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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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unter besonders dringenden Umstände", wenn der Reichsrath nicht versammelt
ist, Ausgaben beschließen, welche nicht bewilligt sind. Aber ein solcher Beschluß
soll stets in einer Ministerconfcrcnz auf die in K 20 vorgeschriebene Weise be¬
handelt werden, bevor er von dem Könige in dem Geheimen Staatsrathe schlie߬
lich gefaßt wird. Die Minister, welche mit dem Beschlusse einverstanden sind,
contrasigniren ihn und übernehmen die Verantwortlichkeit, insoweit er nicht
von dem zunächst zusammentretender Reichsrathe, dem er stets vorzulegen ist,
gebilligt wird." --

Aber die Verfassung vom 2. October 18S3 war jedenfalls, was Holstein
und Lauenburg betrifft, ohne jede Bedeutung. Die dänische Regierung selbst
hatte unterm 6. November 1858 sie für die Bundesländer außer Kraft gesetzt.
Auf Grund dieser Verfassung konnte also über den Antheil Holsteins an den
betreffenden Fonds nicht disponirt werden. Was war nun die Absicht der Re¬
gierung? Holstein mit zu bebürden? Wer gab ihr das Recht dazu? Im an¬
dern Falle, wenn Holstein unbeschwert bleiben sollte, war es nicht die Pflicht
der Negierung, dies in den Ordonnanzen und später vor dein Reichsrathe aus¬
drücklich auszusprechen?

Es mag seinen Grund haben, daß die dänischen Minister in der Fassung
der drei Ordonnanzen mit Absicht jedes Wort vermieden, welches eine be¬
stimmte Andeutung darüber, wie Holstein zu den betreffenden Ausgaben ge¬
stellt werden sollte, hätte geben können. Jetzt ist indessen die ganze Budget-
angelcgenheit, und zwar sowohl in Betreff der Ausführung der Erklärung vom
29. Juli wie hinsichtlich der drei angeführten Ordonnanzen zu völliger Klar¬
heit gebracht. Das Staatsbudget für 1861 ist allerdings weder im Laufe des
vorigen noch des gegenwärtigen Jahres amtlich veröffentlicht worden. Gegen
die Regel wurde die Publication desselben, selbst nachdem die geschehene Fest¬
stellung durch das "Gesetzblatt" constatirt war, zurückgehalten*). Aber das
26. Stück des amtlichen "Gesetz- und Ministerialblatts" für die Herzogthümer



Da das Budget auffallender Weise nicht dein "Gescizblattc" beigegeben wurde, wandte
man sich im Januar d. I. durch die Akademische Buchhandlung in Kiel nach Kopenhagen,
um durch buchhnndlcrische Vermittelung ein Exemplar des Budgets zu erlangen. Die Ant¬
wort, die man darauf von Kopenhagen erhielt und die ich Ihnen im Original beilege, lau-
tete- "KuäMttvt, lor ?in!>,ut,8a"'or, 1861--62 er Mklos linke t'aire i LokIr-mäLlen."
(Das Budget für das Finanzjahr 1861--62 ist im Buchhandel durchaus nicht zu haben.) --
Damals waren die Umstände noch nicht reif, die Sache war noch zu frisch, als daß die dä¬
nische Regierung es für gerathen hätte erachten sollen, uns den urkundlichen Beweis des Be-
trugs. den sie Lord Russell wie de" deutschen Mächten gespielt hatte, in die Hände zu gebe".
Am 2, Oct., wo man sowohl in Kopenhagen, wie in Glücksburg uoch keine Kenntniß von der
Russcllschen Depesche et. ä. 24. September hatte, glaubte man sich nicht weiter Zwang anthun
zu dürfe". Die Sache konnte ja jetzt, da die deutschen Mächte sie so lange gänzlich hatten
ruhen lasse", als abgethan und verwunden angesehen werden.
Grenzboten I. 1863. 7

