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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Iunkerthum in seinem modernen Costüm. Nicht in dem gegenwärtigen Streite
liegt das Unerträgliche für Preußen und die größte Gefahr für sein Fürstenhaus,
sondern in der Art, wie dieser Streit beendigt wird. Der Staat der Hohen-
zollern ist gerettet und gesichert, wenn der Streit mit einer gründlichen Nieder¬
lage der alten Velleitäten und mit einem glorreichen Siege des Liberalismus
endigt. Ein fauler Friede, eine halbe Versöhnung werden das acute Fieber in
eine chronische, schleichende Krankheit verwandeln. Und offen muß ausgesprochen
werden, die Zukunft Preußens und seiner Dynastie hängen davon ab, daß der
nächste Umschlag in der Umgebung der Krone die Ursachen des alten Leidens
gründlich beseitige. Ein König von Preußen, der Stiller des Kampfes wer¬
den will, darf nicht mehr die gemüthliche Duldsamkeit und die Verschleppungs¬
theorie für genügend halten, welche nicht wenigen unserer altliberalen Patrioten
das Versöhnende scheint. Es sind scharfe Schnitte, gründliche Reformen noth¬
wendig geworden. Diese Nothwendigkeit aber der Regierung eindringlich und
unvermeidlich zu - machen, ist jetzt die höchste patriotische Pflicht der Volks¬
vertreter.

Das erste Mittel dazu, welches den Volksvertretern durch das Gesetz an
die Hand gegeben wird, ist eine Adresse, welche in ehrerbietiger Form Alles
sagt, was das Volk jetzt seinem König zu klagen hat. Wenn es möglich
wäre, daß die altliberalen Fractionen in der Kammer sich gegen eine solche
Adresse erklärten, oder wenn sie durch fortgesetztes Bemängeln des Wortlautes
und durch Verlängerung der Verhandlungen dieselbe abschwächten, sie würden
eine Schuld aus sich laden, welche die Deutschen, wie die Preußen ihnen schwer¬
lich vergessen würden.

Wenn jemals eine Adresse in Preußen nöthig war, so ist sie es jetzt, und
die Abgeordneten mögen daran denken, daß die Wirkung derselben in Preußen
selbst und im Auslande um so größer sein wird, je mehr lange Verhandlungen
vermieden werden, je cinmüthiger die Annahme derselben durch die Volksver¬
H. tretung wird.






Verantwortlicher Redacteur: öl-. Moritz Busch.
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Perlag von F. L, Her dig- -- Druck von C, E, Elbert in Leipzig,

Iunkerthum in seinem modernen Costüm. Nicht in dem gegenwärtigen Streite
liegt das Unerträgliche für Preußen und die größte Gefahr für sein Fürstenhaus,
sondern in der Art, wie dieser Streit beendigt wird. Der Staat der Hohen-
zollern ist gerettet und gesichert, wenn der Streit mit einer gründlichen Nieder¬
lage der alten Velleitäten und mit einem glorreichen Siege des Liberalismus
endigt. Ein fauler Friede, eine halbe Versöhnung werden das acute Fieber in
eine chronische, schleichende Krankheit verwandeln. Und offen muß ausgesprochen
werden, die Zukunft Preußens und seiner Dynastie hängen davon ab, daß der
nächste Umschlag in der Umgebung der Krone die Ursachen des alten Leidens
gründlich beseitige. Ein König von Preußen, der Stiller des Kampfes wer¬
den will, darf nicht mehr die gemüthliche Duldsamkeit und die Verschleppungs¬
theorie für genügend halten, welche nicht wenigen unserer altliberalen Patrioten
das Versöhnende scheint. Es sind scharfe Schnitte, gründliche Reformen noth¬
wendig geworden. Diese Nothwendigkeit aber der Regierung eindringlich und
unvermeidlich zu - machen, ist jetzt die höchste patriotische Pflicht der Volks¬
vertreter.

Das erste Mittel dazu, welches den Volksvertretern durch das Gesetz an
die Hand gegeben wird, ist eine Adresse, welche in ehrerbietiger Form Alles
sagt, was das Volk jetzt seinem König zu klagen hat. Wenn es möglich
wäre, daß die altliberalen Fractionen in der Kammer sich gegen eine solche
Adresse erklärten, oder wenn sie durch fortgesetztes Bemängeln des Wortlautes
und durch Verlängerung der Verhandlungen dieselbe abschwächten, sie würden
eine Schuld aus sich laden, welche die Deutschen, wie die Preußen ihnen schwer¬
lich vergessen würden.

Wenn jemals eine Adresse in Preußen nöthig war, so ist sie es jetzt, und
die Abgeordneten mögen daran denken, daß die Wirkung derselben in Preußen
selbst und im Auslande um so größer sein wird, je mehr lange Verhandlungen
vermieden werden, je cinmüthiger die Annahme derselben durch die Volksver¬
H. tretung wird.






Verantwortlicher Redacteur: öl-. Moritz Busch.
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[0128] Iunkerthum in seinem modernen Costüm. Nicht in dem gegenwärtigen Streite liegt das Unerträgliche für Preußen und die größte Gefahr für sein Fürstenhaus, sondern in der Art, wie dieser Streit beendigt wird. Der Staat der Hohen- zollern ist gerettet und gesichert, wenn der Streit mit einer gründlichen Nieder¬ lage der alten Velleitäten und mit einem glorreichen Siege des Liberalismus endigt. Ein fauler Friede, eine halbe Versöhnung werden das acute Fieber in eine chronische, schleichende Krankheit verwandeln. Und offen muß ausgesprochen werden, die Zukunft Preußens und seiner Dynastie hängen davon ab, daß der nächste Umschlag in der Umgebung der Krone die Ursachen des alten Leidens gründlich beseitige. Ein König von Preußen, der Stiller des Kampfes wer¬ den will, darf nicht mehr die gemüthliche Duldsamkeit und die Verschleppungs¬ theorie für genügend halten, welche nicht wenigen unserer altliberalen Patrioten das Versöhnende scheint. Es sind scharfe Schnitte, gründliche Reformen noth¬ wendig geworden. Diese Nothwendigkeit aber der Regierung eindringlich und unvermeidlich zu - machen, ist jetzt die höchste patriotische Pflicht der Volks¬ vertreter. Das erste Mittel dazu, welches den Volksvertretern durch das Gesetz an die Hand gegeben wird, ist eine Adresse, welche in ehrerbietiger Form Alles sagt, was das Volk jetzt seinem König zu klagen hat. Wenn es möglich wäre, daß die altliberalen Fractionen in der Kammer sich gegen eine solche Adresse erklärten, oder wenn sie durch fortgesetztes Bemängeln des Wortlautes und durch Verlängerung der Verhandlungen dieselbe abschwächten, sie würden eine Schuld aus sich laden, welche die Deutschen, wie die Preußen ihnen schwer¬ lich vergessen würden. Wenn jemals eine Adresse in Preußen nöthig war, so ist sie es jetzt, und die Abgeordneten mögen daran denken, daß die Wirkung derselben in Preußen selbst und im Auslande um so größer sein wird, je mehr lange Verhandlungen vermieden werden, je cinmüthiger die Annahme derselben durch die Volksver¬ H. tretung wird. Verantwortlicher Redacteur: öl-. Moritz Busch. N5ttjt'/t<<inde5 5nz-l»«tchZ' Iles lo< et?Snj'M'-6ü idlits i>!>< et',Sbchs> Perlag von F. L, Her dig- — Druck von C, E, Elbert in Leipzig,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/128>, abgerufen am 28.11.2024.