine ungeheure Masse dieses
Erzes für die Ausfuhr liefern. Trotz jenes nachlässigen Betriebs der Bergwerke
ist das Kupfer hier außerordentlich wohlfeil, und nirgends wird es so viel in
der Hauswirthschaft verwendet. Eine gleiche Zukunft haben die japanesischen
Steinkohlen, die sich namentlich in Kiusiu in unerschöpflichen Lagern finden.
Bis jetzt erreichten sie allerdings nicht die Güte der englischen, es ist aber sichere
Hoffnung vorhanden, daß sie jenen vollkommen gleich kommen werden, wenn
man tiefer gräbt; denn die, welche man jetzt gewinnt, sind bereits hundert
Procent besser als die vor einigen Jahren gelieferten. Uebrigens aber ist der
Preisunterschied so erheblich, daß bei rationeller Bearbeitung der Schachte, wie


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[0266] lediglich aus den Theilen Japans kam, welche dem Tellur vollständig unter werfen sind und welche nur etwas über ein Achtel des ganzen Landes aus¬ machen. Die übrigen sieben Achtel, von Fürsten beherrscht, die zu dem Kaiser nur in einem sehr losen Abhängigkeitsverhältniß stehen, sind dem Verkehr mit dem Ausland völlig verschlossen, werden demselben aber ohne Zweifel mit der Zeit sich ebenfalls öffnen, da die Mächte, auf dem betretenen Wege beharrend, die Interessen des Volles und somit dessen guten Willen für sich haben würden, falls jene Fürsten bei ihrem Absperrungssystem beharren wollten. Aber schon unter den jetzigen Beschränkungen wird man von Jahr zu Jahr mehr Seide auf Kosten des Neis bauen. Java und Siam liefern lch- tcrcn so reichlich, daß der Japanese ihn von dorther nur wenig theurer als aus dem Lande selbst bezieht, während ihm eine Maulbecrpflanzung jetzt das Fünffache von früher einträgt. Die Rohseide Japans ist übrigens besser als die chinesische, und dasselbe gilt von der verarbeiteten. „Das Stück vom schwer¬ sten weißen Krepp," erzählt unser Gewährsmann, „33 Ellen lang und IV2 Elle breit, kauften wir zu Jeddo im Laden zu 36 Jtzcbu, also die Elle zu etwa 17'/2 Silbergroschen, schwarzen Atlas, 1^ Elle breit, ein ebenso schöner, fast unverwüstlicher Stoss, in Nangasaki zu demselben Preise. Die Muster sind japanische, aber so geschmackvoll, daß sie auch in Europa außerordentlich gefallen." Ein anderes Product hat gleichfalls Aussicht, ein Handelsartikel von Be¬ deutung zu werden: der Thee. Derselbe stand bisher hinter dem chinesischen an Güte zurück und wurde deshalb nicht verlangt. Nachdem sich jedoch heraus¬ gestellt hat, daß der chinesische und der japanische Theestranch sich von einander nicht unterscheiden und daß die schlechtere Qualität der Blätter des letzteren lediglich eine Folge der ungeschickten Behandlung ist, haben europäische Häuser mit der Bereitung und Nöstung des Thees vertraute Chinesen kommen lassen, und im Jahre 1861 wurde bereits eine halbe Million Pfunde nach den west¬ lichen Häfen versandt. Sodann ist Japan ein sehr metallreiches Land, und namentlich die Kupfer- minen könnten, eifriger und geschickter betrieben, eine ungeheure Masse dieses Erzes für die Ausfuhr liefern. Trotz jenes nachlässigen Betriebs der Bergwerke ist das Kupfer hier außerordentlich wohlfeil, und nirgends wird es so viel in der Hauswirthschaft verwendet. Eine gleiche Zukunft haben die japanesischen Steinkohlen, die sich namentlich in Kiusiu in unerschöpflichen Lagern finden. Bis jetzt erreichten sie allerdings nicht die Güte der englischen, es ist aber sichere Hoffnung vorhanden, daß sie jenen vollkommen gleich kommen werden, wenn man tiefer gräbt; denn die, welche man jetzt gewinnt, sind bereits hundert Procent besser als die vor einigen Jahren gelieferten. Uebrigens aber ist der Preisunterschied so erheblich, daß bei rationeller Bearbeitung der Schachte, wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/266>, abgerufen am 28.09.2024.