Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.,Bauer", wie man hier die Tagelöhner nennt und beantragte den ihm zu¬ Sehr gewandt zeigten sich die Polen in der Weise, wie sie die deutschen Der letzten Wahlhandlung ging die Hauptpredigt voran. Eine der merk¬ Er erzählte seinen Hörern, was die Juden einst gegen Antiochus gethan, Trotz alledem waren wenigstens die UrWähler nicht überall und nicht durch¬ Außer den Wahlen und ihrem Gefolge indem die Polen bekanntlich gar ,Bauer", wie man hier die Tagelöhner nennt und beantragte den ihm zu¬ Sehr gewandt zeigten sich die Polen in der Weise, wie sie die deutschen Der letzten Wahlhandlung ging die Hauptpredigt voran. Eine der merk¬ Er erzählte seinen Hörern, was die Juden einst gegen Antiochus gethan, Trotz alledem waren wenigstens die UrWähler nicht überall und nicht durch¬ Außer den Wahlen und ihrem Gefolge indem die Polen bekanntlich gar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0458" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187952"/> <p xml:id="ID_1665" prev="#ID_1664"> ,Bauer", wie man hier die Tagelöhner nennt und beantragte den ihm zu¬<lb/> gesicherten Morgen Land. Er war sehr niedergeschlagen, als man ihn mit<lb/> leeren Händen abziehen ließ. Ueberhaupt ist das Volk in der Auffassung der<lb/> ihm gemachten Vorspiegelungen sehr treuherzig. Der Landmann an der Orla,<lb/> der 1859 seinen Proceß verlor, sagte dem Richter: gut, aber nun wird der<lb/> Gorbaly (Buckelige) kommen, dann erhalten wir Alles wieder. Er meinte<lb/> Garibaldi. Noch besser gefiel mir aber der Format aus dem Kreise Wongro-<lb/> wicc. Ob seines Trunkes aus dem Dienste des deutschen Herrn gejagt, wider¬<lb/> setzt er sich, er werde sich nicht durch den Fremden von seiner eignen heiligen<lb/> großpolnischen Erde verdrängen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1666"> Sehr gewandt zeigten sich die Polen in der Weise, wie sie die deutschen<lb/> katholischen Wähler des fraustädter Kreises singen: da war Herr v. Chlavowski<lb/> auf einmal wieder preußischer Lieutenant. Zvliowski Kammerherr, und sie bemüh¬<lb/> ten sich glauben zu machen, es handle sich um den Gegensatz preußisch und<lb/> deutsch. Ein wackerer Müller war sehr überrascht, in den Deutschen die Preußen<lb/> zu finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1667"> Der letzten Wahlhandlung ging die Hauptpredigt voran. Eine der merk¬<lb/> würdigsten hat Probst Rymarkiewicz in Kozmin gehalten. Er ward denun-<lb/> cirt und zahlte deshalb SO Thlr. Strafe; ich glaube nicht, daß die andern<lb/> milder redeten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1668"> Er erzählte seinen Hörern, was die Juden einst gegen Antiochus gethan,<lb/> verrieth ihnen, daß sie von tausend Antiochus bedroht seien, und machte nun<lb/> die erbauliche Anwendung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1669"> Trotz alledem waren wenigstens die UrWähler nicht überall und nicht durch¬<lb/> aus nach Wunsch. Wie das Volk Gegensätze scharf auffaßt, so ist an vielen<lb/> Wahltischen das Wort gehört worden: ,,0diei'g,in lliiMsuiejWeFo<lb/> rriego" — ich wähle Se. Majestät den König. In solchen Fällen lohnte der<lb/> Kurbacz und die Dienstentlassung. „Laßt Euch vom König die Mühle ver¬<lb/> pachten." „Hütet dem König die Schafe." Bei Deutschen wurde mit der<lb/> Entlassung Ernst gemacht. Polen kamen mit Hieben und dem Schrecken<lb/> davon.