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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Tasche heraus, und als er fertig war. stieß er ein schallendes Freudengeschrei
<ins. sprang über einen breiten Graben und marschirte mit fürchterlich langen
Schritten nach der Stadt zurück."

Weniger günstig lautet das Urtheil über die Mehrzahl der Münster.
Leward. der begabteste von ihnen, hat sich als Politiker nicht bewährt und sich
durch sein Verhalten in der Trent-Angelegenheit. seine prophetischen Ausspruche
über das baldige Ende der Revolution und noch mehr durch sein wuhtigthuen-
sches Wesen vielfach lächerlich gemacht. Der Marineminister Wells ,se kein
Mann von Fach und würde in Europa nach dem Rufe der Eorruptiou. in dem er
steht, und nach den vielen Mißgriffen, die er gethan hat. längst seine Entlassung
erhalten haben. Der frühere Kriegsminister Cameron mußte abgesetzt werden,
da er erwiesenermaßen bei Gaunereien geholfen, durch welche der Staat um
Millionen beschwindelt worden war. Sein Nachfolger Staunton gilt für ehr¬
lich und ist ein energischer Charakter, vermag aber doch den kolossalen Betrü¬
gereien nicht zu steuern, welche in seinem Departement an der Tagesordnung
sind. Ebenfalls kein Fachmann, hat er in General Halleck. der ein in West¬
point gebildeter Offizier ist. aber vor Ausbruch der Revolution eine Advocatur
'n Californien betrieb, einen militärischen Rathgeber. welcher allgemein für
wenig befähigt gilt.

Wir schließen dieses Eapitel mit einigen Beispielen jener kolossalen Be¬
trügereien, welche unter den Augen des früheren Kriegsministers und des jetzigen
Marineministers gegen den Staatsschatz verübt und später vor dem Congreß
bloßgelegt wurden.

Ein gewisser Capitän Combstock war vom Marineministerium als Agent
bezeichnet worden, der beim Miethen und Kaufen von Schiffen Vertrauen
verdiene, und wie rechtfertigte er das Vertrauen des Herrn Wells? Er ließ
die Negierung das Dampfschiff "Catiline" auf drei Monate monatlich für
14.000 Dollars miethen, worauf er die Sache befreundeten Gasthofsbesitzern
und Advocaten mittheilte, welche das Fahrzeug für nur 28.000 Dollars
kauften.

Ein Mr. Starbuck kaufte als Regierungsagent zwei Schiffe für 9.000 Dol¬
lars, die er dann dem Staate für 20.000 verkaufte. Die Schiffe selbst fand
Man. als sie abgeliefert wurden, für den Dienst, zu dem sie bestimmt waren,
wollig untauglich.

Ein dritter Fall ist der des Kaufmanns Georg Morgan, den seine Ver-
schwägerung mit dem Marineminister plötzlich zum Regierungsagenten beim
Ankauf von Schiffen werden ließ, obwohl er von diesem Geschäft nichts ver¬
stand, und der in jener Eigenschaft binnen fünf Monaten die schöne Summe
von 130.000 Dollars verdiente. Alle Welt nimmt an. daß ein Theil dieser
Beute, und nicht der kleinste, in die Tasche des Herrn Schwagers mit dem


Tasche heraus, und als er fertig war. stieß er ein schallendes Freudengeschrei
<ins. sprang über einen breiten Graben und marschirte mit fürchterlich langen
Schritten nach der Stadt zurück."

Weniger günstig lautet das Urtheil über die Mehrzahl der Münster.
Leward. der begabteste von ihnen, hat sich als Politiker nicht bewährt und sich
durch sein Verhalten in der Trent-Angelegenheit. seine prophetischen Ausspruche
über das baldige Ende der Revolution und noch mehr durch sein wuhtigthuen-
sches Wesen vielfach lächerlich gemacht. Der Marineminister Wells ,se kein
Mann von Fach und würde in Europa nach dem Rufe der Eorruptiou. in dem er
steht, und nach den vielen Mißgriffen, die er gethan hat. längst seine Entlassung
erhalten haben. Der frühere Kriegsminister Cameron mußte abgesetzt werden,
da er erwiesenermaßen bei Gaunereien geholfen, durch welche der Staat um
Millionen beschwindelt worden war. Sein Nachfolger Staunton gilt für ehr¬
lich und ist ein energischer Charakter, vermag aber doch den kolossalen Betrü¬
gereien nicht zu steuern, welche in seinem Departement an der Tagesordnung
sind. Ebenfalls kein Fachmann, hat er in General Halleck. der ein in West¬
point gebildeter Offizier ist. aber vor Ausbruch der Revolution eine Advocatur
'n Californien betrieb, einen militärischen Rathgeber. welcher allgemein für
wenig befähigt gilt.

Wir schließen dieses Eapitel mit einigen Beispielen jener kolossalen Be¬
trügereien, welche unter den Augen des früheren Kriegsministers und des jetzigen
Marineministers gegen den Staatsschatz verübt und später vor dem Congreß
bloßgelegt wurden.

Ein gewisser Capitän Combstock war vom Marineministerium als Agent
bezeichnet worden, der beim Miethen und Kaufen von Schiffen Vertrauen
verdiene, und wie rechtfertigte er das Vertrauen des Herrn Wells? Er ließ
die Negierung das Dampfschiff „Catiline" auf drei Monate monatlich für
14.000 Dollars miethen, worauf er die Sache befreundeten Gasthofsbesitzern
und Advocaten mittheilte, welche das Fahrzeug für nur 28.000 Dollars
kauften.

Ein Mr. Starbuck kaufte als Regierungsagent zwei Schiffe für 9.000 Dol¬
lars, die er dann dem Staate für 20.000 verkaufte. Die Schiffe selbst fand
Man. als sie abgeliefert wurden, für den Dienst, zu dem sie bestimmt waren,
wollig untauglich.

Ein dritter Fall ist der des Kaufmanns Georg Morgan, den seine Ver-
schwägerung mit dem Marineminister plötzlich zum Regierungsagenten beim
Ankauf von Schiffen werden ließ, obwohl er von diesem Geschäft nichts ver¬
stand, und der in jener Eigenschaft binnen fünf Monaten die schöne Summe
von 130.000 Dollars verdiente. Alle Welt nimmt an. daß ein Theil dieser
Beute, und nicht der kleinste, in die Tasche des Herrn Schwagers mit dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/477>, abgerufen am 28.11.2024.