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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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irgendwelche Entschädigung aufhören müssen, wofern eine solche Entschädigung bis
zu diesen Terminen nicht beansprucht worden ist. In diesem Sinne ist die Grund-
cntlastung nach den Angaben unseres Verfassers bis heute erst im Königreich Sach¬
sen-, in Bayern und in Oestreich beinahe vollständig durchgeführt In den übrigen
Staaten Deutschlands dagegen bleibt zur Zeit für die Erreichung dieses segens¬
reichen Zieles noch mehr oder weniger zu thun, in Neuß ä. L. und Lippe-Schaum¬
burg noch sehr Vieles, in Holstein (d, h. in den Gegenden des Herzogthums, wo
wie im ehemaligen Wagrien der Grund und Boden fast ganz im Besitz der Ritter¬
schaft und der Bauer fast nur Zeitpächter ist) das Meiste, in Mecklenburg, dem Jdea-
unsrer Feudalen, noch Alles.


1/iäeogrg.xbiö. IZerit par von 8inibs.IÄo 6o Nah. ?s,ris, vuprat, likipsiZ,
l?, LroLknaus 1863. 193 8.

Der Verfasser, spanischer Gesandter in China, sucht die Möglichkeit und Leichtig¬
keit der Bildung einer Weltschrift darzuthun, durch welche sich alle Völker gegen¬
seitig, ohne einer anderen als ihrer Muttersprache mächtig zu sein, verstehen könnten.
Das System, welches er aufstellt, ist sinnig, läßt sich aber hier, ohne das Buch
mit seinen Zeichen nachzudrucken, nicht wiedergeben. Auch möchte die Aneignung
desselben zu gewandtem Gebrauch ungefähr ebensoviel Zeit beanspruchen, wie die
Erlernung der Sprachen, deren Besitz es' entbehrlich machen soll, und überhaupt
scheinen uns derartige Versuche vorläufig in das Gebiet der Gedankenspiele zu ge¬
hören, die sich mit der Auffindung des Steins der Weisen, der Entdeckung von
Panaceen, Flugmaschinen u. s. w. beschäftigen.


Geschichte der deutschen Literatur von den ältesten Denkmälern bis
auf die neueste Zeit. Von Otto Roquette. Zweiter Band. Zweite Abtheilung
(Schluß). Stuttgart, Verlag von Ebner und seubert. 18K3.

Beginnt mit einer Charakteristik des göttinger Dichtcrbundes und endigt mit
dem Jahre 1330. Wie in den frühern Abschnitten gibt der Verfasser keine anch
nur annähernd vollständige Uebersicht der Literatur in den betreffenden Perioden,
sondern nur eine Charakteristik der Hauptepochen und der hervorragendsten Vertreter
derselben, und was über das Ende des vorigen Jahrhunderts hinausliegt, ist nicht
viel mehr als Skizze. Auch die romantische Schule, mit Jean Paul in ein Capitel
zusammengestellt, ist verhältnißmäßig kurz abgethan. Ausführlicher dagegen und
großentheils recht ansprechend, wenn auch ohne neue Gedanken, bespricht das Buch
Schiller und Goethe und die Einwirkung beider aufeinander, und ebenfalls recht
anziehend ist der göttinger Dichterbund, dessen Verhältniß zu Klopstock und dessen
sentimentale Tugendlichkeit im Detail geschildert. Sehr gut ist die Charakteristik
Bürgers, auch Kleist ist in seiner Bedeutung treffend gewürdigt, obwohl wir nicht
begreifen, wie sein Kohlhaas mehr Grausen einflößen als einen poetischen Eindruck
machen kann. Platens "warmes dichterisches Herzblut" zu entdecken ist unser Auge
nicht construirt.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Heri, i g. -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

irgendwelche Entschädigung aufhören müssen, wofern eine solche Entschädigung bis
zu diesen Terminen nicht beansprucht worden ist. In diesem Sinne ist die Grund-
cntlastung nach den Angaben unseres Verfassers bis heute erst im Königreich Sach¬
sen-, in Bayern und in Oestreich beinahe vollständig durchgeführt In den übrigen
Staaten Deutschlands dagegen bleibt zur Zeit für die Erreichung dieses segens¬
reichen Zieles noch mehr oder weniger zu thun, in Neuß ä. L. und Lippe-Schaum¬
burg noch sehr Vieles, in Holstein (d, h. in den Gegenden des Herzogthums, wo
wie im ehemaligen Wagrien der Grund und Boden fast ganz im Besitz der Ritter¬
schaft und der Bauer fast nur Zeitpächter ist) das Meiste, in Mecklenburg, dem Jdea-
unsrer Feudalen, noch Alles.


1/iäeogrg.xbiö. IZerit par von 8inibs.IÄo 6o Nah. ?s,ris, vuprat, likipsiZ,
l?, LroLknaus 1863. 193 8.

Der Verfasser, spanischer Gesandter in China, sucht die Möglichkeit und Leichtig¬
keit der Bildung einer Weltschrift darzuthun, durch welche sich alle Völker gegen¬
seitig, ohne einer anderen als ihrer Muttersprache mächtig zu sein, verstehen könnten.
Das System, welches er aufstellt, ist sinnig, läßt sich aber hier, ohne das Buch
mit seinen Zeichen nachzudrucken, nicht wiedergeben. Auch möchte die Aneignung
desselben zu gewandtem Gebrauch ungefähr ebensoviel Zeit beanspruchen, wie die
Erlernung der Sprachen, deren Besitz es' entbehrlich machen soll, und überhaupt
scheinen uns derartige Versuche vorläufig in das Gebiet der Gedankenspiele zu ge¬
hören, die sich mit der Auffindung des Steins der Weisen, der Entdeckung von
Panaceen, Flugmaschinen u. s. w. beschäftigen.


Geschichte der deutschen Literatur von den ältesten Denkmälern bis
auf die neueste Zeit. Von Otto Roquette. Zweiter Band. Zweite Abtheilung
(Schluß). Stuttgart, Verlag von Ebner und seubert. 18K3.

Beginnt mit einer Charakteristik des göttinger Dichtcrbundes und endigt mit
dem Jahre 1330. Wie in den frühern Abschnitten gibt der Verfasser keine anch
nur annähernd vollständige Uebersicht der Literatur in den betreffenden Perioden,
sondern nur eine Charakteristik der Hauptepochen und der hervorragendsten Vertreter
derselben, und was über das Ende des vorigen Jahrhunderts hinausliegt, ist nicht
viel mehr als Skizze. Auch die romantische Schule, mit Jean Paul in ein Capitel
zusammengestellt, ist verhältnißmäßig kurz abgethan. Ausführlicher dagegen und
großentheils recht ansprechend, wenn auch ohne neue Gedanken, bespricht das Buch
Schiller und Goethe und die Einwirkung beider aufeinander, und ebenfalls recht
anziehend ist der göttinger Dichterbund, dessen Verhältniß zu Klopstock und dessen
sentimentale Tugendlichkeit im Detail geschildert. Sehr gut ist die Charakteristik
Bürgers, auch Kleist ist in seiner Bedeutung treffend gewürdigt, obwohl wir nicht
begreifen, wie sein Kohlhaas mehr Grausen einflößen als einen poetischen Eindruck
machen kann. Platens „warmes dichterisches Herzblut" zu entdecken ist unser Auge
nicht construirt.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Heri, i g. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/408>, abgerufen am 15.01.2025.