</p><lb/> <p xml:id="ID_1670"> Außer den Wahlen und ihrem Gefolge indem die Polen bekanntlich gar<lb/> drollige Opposilionsmittcl. Das erste sind die Lieder. Sie haben deren eine<lb/> große Zahl, weich, schwärmerisch, ziemlich eintönig. Auch die besten erheben<lb/> sich nicht bis zu der Höhe von Grün und Herwegh, geschweige denn zu der<lb/> von Arndt und Schenkcndorf. Die gewöhnlich gesungenen sind alt. Voran<lb/> steht das „Böse". Graf Montalembert ist nie zu so tiefer Andacht gestimmt<lb/> worden, als da er diesen Gesang hörte. Armer Graf! es ist die Melodie<lb/> eines evangelischen Liedes aus der allernüchternsten Zeit, die Melodie von<lb/> — Wilschels Vaterunser. Doch hier ist das Lied.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0458]
,Bauer", wie man hier die Tagelöhner nennt und beantragte den ihm zu¬
gesicherten Morgen Land. Er war sehr niedergeschlagen, als man ihn mit
leeren Händen abziehen ließ. Ueberhaupt ist das Volk in der Auffassung der
ihm gemachten Vorspiegelungen sehr treuherzig. Der Landmann an der Orla,
der 1859 seinen Proceß verlor, sagte dem Richter: gut, aber nun wird der
Gorbaly (Buckelige) kommen, dann erhalten wir Alles wieder. Er meinte
Garibaldi. Noch besser gefiel mir aber der Format aus dem Kreise Wongro-
wicc. Ob seines Trunkes aus dem Dienste des deutschen Herrn gejagt, wider¬
setzt er sich, er werde sich nicht durch den Fremden von seiner eignen heiligen
großpolnischen Erde verdrängen lassen.
Sehr gewandt zeigten sich die Polen in der Weise, wie sie die deutschen
katholischen Wähler des fraustädter Kreises singen: da war Herr v. Chlavowski
auf einmal wieder preußischer Lieutenant. Zvliowski Kammerherr, und sie bemüh¬
ten sich glauben zu machen, es handle sich um den Gegensatz preußisch und
deutsch. Ein wackerer Müller war sehr überrascht, in den Deutschen die Preußen
zu finden.
Der letzten Wahlhandlung ging die Hauptpredigt voran. Eine der merk¬
würdigsten hat Probst Rymarkiewicz in Kozmin gehalten. Er ward denun-
cirt und zahlte deshalb SO Thlr. Strafe; ich glaube nicht, daß die andern
milder redeten.
Er erzählte seinen Hörern, was die Juden einst gegen Antiochus gethan,
verrieth ihnen, daß sie von tausend Antiochus bedroht seien, und machte nun
die erbauliche Anwendung.
Trotz alledem waren wenigstens die UrWähler nicht überall und nicht durch¬
aus nach Wunsch. Wie das Volk Gegensätze scharf auffaßt, so ist an vielen
Wahltischen das Wort gehört worden: ,,0diei'g,in lliiMsuiejWeFo
rriego" — ich wähle Se. Majestät den König. In solchen Fällen lohnte der
Kurbacz und die Dienstentlassung. „Laßt Euch vom König die Mühle ver¬
pachten." „Hütet dem König die Schafe." Bei Deutschen wurde mit der
Entlassung Ernst gemacht. Polen kamen mit Hieben und dem Schrecken
davon.
Außer den Wahlen und ihrem Gefolge indem die Polen bekanntlich gar
drollige Opposilionsmittcl. Das erste sind die Lieder. Sie haben deren eine
große Zahl, weich, schwärmerisch, ziemlich eintönig. Auch die besten erheben
sich nicht bis zu der Höhe von Grün und Herwegh, geschweige denn zu der
von Arndt und Schenkcndorf. Die gewöhnlich gesungenen sind alt. Voran
steht das „Böse". Graf Montalembert ist nie zu so tiefer Andacht gestimmt
worden, als da er diesen Gesang hörte. Armer Graf! es ist die Melodie
eines evangelischen Liedes aus der allernüchternsten Zeit, die Melodie von
— Wilschels Vaterunser. Doch hier ist das Lied.
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