Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.Vogt, Kapp. Schurz und einige andere Deutschamerikaner, die hier nicht mit¬ Sachwalter und Rechtsgelehrte bei Griechen und Römern. Die staatlichen Verhältnisse nicht blos, sondern auch die Art der Gerichts¬ Grenzboten I. lSK3, 3
Vogt, Kapp. Schurz und einige andere Deutschamerikaner, die hier nicht mit¬ Sachwalter und Rechtsgelehrte bei Griechen und Römern. Die staatlichen Verhältnisse nicht blos, sondern auch die Art der Gerichts¬ Grenzboten I. lSK3, 3
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0025" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187519"/> <p xml:id="ID_57" prev="#ID_56"> Vogt, Kapp. Schurz und einige andere Deutschamerikaner, die hier nicht mit¬<lb/> zählen, weil die transatlantische Politik sie ganz hingenommen hat — eine<lb/> verschwindende Minderheit also, die keinerlei Ausschlag geben kann. Um wie viel<lb/> sind den Flüchtlingen die Daheimgebliebenen also überlegen an Uebung, Ge¬<lb/> schick und öffentlichem Vertrauen! um wie viel vor Allein an politischer Jugend-<lb/> kraft, die ihres Erfolges gewiß ist! Das Deficit in diesem Punkte reicht allein<lb/> hin, selbst die unheilbaren Revolutionäre unter unseren Flüchtlingen für die<lb/> Reformpartei zu sehr ungefährlichen Rivalen zu machen. Sehen wir doch auch an<lb/> vielen von unseren eigenen alten Parteigenossen von 1848 und der vormärz¬<lb/> lichen Zeit, daß ihr Mangel an praktischem Idealismus ihnen nicht erlaubt,<lb/> mit jüngeren Genossen gleichen Schritt zu halten. Wer unter ihnen von dieser<lb/> welthistorischen Art Idealismus nicht einen ganz besonders unerschöpflichen Fonds<lb/> hatte, der hat ihn damals zugesetzt, und vermag jetzt, wo es aufs Neue zu<lb/> hoffen, zu streben und zu kämpfen gilt, nur noch kümmerliche Reste auszutrei¬<lb/> ben. Es ist nicht denkbar, daß dies bei den ausgewanderten Achtundvierzigern<lb/> wesentlich anders sei als bei den zu Hause gebliebenen; höchstens daß die<lb/> natürliche Sehnsucht des Verbannten sich und Andere im einzelnen Fall darüber<lb/> täuschen mag.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Sachwalter und Rechtsgelehrte bei Griechen und Römern.</head><lb/> <p xml:id="ID_58" next="#ID_59"> Die staatlichen Verhältnisse nicht blos, sondern auch die Art der Gerichts¬<lb/> pflege waren in Athen der Bildung eines Juristenstandes höchst ungünstig.<lb/> Nachdem die Ausübung der Jurisdiktion völlig in die Hände des Volkes über¬<lb/> gegangen war, sanken die Behörden selbst beinahe zu bloßen Jnstruenten, Prä¬<lb/> sidenten und Executoren der Volksgerichte herab, und bei dem jährlichen Wech¬<lb/> sel der Beamten wird wohl oft, wie es auch in Rom vorzukommen Pflegte,<lb/> mehr Kenntniß des Rechts und der Gesetze bei den Schreibern und Dienern<lb/> der Kanzleien als bei den Magistraten zu finden gewesen sein. Außerdem<lb/> hätte auch ein ausschließliches Studium des Rechts trotz der Proceßsucht, die<lb/> unter den Athenern herrschte, kaum seine Früchte für die Praxis und für die<lb/> Mitbürger tragen können, da das Gesetz verlangte, daß Jeder seine Sache vor</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. lSK3, 3</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0025]
Vogt, Kapp. Schurz und einige andere Deutschamerikaner, die hier nicht mit¬
zählen, weil die transatlantische Politik sie ganz hingenommen hat — eine
verschwindende Minderheit also, die keinerlei Ausschlag geben kann. Um wie viel
sind den Flüchtlingen die Daheimgebliebenen also überlegen an Uebung, Ge¬
schick und öffentlichem Vertrauen! um wie viel vor Allein an politischer Jugend-
kraft, die ihres Erfolges gewiß ist! Das Deficit in diesem Punkte reicht allein
hin, selbst die unheilbaren Revolutionäre unter unseren Flüchtlingen für die
Reformpartei zu sehr ungefährlichen Rivalen zu machen. Sehen wir doch auch an
vielen von unseren eigenen alten Parteigenossen von 1848 und der vormärz¬
lichen Zeit, daß ihr Mangel an praktischem Idealismus ihnen nicht erlaubt,
mit jüngeren Genossen gleichen Schritt zu halten. Wer unter ihnen von dieser
welthistorischen Art Idealismus nicht einen ganz besonders unerschöpflichen Fonds
hatte, der hat ihn damals zugesetzt, und vermag jetzt, wo es aufs Neue zu
hoffen, zu streben und zu kämpfen gilt, nur noch kümmerliche Reste auszutrei¬
ben. Es ist nicht denkbar, daß dies bei den ausgewanderten Achtundvierzigern
wesentlich anders sei als bei den zu Hause gebliebenen; höchstens daß die
natürliche Sehnsucht des Verbannten sich und Andere im einzelnen Fall darüber
täuschen mag.
Sachwalter und Rechtsgelehrte bei Griechen und Römern.
Die staatlichen Verhältnisse nicht blos, sondern auch die Art der Gerichts¬
pflege waren in Athen der Bildung eines Juristenstandes höchst ungünstig.
Nachdem die Ausübung der Jurisdiktion völlig in die Hände des Volkes über¬
gegangen war, sanken die Behörden selbst beinahe zu bloßen Jnstruenten, Prä¬
sidenten und Executoren der Volksgerichte herab, und bei dem jährlichen Wech¬
sel der Beamten wird wohl oft, wie es auch in Rom vorzukommen Pflegte,
mehr Kenntniß des Rechts und der Gesetze bei den Schreibern und Dienern
der Kanzleien als bei den Magistraten zu finden gewesen sein. Außerdem
hätte auch ein ausschließliches Studium des Rechts trotz der Proceßsucht, die
unter den Athenern herrschte, kaum seine Früchte für die Praxis und für die
Mitbürger tragen können, da das Gesetz verlangte, daß Jeder seine Sache vor
Grenzboten I. lSK3, 3
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