unter besonders dringenden Umstände», wenn der Reichsrath nicht versammelt
ist, Ausgaben beschließen, welche nicht bewilligt sind. Aber ein solcher Beschluß
soll stets in einer Ministerconfcrcnz auf die in K 20 vorgeschriebene Weise be¬
handelt werden, bevor er von dem Könige in dem Geheimen Staatsrathe schlie߬
lich gefaßt wird. Die Minister, welche mit dem Beschlusse einverstanden sind,
contrasigniren ihn und übernehmen die Verantwortlichkeit, insoweit er nicht
von dem zunächst zusammentretender Reichsrathe, dem er stets vorzulegen ist,
gebilligt wird." —

Aber die Verfassung vom 2. October 18S3 war jedenfalls, was Holstein
und Lauenburg betrifft, ohne jede Bedeutung. Die dänische Regierung selbst
hatte unterm 6. November 1858 sie für die Bundesländer außer Kraft gesetzt.
Auf Grund dieser Verfassung konnte also über den Antheil Holsteins an den
betreffenden Fonds nicht disponirt werden. Was war nun die Absicht der Re¬
gierung? Holstein mit zu bebürden? Wer gab ihr das Recht dazu? Im an¬
dern Falle, wenn Holstein unbeschwert bleiben sollte, war es nicht die Pflicht
der Negierung, dies in den Ordonnanzen und später vor dein Reichsrathe aus¬
drücklich auszusprechen?

Es mag seinen Grund haben, daß die dänischen Minister in der Fassung
der drei Ordonnanzen mit Absicht jedes Wort vermieden, welches eine be¬
stimmte Andeutung darüber, wie Holstein zu den betreffenden Ausgaben ge¬
stellt werden sollte, hätte geben können. Jetzt ist indessen die ganze Budget-
angelcgenheit, und zwar sowohl in Betreff der Ausführung der Erklärung vom
29. Juli wie hinsichtlich der drei angeführten Ordonnanzen zu völliger Klar¬
heit gebracht. Das Staatsbudget für 1861 ist allerdings weder im Laufe des
vorigen noch des gegenwärtigen Jahres amtlich veröffentlicht worden. Gegen
die Regel wurde die Publication desselben, selbst nachdem die geschehene Fest¬
stellung durch das „Gesetzblatt" constatirt war, zurückgehalten*). Aber das
26. Stück des amtlichen „Gesetz- und Ministerialblatts" für die Herzogthümer



Da das Budget auffallender Weise nicht dein „Gescizblattc" beigegeben wurde, wandte
man sich im Januar d. I. durch die Akademische Buchhandlung in Kiel nach Kopenhagen,
um durch buchhnndlcrische Vermittelung ein Exemplar des Budgets zu erlangen. Die Ant¬
wort, die man darauf von Kopenhagen erhielt und die ich Ihnen im Original beilege, lau-
tete- „KuäMttvt, lor ?in!>,ut,8a«'or, 1861—62 er Mklos linke t'aire i LokIr-mäLlen."
(Das Budget für das Finanzjahr 1861—62 ist im Buchhandel durchaus nicht zu haben.) —
Damals waren die Umstände noch nicht reif, die Sache war noch zu frisch, als daß die dä¬
nische Regierung es für gerathen hätte erachten sollen, uns den urkundlichen Beweis des Be-
trugs. den sie Lord Russell wie de» deutschen Mächten gespielt hatte, in die Hände zu gebe».
Am 2, Oct., wo man sowohl in Kopenhagen, wie in Glücksburg uoch keine Kenntniß von der
Russcllschen Depesche et. ä. 24. September hatte, glaubte man sich nicht weiter Zwang anthun
zu dürfe». Die Sache konnte ja jetzt, da die deutschen Mächte sie so lange gänzlich hatten
ruhen lasse», als abgethan und verwunden angesehen werden.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/57>, abgerufen am 27.11.2024.