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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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fast nichts hervorbringen, und we> sind die Elemente einer solchen Kolonisation?
Die Mer/,caner, wahrlich schlechte Repräsentanten der lateinischen Race, sind
Mischlinge von Spaniern und Indianern, welche, durch Anarchie und Pfaffenthum
auf den niedrigsten Bildungsgrad herabgedrückt, aus der französischen Occupa-
tion einen Vorwand zu forlwäkrendem Guerillakrieg und Räubereien machen
werden. Für Europäer eignet sich das Klima nicht und am wenigsten für die
Franzosen, welche nickt einmal mit der Kolonisation Algiers vorwärts kommen.
Aus allen diesen Umständen erklärt es sich gewiß hinreichend, daß die Engländer
mit Vergnügen sehen, wie der Kaiser sich immer tiefer in eine Angelegenheit
verwickelt, die ihm keinen Gewinn bringt und die Geld- wie Militärkräste Frank¬
reichs um so mehr in Anspruch nehmen muß, als die mexicanische Frage die
amerikanische einst unvermeidlich berühren wird. Mag auch Herr Drouin de
Lhuys sich vorläufig bei dem Fehlschlagen der Vermittelung beruhigen, die Con-
nexität beider Angelegenheiten muß früher oder später zu einer Intervention zu
Gunsten des Südens führen. Der Brief des Kaisers an den General Forer)
gibt auch dafür mannigfache Anhaltepunkte. Diesen bedrohlichen Aussichten
gegenüber haben die im Gelbbuch mitgetheilten Documente über die Mißver¬
ständnisse mit England und Spanien nur ein relrospectives Interesse, zumal
mit keinem der beiden Länder daraus ernstere Verwickelungen hervorgegangen
sind. Aus den letzten Verbalnoten, die mit Spanien gewechselt sind, geht
übrigens hervor, daß Napoleon die Hülfe seines früher" Bundesgenossen jetzt
nicht will, indem er am 1. December erklärt, er werde England und Spanien
zur Theilnahme an den Verhandlungen mit Mexico einladen -- "clös quo la
rilra-so clos oxeratioirs miliwiros sorg. termin6o." -- Während Frankreich also
im Westen kämpft "xour ronSrs ä la rsov lative, So I'fuere est6 6e 1'0c6so
8a toieo et son pi-ektiZo" ist England im Osten nicht müßig gewesen und hat
sowohl in den serbisch-montenegrinischen Angelegenheiten, wie in der griechischen
Frage große Vortheile errungen.

Am ausführlichsten behandelt das Gelbbuch die serbischen Angelegenheiten,
weil in der That die geschickte Politik des französischen Botschafters und des
Generalconsuls in Belgrad wesentlich zum Abschluß der Convention vom
8. September beigetragen haben, welche dem Fürstenthume immerhin wichtige
neue Rechte sichert. Weniger Grund dagegen hat die französische Regie¬
rung, sich eingehend über Griechenland auszulassen, und in der That fin¬
den wir in dem Buche auch nur die bereits bekannte Circulardepesche vom
4. December v. I.. welche die Ansichten des Tuileriencabinets zusammenfaßt
und nach der Erneuerung des Londoner Protokolls von 1830 ein mehr pla¬
tonisches Interesse für Griechenland zeigt. In der That hat Palmerston durch
seinen großen Schachzug rin den ionischen Inseln die beiden andern Schutz¬
mächte vollkommen aus dein Felde geschlagen und wer auch immer den Schwein-


fast nichts hervorbringen, und we> sind die Elemente einer solchen Kolonisation?
Die Mer/,caner, wahrlich schlechte Repräsentanten der lateinischen Race, sind
Mischlinge von Spaniern und Indianern, welche, durch Anarchie und Pfaffenthum
auf den niedrigsten Bildungsgrad herabgedrückt, aus der französischen Occupa-
tion einen Vorwand zu forlwäkrendem Guerillakrieg und Räubereien machen
werden. Für Europäer eignet sich das Klima nicht und am wenigsten für die
Franzosen, welche nickt einmal mit der Kolonisation Algiers vorwärts kommen.
Aus allen diesen Umständen erklärt es sich gewiß hinreichend, daß die Engländer
mit Vergnügen sehen, wie der Kaiser sich immer tiefer in eine Angelegenheit
verwickelt, die ihm keinen Gewinn bringt und die Geld- wie Militärkräste Frank¬
reichs um so mehr in Anspruch nehmen muß, als die mexicanische Frage die
amerikanische einst unvermeidlich berühren wird. Mag auch Herr Drouin de
Lhuys sich vorläufig bei dem Fehlschlagen der Vermittelung beruhigen, die Con-
nexität beider Angelegenheiten muß früher oder später zu einer Intervention zu
Gunsten des Südens führen. Der Brief des Kaisers an den General Forer)
gibt auch dafür mannigfache Anhaltepunkte. Diesen bedrohlichen Aussichten
gegenüber haben die im Gelbbuch mitgetheilten Documente über die Mißver¬
ständnisse mit England und Spanien nur ein relrospectives Interesse, zumal
mit keinem der beiden Länder daraus ernstere Verwickelungen hervorgegangen
sind. Aus den letzten Verbalnoten, die mit Spanien gewechselt sind, geht
übrigens hervor, daß Napoleon die Hülfe seines früher» Bundesgenossen jetzt
nicht will, indem er am 1. December erklärt, er werde England und Spanien
zur Theilnahme an den Verhandlungen mit Mexico einladen — „clös quo la
rilra-so clos oxeratioirs miliwiros sorg. termin6o." — Während Frankreich also
im Westen kämpft „xour ronSrs ä la rsov lative, So I'fuere est6 6e 1'0c6so
8a toieo et son pi-ektiZo" ist England im Osten nicht müßig gewesen und hat
sowohl in den serbisch-montenegrinischen Angelegenheiten, wie in der griechischen
Frage große Vortheile errungen.

Am ausführlichsten behandelt das Gelbbuch die serbischen Angelegenheiten,
weil in der That die geschickte Politik des französischen Botschafters und des
Generalconsuls in Belgrad wesentlich zum Abschluß der Convention vom
8. September beigetragen haben, welche dem Fürstenthume immerhin wichtige
neue Rechte sichert. Weniger Grund dagegen hat die französische Regie¬
rung, sich eingehend über Griechenland auszulassen, und in der That fin¬
den wir in dem Buche auch nur die bereits bekannte Circulardepesche vom
4. December v. I.. welche die Ansichten des Tuileriencabinets zusammenfaßt
und nach der Erneuerung des Londoner Protokolls von 1830 ein mehr pla¬
tonisches Interesse für Griechenland zeigt. In der That hat Palmerston durch
seinen großen Schachzug rin den ionischen Inseln die beiden andern Schutz¬
mächte vollkommen aus dein Felde geschlagen und wer auch immer den Schwein-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/228>, abgerufen am 22.11.2024.