Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.der Stiftung gegenüber. Die Anfechtungen, die der Verein deshalb zu bestehen Dieser Charakter des Vereins als Repräsentant der großen kirchlichen Mittel¬ Interessant aber war, wie sich in Lübeck wiederholte, was schon mehrfach Wir sehen in solchen Erscheinungen ein erfreuliches Ergebniß des bis¬ der Stiftung gegenüber. Die Anfechtungen, die der Verein deshalb zu bestehen Dieser Charakter des Vereins als Repräsentant der großen kirchlichen Mittel¬ Interessant aber war, wie sich in Lübeck wiederholte, was schon mehrfach Wir sehen in solchen Erscheinungen ein erfreuliches Ergebniß des bis¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0028" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115956"/> <p xml:id="ID_55" prev="#ID_54"> der Stiftung gegenüber. Die Anfechtungen, die der Verein deshalb zu bestehen<lb/> hatte, und die Art, wie er sie bestanden hat, habe» ihn geläutert und gekräf¬<lb/> tigt, und er hat jetzt eine feste Stellung gewonnen, zunächst als Centrum für<lb/> die große kirchliche Mittelpartei, sodann aber zugleich als neutrales Gebiet für<lb/> die - übrigen Richtungen mit alleiniger Ausnahme der äußersten Extreme. Die<lb/> leidenschaftlichen Angriffe haben sich mehr und mehr auf den äußersten rechten<lb/> Flügel der kirchlichen Fractionen beschränkt; im Uebrigen sind von der streng-<lb/> kirchlichen Partei viele mit vollem Herzen dem Verein beigetreten, manche<lb/> nähern sich ihm nicht ohne eine gewisse Widerwilligkeit, zum Theil vielleicht<lb/> in der Erwägung, daß es nicht gut sei, einer so starken Genossenschaft gegen¬<lb/> über sich nur zusehend zu verhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_56"> Dieser Charakter des Vereins als Repräsentant der großen kirchlichen Mittel¬<lb/> partei war auch in der lübccker Versammlung unverkennbar und sehr wohl¬<lb/> thuend ausgeprägt in Form und Inhalt der Berathungen, in der Physiognomie<lb/> der daran sich knüpfenden Festlichkeiten, sowie in der Abwesenheit derer, denen<lb/> der Absolutismus des Bekenntnisses höher steht als das praktische Christenthum<lb/> der Liebe. Die Anhänger des lutherischen Golteslastens fehlten, und Papst<lb/> Kliefoth hatte durch Verlegung einer geistlichen Konferenz auf die Tage der<lb/> lübccker Versammlung seine mecklenburger Priesterlinge der Versuchung entrückt,<lb/> das nahe Lübeck zu besuchen und dort das Gift der Confessionslosigkeit ein-<lb/> zusaugen.</p><lb/> <p xml:id="ID_57"> Interessant aber war, wie sich in Lübeck wiederholte, was schon mehrfach<lb/> wahrzunehmen gewesen ist, daß auch die Spitzen der hochkirchlichen und streng¬<lb/> gläubigen Partei allmälig mehr und mehr unserer Genossenschaft sich nähern<lb/> und Fuß darin zu fassen suchen. Der preußische Oberkirchenrath hatte einen<lb/> eigenen Abgeordneten geschickt., um der Versammlung seine Theilnahme zu be¬<lb/> zeugen, und ein hervorragendes Haupt der dem Verein entgegenstehender Rich¬<lb/> tung, der bekannte Doctor Wiehern, bewegte sich als freundlicher Gönner in<lb/> den Kreisen der Versammlung.