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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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Der Briefwechsel zwischen Goethe und Karl August.

Briefwechsel des Großherzogs Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach mit Goethe
in deu Jahren von 1775 bis 1828. Zwei Bände. Weimar, Lcmdcs-
Jndustrie-Comptoir. 18V3.

So wäre denn endlich auch hier der Vorhang weggezogen, und zwar zu¬
nächst durch den "anregenden Hochsinn" des regierenden Grohherzogs von Wei¬
mar, wie die Vorrede meldet. Aufrichtiger Dank dafür dem fürstlichen Herrn,
der seinem Großvater hiermit ein schönes Denkmal gestiftet hat.

Desgleichen unsere dankbare Anerkennung den Herren Gebrüdern v. Goethe,
doch hier mit der Hoffnung und dem Wunsche, daß denselben nunmehr,
nachdem einmal hohem fürstlichen Willen zu Gefallen die seit dreißig Jah¬
ren unerbittlich verschlossenen Thüren der Schatzkammer geöffnet worden
sind, das eigene Pflichtgefühl gebieten möge, mit der Herausgabe des kostbaren
Inhalts derselben in die Hände der Nation fortzufahren.

Auch dem mit Veröffentlichung der Briefe betrauten Herrn Geheimrath
ol'. Karl Vogel unser" Dank, wenngleich mit einigermaßen gemischten Empfin¬
dungen. Mancherlei Anzeichen sprechen dafür, daß ihm, der sonst als früherer
Arzt Goethes und Karl Augusts und als Verfasser der werthvollen Schrift
"Goethe in amtlichen Verhältnissen" (Jena, 1834) recht wohl geeignet für das
Werk war, nicht die erforderliche, vielleicht sogar unbillig wenig Zeit zu den
Vorarbeiten für seine Aufgabe gegönnt worden, und daß ihm kaum viel An¬
deres übriggeblieben, als die Briefe so, wie sie vorlagen, zum Druck zu
bringen.

Etwas reichlicher zugemessene Muße würde Herrn Vogel möglich gemacht
haben, sich in der Goethe-Literatur der letzten drei Jahrzehnte umzusehen, wo
ihm dann einige werthvolle Documente, die seiner Sammlung zur Zierde ge¬
reicht hätten, vor Augen gekommen wären. Etwas mehr Muße hätte ihm ver¬
muthlich auch zu interessanteren und dringender nothwendigen Noten als z. B.
die geographischen über Ettersburg und Berta oder die über Ophir sind (Br. 374)
Veranlassung gegeben, aus welcher letzteren wir zwar endlich erfahren, daß
..Ophir ein Land" gewesen, "wohin König Salomo seine Schiffe schickte, um


Grenzboten IV. 1863. 6
Der Briefwechsel zwischen Goethe und Karl August.

Briefwechsel des Großherzogs Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach mit Goethe
in deu Jahren von 1775 bis 1828. Zwei Bände. Weimar, Lcmdcs-
Jndustrie-Comptoir. 18V3.

So wäre denn endlich auch hier der Vorhang weggezogen, und zwar zu¬
nächst durch den „anregenden Hochsinn" des regierenden Grohherzogs von Wei¬
mar, wie die Vorrede meldet. Aufrichtiger Dank dafür dem fürstlichen Herrn,
der seinem Großvater hiermit ein schönes Denkmal gestiftet hat.

Desgleichen unsere dankbare Anerkennung den Herren Gebrüdern v. Goethe,
doch hier mit der Hoffnung und dem Wunsche, daß denselben nunmehr,
nachdem einmal hohem fürstlichen Willen zu Gefallen die seit dreißig Jah¬
ren unerbittlich verschlossenen Thüren der Schatzkammer geöffnet worden
sind, das eigene Pflichtgefühl gebieten möge, mit der Herausgabe des kostbaren
Inhalts derselben in die Hände der Nation fortzufahren.

