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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Worten, daß man die Stadt niederbrennen müsse. Aber Fort Darling schlug
die föderalistische Flotte zurück, und Mac Clellcm übergab sein Kommando dem
Sumpf und der Seuche.

Allgemein bekannt ist, daß Nahrung und Kleidung jetzt im Süden hoch
im Preise stehen. Aber in Richmond kann man die ungeheure Theuerung aller
Artikel ebensosehr auf die Speculationen von betrügerischen Kaufleuten, als
auf den Mangel an Vorräthen zurückführen. Die Entwerthung des Papier¬
geldes hat ebenfalls ihre üble Wirkung gehabt, aber die Regierung der Con-
föderation nöthigt das Volk, ihre Noten zu Pari anzunehmen. Die Angabe,
daß föderalistische Noten oder, wie der Volksmund sie nennt "Grecnbacks" zu
Richmond mit Agio angenommen werden, ist häusig für falsch erklärt worden.
Die Sache hat aber ihre Nichtigkeit; denn nach dem Übereinkommen müssen
dieselben' unter allen Umständen eingelöst werden, während die Noten der
neuen Konföderation nur in dem Fall eingelöst werden, daß die Revolution siegt.

Unter solchen Umständen darf man sich nicht wundern, wenn im Anfange
des vorigen Jahres schon ein paar Stiefel hier nach preußischem Gelde zwanzig
bis fünfundzwanzig Thaler kosteten, das Pfund Kaffee mit circa zwei, das
Pfund schwarzer Thee mit zehn Thalern, das Yard gröbsten Baumwollenstoffs
mit zwanzig Silbergroschen bezahlt wurde, wenn Wein kaum noch zu erschwingen
war, spirituösen zwölfmal so theuer als sonst waren, und selbst Rindfleisch
und Eier außerordentlich hohe Preise erreichten.

Häufig geschieht es, daß Kaufleute, welche übertriebne Preise fordern, von
General Winters Polizei ins Gefängniß abgeführt werden. Aber die Har-
Phcn fahren fort, sich von der allgemeinen Noth zu mästen und gehen sehr
oft den Agenten der Negierung voraus auf das Land, um sie bei den Farmern,
bei Getreide- und Viehkäufern zu überbieten. Die Stadt wimmelt von armen,
ihres ganzen Eigenthums beraubten Leuten, von denen viele freiwillige Ver¬
bannte aus Maryland und Nordvirginien sind. Die Bewohner von Hampton,
welche ihre schöne Stadt lieber verbrennen, als sie zum Garnisonsort der
nördlichen Armeen werden ließen, liegen sowohl der Negierung als den Bür¬
gern Nichmonds zur Last, Es gibt ein Gesetz, welches die Beschäftigung
Fremder, die der Conföderation nicht den Eid der Treue geleistet haben, ver¬
bietet, und Fremde ohne Mittel haben keine andere Wahl, als sich für die
Armee anwerben zu lassen.

Niemals waren in Richmond selbst mehr als fünf Regimenter Soldaten
zu gleicher Zeit in Garnison. Aber jeder Staat hat ein Rendezvous, wohin
alle Briefschaften und sonstige Sendungen abgehen und wo Nachzügler und
Versprengte sich zusammenfinden. Trotz aller Vorsichtsmaßregeln kommen nicht
selten Diebstähle, Beraubungen und Schlägereien vor, und die Zahl der Pro-
stituirten hat eine Höhe erreicht, die schmerzliche Gedanken anregt.


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Worten, daß man die Stadt niederbrennen müsse. Aber Fort Darling schlug
die föderalistische Flotte zurück, und Mac Clellcm übergab sein Kommando dem
Sumpf und der Seuche.

Allgemein bekannt ist, daß Nahrung und Kleidung jetzt im Süden hoch
im Preise stehen. Aber in Richmond kann man die ungeheure Theuerung aller
Artikel ebensosehr auf die Speculationen von betrügerischen Kaufleuten, als
auf den Mangel an Vorräthen zurückführen. Die Entwerthung des Papier¬
geldes hat ebenfalls ihre üble Wirkung gehabt, aber die Regierung der Con-
föderation nöthigt das Volk, ihre Noten zu Pari anzunehmen. Die Angabe,
daß föderalistische Noten oder, wie der Volksmund sie nennt „Grecnbacks" zu
Richmond mit Agio angenommen werden, ist häusig für falsch erklärt worden.
Die Sache hat aber ihre Nichtigkeit; denn nach dem Übereinkommen müssen
dieselben' unter allen Umständen eingelöst werden, während die Noten der
neuen Konföderation nur in dem Fall eingelöst werden, daß die Revolution siegt.

Unter solchen Umständen darf man sich nicht wundern, wenn im Anfange
des vorigen Jahres schon ein paar Stiefel hier nach preußischem Gelde zwanzig
bis fünfundzwanzig Thaler kosteten, das Pfund Kaffee mit circa zwei, das
Pfund schwarzer Thee mit zehn Thalern, das Yard gröbsten Baumwollenstoffs
mit zwanzig Silbergroschen bezahlt wurde, wenn Wein kaum noch zu erschwingen
war, spirituösen zwölfmal so theuer als sonst waren, und selbst Rindfleisch
und Eier außerordentlich hohe Preise erreichten.

