Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.Der Gemeinde Fraustadt ward die Genehmigung zum Bau einer Kirche Den Evangelischen von Gr.-Drensen erlaubte die Grundherrschaft, selbst Da die Verfolgungen mehr gegen die Städte gerichtet waren, als gegen Mit geringem Glück hat die preußische Negierung einen vorübergehenden Der Gemeinde Fraustadt ward die Genehmigung zum Bau einer Kirche Den Evangelischen von Gr.-Drensen erlaubte die Grundherrschaft, selbst Da die Verfolgungen mehr gegen die Städte gerichtet waren, als gegen Mit geringem Glück hat die preußische Negierung einen vorübergehenden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0276" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187770"/> <p xml:id="ID_1056"> Der Gemeinde Fraustadt ward die Genehmigung zum Bau einer Kirche<lb/> unter der Bedingung ertheilt, daß selbige weder in der Stadt, noch in der<lb/> Borstadt flehe. Die Bürger erwarben zwei Häuser, welche eines von innen,<lb/> das andere von außen an die Stadtmauer stießen und vereinigten sie ungestraft<lb/> zum „Kripplein Christi".</p><lb/> <p xml:id="ID_1057"> Den Evangelischen von Gr.-Drensen erlaubte die Grundherrschaft, selbst<lb/> nur zur Härte gezwungen, in ihrer baufälligen Kirche weiter zu beten, aber<lb/> Restauration und Neubau wurden verboten. Die Evangelischen umbauten dar¬<lb/> auf das morsche Gotteshaus und überbauten es, hielten sich aber treulich inner¬<lb/> halb der vorgeschriebenen Grenzen. Der Fürst schützte sie dabei, mußte aber<lb/> zuletzt doch den Spruch des Bischofs von Posen anerkennen. Vor diesem er¬<lb/> schienen die Boten beider Parteien, ein Pole und ein Deutscher. Das Er¬<lb/> kenntniß sprach den zur Kirche gewordenen Umbau der Confession zu, deren<lb/> Gesandter zuerst heimkehrte. — Der Deutsche hat gesiegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1058"> Da die Verfolgungen mehr gegen die Städte gerichtet waren, als gegen<lb/> die Dörfer, da sie nicht der Nationalität, sondern dem Bekenntniß galten und<lb/> dieses unter dem Adel immer noch — wie selbst bis in die neuesten Zeiten —<lb/> einige Anhänger hatte, so versiegte der Strom der deutschen Einwanderung<lb/> nicht. Es gab noch Sümpfe trocken zu legen, Wälder auszuroden, Urlaub zu<lb/> cultiviren; folglich brauchte man auch den Deutschen noch. Sodann war es für<lb/> die an Land überreichen, an Geld stets armen, desselben immer bedürftigen<lb/> Magnaten gar bequem, Zinsbauern zu haben. Auf das Verhältniß einer<lb/> Ackerverzinsung verstand sich der gemeine Pole nicht; zudem war er ein schlechter<lb/> Zahler. Also deutsche Arbeitskraft und deutscher Fleiß thaten Noth. Diesen<lb/> Umständen verdanken unsere Hauländereien (Holländereien, olvnckr^) ihr Dasein,<lb/> welche um die Mitte und gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts ent¬<lb/> standen und, wie der Name andeutet, auf ausgehauenen und ausgerotteten Wäldern<lb/> angesetzt wurden. Sie erhielten entweder einen bestimmten Walddistrict nach<lb/> Hufen zugemessen, oder es wurde ihnen freigelassen, sich erst die stipulirte<lb/> Zahl von Hufen auszuroden. Je nach der Bodenbeschaffenheit in einem oder<lb/> mehreren Stücken erhielt der Colonist sein Theil, meist mit dem Holz zur Um-<lb/> zäunung und führte seine Gebäude in der Mitte seines Grundstücks auf. Da¬<lb/> rum sind geschlossene Hauländereien bei uns Ausnahme, und die Regellosigkeit<lb/> ihrer Anlage zum Theil jetzt noch mitten im Walde ist die Regel. Zur Zeit<lb/> der preußischen Occupation waren ihrer vierhundert, davon viele wegen der<lb/> Rechtsunsicherheit zur Zeit der Gründung in schwierigem Proceß mit ihrem<lb/> Grundherrn. Zu suchen haben wir sie vornehmlich in den polnischen Kreisen:<lb/> Buel, Kosten, Sabrina, Schroda, Wreschen; doch kommen sie auch sonst,<lb/> selbst in Bomst, Meseritz und Birnbaum vor.</p><lb/> <p xml:id="ID_1059" next="#ID_1060"> Mit geringem Glück hat die preußische Negierung einen vorübergehenden</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0276]
Der Gemeinde Fraustadt ward die Genehmigung zum Bau einer Kirche
unter der Bedingung ertheilt, daß selbige weder in der Stadt, noch in der
Borstadt flehe. Die Bürger erwarben zwei Häuser, welche eines von innen,
das andere von außen an die Stadtmauer stießen und vereinigten sie ungestraft
zum „Kripplein Christi".