</p><lb/> <p xml:id="ID_58" next="#ID_59"> Wir sehen in solchen Erscheinungen ein erfreuliches Ergebniß des bis¬<lb/> herigen Verhaltens unsrer Genossenschaft. Aber dieses Ergebniß würde sofort<lb/> in das Gegentheil umschlagen, wenn allmälig etwa die Zionswächter sich der Herr¬<lb/> schaft in dem Verein bemächtigten. Derselbe ist eine Macht in der protestan¬<lb/> tischen Kirche geworden, und die Versuchung liegt nahe, diese Macht für Partei¬<lb/> zwecke sich dienstbar zu machen. Darum wird eine weise Vorsicht am Platze<lb/> "sein, solche Versuchung nicht erfolgreich werden zu lassen. Es würde damit<lb/> jedenfalls dem Vereine selbst das Grab gegraben; denn wie derselbe sich in<lb/> seiner lübccker Versammlung und in seiner gesammten Thätigkeit offenbarte, ver¬<lb/> trägt er nicht die Herrschaft einer Partei, und am wenigsten das bureaukratisch-<lb/> hierarchische Regiment einer hochkirchlichen Partei. Es ist dies seinem innersten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
der Stiftung gegenüber. Die Anfechtungen, die der Verein deshalb zu bestehen
hatte, und die Art, wie er sie bestanden hat, habe» ihn geläutert und gekräf¬
tigt, und er hat jetzt eine feste Stellung gewonnen, zunächst als Centrum für
die große kirchliche Mittelpartei, sodann aber zugleich als neutrales Gebiet für
die - übrigen Richtungen mit alleiniger Ausnahme der äußersten Extreme. Die
leidenschaftlichen Angriffe haben sich mehr und mehr auf den äußersten rechten
Flügel der kirchlichen Fractionen beschränkt; im Uebrigen sind von der streng-
kirchlichen Partei viele mit vollem Herzen dem Verein beigetreten, manche
nähern sich ihm nicht ohne eine gewisse Widerwilligkeit, zum Theil vielleicht
in der Erwägung, daß es nicht gut sei, einer so starken Genossenschaft gegen¬
über sich nur zusehend zu verhalten.
Dieser Charakter des Vereins als Repräsentant der großen kirchlichen Mittel¬
partei war auch in der lübccker Versammlung unverkennbar und sehr wohl¬
thuend ausgeprägt in Form und Inhalt der Berathungen, in der Physiognomie
der daran sich knüpfenden Festlichkeiten, sowie in der Abwesenheit derer, denen
der Absolutismus des Bekenntnisses höher steht als das praktische Christenthum
der Liebe. Die Anhänger des lutherischen Golteslastens fehlten, und Papst
Kliefoth hatte durch Verlegung einer geistlichen Konferenz auf die Tage der
lübccker Versammlung seine mecklenburger Priesterlinge der Versuchung entrückt,
das nahe Lübeck zu besuchen und dort das Gift der Confessionslosigkeit ein-
zusaugen.
Interessant aber war, wie sich in Lübeck wiederholte, was schon mehrfach
wahrzunehmen gewesen ist, daß auch die Spitzen der hochkirchlichen und streng¬
gläubigen Partei allmälig mehr und mehr unserer Genossenschaft sich nähern
und Fuß darin zu fassen suchen. Der preußische Oberkirchenrath hatte einen
eigenen Abgeordneten geschickt., um der Versammlung seine Theilnahme zu be¬
zeugen, und ein hervorragendes Haupt der dem Verein entgegenstehender Rich¬
tung, der bekannte Doctor Wiehern, bewegte sich als freundlicher Gönner in
den Kreisen der Versammlung.
Wir sehen in solchen Erscheinungen ein erfreuliches Ergebniß des bis¬
herigen Verhaltens unsrer Genossenschaft. Aber dieses Ergebniß würde sofort
in das Gegentheil umschlagen, wenn allmälig etwa die Zionswächter sich der Herr¬
schaft in dem Verein bemächtigten. Derselbe ist eine Macht in der protestan¬
tischen Kirche geworden, und die Versuchung liegt nahe, diese Macht für Partei¬
zwecke sich dienstbar zu machen. Darum wird eine weise Vorsicht am Platze
"sein, solche Versuchung nicht erfolgreich werden zu lassen. Es würde damit
jedenfalls dem Vereine selbst das Grab gegraben; denn wie derselbe sich in
seiner lübccker Versammlung und in seiner gesammten Thätigkeit offenbarte, ver¬
trägt er nicht die Herrschaft einer Partei, und am wenigsten das bureaukratisch-
hierarchische Regiment einer hochkirchlichen Partei. Es ist dies seinem innersten
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