Häufig geschieht es, daß Kaufleute, welche übertriebne Preise fordern, von
General Winters Polizei ins Gefängniß abgeführt werden. Aber die Har-
Phcn fahren fort, sich von der allgemeinen Noth zu mästen und gehen sehr
oft den Agenten der Negierung voraus auf das Land, um sie bei den Farmern,
bei Getreide- und Viehkäufern zu überbieten. Die Stadt wimmelt von armen,
ihres ganzen Eigenthums beraubten Leuten, von denen viele freiwillige Ver¬
bannte aus Maryland und Nordvirginien sind. Die Bewohner von Hampton,
welche ihre schöne Stadt lieber verbrennen, als sie zum Garnisonsort der
nördlichen Armeen werden ließen, liegen sowohl der Negierung als den Bür¬
gern Nichmonds zur Last, Es gibt ein Gesetz, welches die Beschäftigung
Fremder, die der Conföderation nicht den Eid der Treue geleistet haben, ver¬
bietet, und Fremde ohne Mittel haben keine andere Wahl, als sich für die
Armee anwerben zu lassen.

Niemals waren in Richmond selbst mehr als fünf Regimenter Soldaten
zu gleicher Zeit in Garnison. Aber jeder Staat hat ein Rendezvous, wohin
alle Briefschaften und sonstige Sendungen abgehen und wo Nachzügler und
Versprengte sich zusammenfinden. Trotz aller Vorsichtsmaßregeln kommen nicht
selten Diebstähle, Beraubungen und Schlägereien vor, und die Zahl der Pro-
stituirten hat eine Höhe erreicht, die schmerzliche Gedanken anregt.


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[0503] Worten, daß man die Stadt niederbrennen müsse. Aber Fort Darling schlug die föderalistische Flotte zurück, und Mac Clellcm übergab sein Kommando dem Sumpf und der Seuche. Allgemein bekannt ist, daß Nahrung und Kleidung jetzt im Süden hoch im Preise stehen. Aber in Richmond kann man die ungeheure Theuerung aller Artikel ebensosehr auf die Speculationen von betrügerischen Kaufleuten, als auf den Mangel an Vorräthen zurückführen. Die Entwerthung des Papier¬ geldes hat ebenfalls ihre üble Wirkung gehabt, aber die Regierung der Con- föderation nöthigt das Volk, ihre Noten zu Pari anzunehmen. Die Angabe, daß föderalistische Noten oder, wie der Volksmund sie nennt „Grecnbacks" zu Richmond mit Agio angenommen werden, ist häusig für falsch erklärt worden. Die Sache hat aber ihre Nichtigkeit; denn nach dem Übereinkommen müssen dieselben' unter allen Umständen eingelöst werden, während die Noten der neuen Konföderation nur in dem Fall eingelöst werden, daß die Revolution siegt. Unter solchen Umständen darf man sich nicht wundern, wenn im Anfange des vorigen Jahres schon ein paar Stiefel hier nach preußischem Gelde zwanzig bis fünfundzwanzig Thaler kosteten, das Pfund Kaffee mit circa zwei, das Pfund schwarzer Thee mit zehn Thalern, das Yard gröbsten Baumwollenstoffs mit zwanzig Silbergroschen bezahlt wurde, wenn Wein kaum noch zu erschwingen war, spirituösen zwölfmal so theuer als sonst waren, und selbst Rindfleisch und Eier außerordentlich hohe Preise erreichten. Häufig geschieht es, daß Kaufleute, welche übertriebne Preise fordern, von General Winters Polizei ins Gefängniß abgeführt werden. Aber die Har- Phcn fahren fort, sich von der allgemeinen Noth zu mästen und gehen sehr oft den Agenten der Negierung voraus auf das Land, um sie bei den Farmern, bei Getreide- und Viehkäufern zu überbieten. Die Stadt wimmelt von armen, ihres ganzen Eigenthums beraubten Leuten, von denen viele freiwillige Ver¬ bannte aus Maryland und Nordvirginien sind. Die Bewohner von Hampton, welche ihre schöne Stadt lieber verbrennen, als sie zum Garnisonsort der nördlichen Armeen werden ließen, liegen sowohl der Negierung als den Bür¬ gern Nichmonds zur Last, Es gibt ein Gesetz, welches die Beschäftigung Fremder, die der Conföderation nicht den Eid der Treue geleistet haben, ver¬ bietet, und Fremde ohne Mittel haben keine andere Wahl, als sich für die Armee anwerben zu lassen. Niemals waren in Richmond selbst mehr als fünf Regimenter Soldaten zu gleicher Zeit in Garnison. Aber jeder Staat hat ein Rendezvous, wohin alle Briefschaften und sonstige Sendungen abgehen und wo Nachzügler und Versprengte sich zusammenfinden. Trotz aller Vorsichtsmaßregeln kommen nicht selten Diebstähle, Beraubungen und Schlägereien vor, und die Zahl der Pro- stituirten hat eine Höhe erreicht, die schmerzliche Gedanken anregt. 63*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/503>, abgerufen am 22.11.2024.