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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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sie nach Allem, was vorhergegangen war, °wis klar und unzweideutig fest¬
stehend ansehen, nämlich, daß ein Mißverständniß über das, was durch die
dänische Erklärung bezweckt werden sollte, nicht möglich war. Nicht darum,
aus welche Weise man Holstein den ihm zugedacht gewesenen Beitrag zu den
Ausgaben aufbürden, sondern daß ihm dieser Beitrag zu den Ausgaben, so
lange die Genehmigung der Stände nicht erlangt war, nicht aufgebürdet wer¬
den sollte: das war es. was Lord Loftus proponirt, Freiherr v. Schlcinitz
angenommen und der britische Staatssecretär der dänischen Regierung em¬
pfohlen hatte.

Dem Grafen Russell wie den Ministern von Preußen und Oestreich lag
in dieser Beziehung jedes Mißtrauen gegen die dänische Negierung so fern,
daß sie aus die, bei schärferer Betrachtung allerdings zweideutig erscheinende
Fassung, in welcher die dänische Regierung in der Depesche vom 29. Juli 1861
die gewünschte Erklärung abgab, nicht weiter aufmerksam wurden.

Die bezeichnete Erklärung lautet dort: "daß für das laufende Finanzjahr
der Zuschuß des Herzogthums Holstein aus seinen besondern Einnahmen zum
gemeinschaftlichen Budget der Monarchie vorläufig (provisorisch) auf die Quote
Holsteins an derjenigen Summe eingeschränkt werde, die in dem Normalbudget
vom 28. Februar 1856 als der den einzelnen Landestheilen aus den beson¬
dern Einnahmen derselben zu leistende Gesammt-Zuschuß aufgeführt ist." --

In London, in Berlin, Wien und Frankfurt nahm man diese Erklärung
für übereinstimmend mit dem, worüber der preußische und der englische Minister
sich verständigt hatten.

Hinterher erst ließ die dänische Negierung in ihren officiösen Organen
verlautbaren, daß sich die Sache wesentlich anders stelle, als der preußische und
östreichische Minister und selbst dänische Publicisten angenommen hatten. Durch
die in die dänische Erklärung eingeschobenen Worte "aus seinen besondern
Einnahmen" werde nämlich, hieß es, die übernommene Verpflichtung darauf
reducirt, den Beitrag Holsteins zu dem Budget für 1861 nicht aus feiner
besondern Kasse zu nehmen; nehme man statt dessen die Deckung des Budgets
aus dem vorhandenen allen Landestheilen gemeinschaftlichen Kassabchalt -- der
durch die Beiträge aus den früheren Jahren zusammengebracht worden war
-- so "werde Holstein nicht ein Schilling erlassen". "Es ist ein vollständiges
Mißverständniß," sagt "Dagbladet" in seiner Nummer vom 15. August "in
dem dänischen Zugeständnis) auch nur das geringste finanzielle Zugeständnis; zu
Gunsten Holsteins zu erblicken; das dänische Zugeständniß reducirt sich auf eine
bloße und pure Umstellung einiger Posten, auf eine reine Buchhaltereifrage,
während sich in dem wirklichen Sachverhalte nichts ändert". In gleicher Weise
lauteten die Erklärungen der "Berlingske Tidende". "Es handelt sich," sagte
sie in ihrer Nummer vom 14. August "nur um die Ungelegen!) eit, die für


sie nach Allem, was vorhergegangen war, °wis klar und unzweideutig fest¬
stehend ansehen, nämlich, daß ein Mißverständniß über das, was durch die
dänische Erklärung bezweckt werden sollte, nicht möglich war. Nicht darum,
aus welche Weise man Holstein den ihm zugedacht gewesenen Beitrag zu den
Ausgaben aufbürden, sondern daß ihm dieser Beitrag zu den Ausgaben, so
lange die Genehmigung der Stände nicht erlangt war, nicht aufgebürdet wer¬
den sollte: das war es. was Lord Loftus proponirt, Freiherr v. Schlcinitz
angenommen und der britische Staatssecretär der dänischen Regierung em¬
pfohlen hatte.

Dem Grafen Russell wie den Ministern von Preußen und Oestreich lag
in dieser Beziehung jedes Mißtrauen gegen die dänische Negierung so fern,
daß sie aus die, bei schärferer Betrachtung allerdings zweideutig erscheinende
Fassung, in welcher die dänische Regierung in der Depesche vom 29. Juli 1861
die gewünschte Erklärung abgab, nicht weiter aufmerksam wurden.

Die bezeichnete Erklärung lautet dort: „daß für das laufende Finanzjahr
der Zuschuß des Herzogthums Holstein aus seinen besondern Einnahmen zum
gemeinschaftlichen Budget der Monarchie vorläufig (provisorisch) auf die Quote
Holsteins an derjenigen Summe eingeschränkt werde, die in dem Normalbudget
vom 28. Februar 1856 als der den einzelnen Landestheilen aus den beson¬
dern Einnahmen derselben zu leistende Gesammt-Zuschuß aufgeführt ist." —

In London, in Berlin, Wien und Frankfurt nahm man diese Erklärung
für übereinstimmend mit dem, worüber der preußische und der englische Minister
sich verständigt hatten.

Hinterher erst ließ die dänische Negierung in ihren officiösen Organen
verlautbaren, daß sich die Sache wesentlich anders stelle, als der preußische und
östreichische Minister und selbst dänische Publicisten angenommen hatten. Durch
die in die dänische Erklärung eingeschobenen Worte „aus seinen besondern
Einnahmen" werde nämlich, hieß es, die übernommene Verpflichtung darauf
reducirt, den Beitrag Holsteins zu dem Budget für 1861 nicht aus feiner
besondern Kasse zu nehmen; nehme man statt dessen die Deckung des Budgets
aus dem vorhandenen allen Landestheilen gemeinschaftlichen Kassabchalt — der
durch die Beiträge aus den früheren Jahren zusammengebracht worden war
— so „werde Holstein nicht ein Schilling erlassen". „Es ist ein vollständiges
Mißverständniß," sagt „Dagbladet" in seiner Nummer vom 15. August „in
dem dänischen Zugeständnis) auch nur das geringste finanzielle Zugeständnis; zu
Gunsten Holsteins zu erblicken; das dänische Zugeständniß reducirt sich auf eine
bloße und pure Umstellung einiger Posten, auf eine reine Buchhaltereifrage,
während sich in dem wirklichen Sachverhalte nichts ändert". In gleicher Weise
lauteten die Erklärungen der „Berlingske Tidende". „Es handelt sich," sagte
sie in ihrer Nummer vom 14. August „nur um die Ungelegen!) eit, die für


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/52>, abgerufen am 27.11.2024.