Auch dem mit Veröffentlichung der Briefe betrauten Herrn Geheimrath
ol'. Karl Vogel unser» Dank, wenngleich mit einigermaßen gemischten Empfin¬
dungen. Mancherlei Anzeichen sprechen dafür, daß ihm, der sonst als früherer
Arzt Goethes und Karl Augusts und als Verfasser der werthvollen Schrift
„Goethe in amtlichen Verhältnissen" (Jena, 1834) recht wohl geeignet für das
Werk war, nicht die erforderliche, vielleicht sogar unbillig wenig Zeit zu den
Vorarbeiten für seine Aufgabe gegönnt worden, und daß ihm kaum viel An¬
deres übriggeblieben, als die Briefe so, wie sie vorlagen, zum Druck zu
bringen.

Etwas reichlicher zugemessene Muße würde Herrn Vogel möglich gemacht
haben, sich in der Goethe-Literatur der letzten drei Jahrzehnte umzusehen, wo
ihm dann einige werthvolle Documente, die seiner Sammlung zur Zierde ge¬
reicht hätten, vor Augen gekommen wären. Etwas mehr Muße hätte ihm ver¬
muthlich auch zu interessanteren und dringender nothwendigen Noten als z. B.
die geographischen über Ettersburg und Berta oder die über Ophir sind (Br. 374)
Veranlassung gegeben, aus welcher letzteren wir zwar endlich erfahren, daß
..Ophir ein Land" gewesen, „wohin König Salomo seine Schiffe schickte, um


Grenzboten IV. 1863. 6
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[0049] Der Briefwechsel zwischen Goethe und Karl August. Briefwechsel des Großherzogs Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach mit Goethe in deu Jahren von 1775 bis 1828. Zwei Bände. Weimar, Lcmdcs- Jndustrie-Comptoir. 18V3. So wäre denn endlich auch hier der Vorhang weggezogen, und zwar zu¬ nächst durch den „anregenden Hochsinn" des regierenden Grohherzogs von Wei¬ mar, wie die Vorrede meldet. Aufrichtiger Dank dafür dem fürstlichen Herrn, der seinem Großvater hiermit ein schönes Denkmal gestiftet hat. Desgleichen unsere dankbare Anerkennung den Herren Gebrüdern v. Goethe, doch hier mit der Hoffnung und dem Wunsche, daß denselben nunmehr, nachdem einmal hohem fürstlichen Willen zu Gefallen die seit dreißig Jah¬ ren unerbittlich verschlossenen Thüren der Schatzkammer geöffnet worden sind, das eigene Pflichtgefühl gebieten möge, mit der Herausgabe des kostbaren Inhalts derselben in die Hände der Nation fortzufahren. Auch dem mit Veröffentlichung der Briefe betrauten Herrn Geheimrath ol'. Karl Vogel unser» Dank, wenngleich mit einigermaßen gemischten Empfin¬ dungen. Mancherlei Anzeichen sprechen dafür, daß ihm, der sonst als früherer Arzt Goethes und Karl Augusts und als Verfasser der werthvollen Schrift „Goethe in amtlichen Verhältnissen" (Jena, 1834) recht wohl geeignet für das Werk war, nicht die erforderliche, vielleicht sogar unbillig wenig Zeit zu den Vorarbeiten für seine Aufgabe gegönnt worden, und daß ihm kaum viel An¬ deres übriggeblieben, als die Briefe so, wie sie vorlagen, zum Druck zu bringen. Etwas reichlicher zugemessene Muße würde Herrn Vogel möglich gemacht haben, sich in der Goethe-Literatur der letzten drei Jahrzehnte umzusehen, wo ihm dann einige werthvolle Documente, die seiner Sammlung zur Zierde ge¬ reicht hätten, vor Augen gekommen wären. Etwas mehr Muße hätte ihm ver¬ muthlich auch zu interessanteren und dringender nothwendigen Noten als z. B. die geographischen über Ettersburg und Berta oder die über Ophir sind (Br. 374) Veranlassung gegeben, aus welcher letzteren wir zwar endlich erfahren, daß ..Ophir ein Land" gewesen, „wohin König Salomo seine Schiffe schickte, um Grenzboten IV. 1863. 6

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/49>, abgerufen am 15.01.2025.