Den Evangelischen von Gr.-Drensen erlaubte die Grundherrschaft, selbst
nur zur Härte gezwungen, in ihrer baufälligen Kirche weiter zu beten, aber
Restauration und Neubau wurden verboten. Die Evangelischen umbauten dar¬
auf das morsche Gotteshaus und überbauten es, hielten sich aber treulich inner¬
halb der vorgeschriebenen Grenzen. Der Fürst schützte sie dabei, mußte aber
zuletzt doch den Spruch des Bischofs von Posen anerkennen. Vor diesem er¬
schienen die Boten beider Parteien, ein Pole und ein Deutscher. Das Er¬
kenntniß sprach den zur Kirche gewordenen Umbau der Confession zu, deren
Gesandter zuerst heimkehrte. — Der Deutsche hat gesiegt.
Da die Verfolgungen mehr gegen die Städte gerichtet waren, als gegen
die Dörfer, da sie nicht der Nationalität, sondern dem Bekenntniß galten und
dieses unter dem Adel immer noch — wie selbst bis in die neuesten Zeiten —
einige Anhänger hatte, so versiegte der Strom der deutschen Einwanderung
nicht. Es gab noch Sümpfe trocken zu legen, Wälder auszuroden, Urlaub zu
cultiviren; folglich brauchte man auch den Deutschen noch. Sodann war es für
die an Land überreichen, an Geld stets armen, desselben immer bedürftigen
Magnaten gar bequem, Zinsbauern zu haben. Auf das Verhältniß einer
Ackerverzinsung verstand sich der gemeine Pole nicht; zudem war er ein schlechter
Zahler. Also deutsche Arbeitskraft und deutscher Fleiß thaten Noth. Diesen
Umständen verdanken unsere Hauländereien (Holländereien, olvnckr^) ihr Dasein,
welche um die Mitte und gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts ent¬
standen und, wie der Name andeutet, auf ausgehauenen und ausgerotteten Wäldern
angesetzt wurden. Sie erhielten entweder einen bestimmten Walddistrict nach
Hufen zugemessen, oder es wurde ihnen freigelassen, sich erst die stipulirte
Zahl von Hufen auszuroden. Je nach der Bodenbeschaffenheit in einem oder
mehreren Stücken erhielt der Colonist sein Theil, meist mit dem Holz zur Um-
zäunung und führte seine Gebäude in der Mitte seines Grundstücks auf. Da¬
rum sind geschlossene Hauländereien bei uns Ausnahme, und die Regellosigkeit
ihrer Anlage zum Theil jetzt noch mitten im Walde ist die Regel. Zur Zeit
der preußischen Occupation waren ihrer vierhundert, davon viele wegen der
Rechtsunsicherheit zur Zeit der Gründung in schwierigem Proceß mit ihrem
Grundherrn. Zu suchen haben wir sie vornehmlich in den polnischen Kreisen:
Buel, Kosten, Sabrina, Schroda, Wreschen; doch kommen sie auch sonst,
selbst in Bomst, Meseritz und Birnbaum vor.
Mit geringem Glück hat die preußische Negierung einen vorübergehenden
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