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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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ungereimt sie auch immer scheinen mag, beitreten sollten, daß nämlich böse
Geister rechtschaffenen Leuten, denen sie abhold sind und deren Unternehmungen
sie widerstreben, Furcht und Schrecken einjagen und sie zu bethören suchen, da¬
mit solche Männer im Guten nicht fest und standhaft bleiben und nach ihrem
Tode nicht ein besseres Leben erlangen, als sie selbst." Auch der jüngere Pli-
nius schwankt und holt bei Mittheilung seiner Gespenstergeschichten von sera
zugleich ein Gutachten über die Existenz der Gespenster ein. Am Schlüsse
seines Briefes schreibt er: "Laß mich nicht in Zweifel und Ungewißheit; denn
ich habe dein Urtheil in der Absicht verlangt, um nicht länger zweifelhaft zu
sein." Viel sicherer dagegen spricht sein Oheim über die Schattenwelt, indem
er die gewöhnlichen Vorstellungen "Erfindungen kindischen Unsinns und der
auf ihre Fortexistenz erpichten Sterblichkeit" nennt und am Schlüsse des Ca¬
pitels über den Scheintod spöttisch sagt: "Es gibt auch Beispiele von Menschen,
die nach ihrem Begräbnisse wieder gesehen worden sind; nur schade daß wir
,
H. G. hier natürlichen Erscheinungen, nicht Wundern nachgehen!"




Die historische Commission bei der bayerischen Akademie der
Wissenschaften.

In den ersten Tagen des October hielt zu München die historische Commission,
von König Max dem Zweiten zur Förderung des Studiums der vaterländischen Ge¬
schichte eingesetzt und mit reichen Mitteln ausgestattet, unter Professor Rankes
Vorsitz ihre fünfte Plenarversammlung. Von den auswärtigen Mitgliedern hat¬
ten sich außer dem Vorsitzenden Hauffer. Hegel, Lappenberg. v. stallr, Pertz
und Waitz eingefunden; die einheimischen (Cornelius. Föringer, Löser. v. Spru-
ner. Muffat. Weizsäcker. Giesebrecht) nahmen sämmtlich an den Sitzungen
Antheil.

Die Commission hat vor Kurzem durch den Tod Jakob Grimms den
schmerzlichsten Verlust erlitten, und dem Gefühl tiefster Trauer, welches die Ver¬
sammlung bei ihrem Zusammentritt beherrschte, gab der Vorsitzende in der Er¬
öffnungsrede Ausdruck. Grimm, das älteste Mitglied der Commission, war zu¬
gleich eines der thätigsten; wiederholentlich -- zuletzt noch im vorigen Jahre
-- hatte die Commission ihn in ihrer Mitte begrüßt und drei ihrer Unter-


ungereimt sie auch immer scheinen mag, beitreten sollten, daß nämlich böse
Geister rechtschaffenen Leuten, denen sie abhold sind und deren Unternehmungen
sie widerstreben, Furcht und Schrecken einjagen und sie zu bethören suchen, da¬
mit solche Männer im Guten nicht fest und standhaft bleiben und nach ihrem
Tode nicht ein besseres Leben erlangen, als sie selbst." Auch der jüngere Pli-
nius schwankt und holt bei Mittheilung seiner Gespenstergeschichten von sera
zugleich ein Gutachten über die Existenz der Gespenster ein. Am Schlüsse
seines Briefes schreibt er: „Laß mich nicht in Zweifel und Ungewißheit; denn
ich habe dein Urtheil in der Absicht verlangt, um nicht länger zweifelhaft zu
sein." Viel sicherer dagegen spricht sein Oheim über die Schattenwelt, indem
er die gewöhnlichen Vorstellungen „Erfindungen kindischen Unsinns und der
auf ihre Fortexistenz erpichten Sterblichkeit" nennt und am Schlüsse des Ca¬
pitels über den Scheintod spöttisch sagt: „Es gibt auch Beispiele von Menschen,
die nach ihrem Begräbnisse wieder gesehen worden sind; nur schade daß wir
,
H. G. hier natürlichen Erscheinungen, nicht Wundern nachgehen!"




Die historische Commission bei der bayerischen Akademie der
Wissenschaften.

In den ersten Tagen des October hielt zu München die historische Commission,
von König Max dem Zweiten zur Förderung des Studiums der vaterländischen Ge¬
schichte eingesetzt und mit reichen Mitteln ausgestattet, unter Professor Rankes
Vorsitz ihre fünfte Plenarversammlung. Von den auswärtigen Mitgliedern hat¬
ten sich außer dem Vorsitzenden Hauffer. Hegel, Lappenberg. v. stallr, Pertz
und Waitz eingefunden; die einheimischen (Cornelius. Föringer, Löser. v. Spru-
ner. Muffat. Weizsäcker. Giesebrecht) nahmen sämmtlich an den Sitzungen
Antheil.

Die Commission hat vor Kurzem durch den Tod Jakob Grimms den
schmerzlichsten Verlust erlitten, und dem Gefühl tiefster Trauer, welches die Ver¬
sammlung bei ihrem Zusammentritt beherrschte, gab der Vorsitzende in der Er¬
öffnungsrede Ausdruck. Grimm, das älteste Mitglied der Commission, war zu¬
gleich eines der thätigsten; wiederholentlich — zuletzt noch im vorigen Jahre
— hatte die Commission ihn in ihrer Mitte begrüßt und drei ihrer Unter-


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[0279] ungereimt sie auch immer scheinen mag, beitreten sollten, daß nämlich böse Geister rechtschaffenen Leuten, denen sie abhold sind und deren Unternehmungen sie widerstreben, Furcht und Schrecken einjagen und sie zu bethören suchen, da¬ mit solche Männer im Guten nicht fest und standhaft bleiben und nach ihrem Tode nicht ein besseres Leben erlangen, als sie selbst." Auch der jüngere Pli- nius schwankt und holt bei Mittheilung seiner Gespenstergeschichten von sera zugleich ein Gutachten über die Existenz der Gespenster ein. Am Schlüsse seines Briefes schreibt er: „Laß mich nicht in Zweifel und Ungewißheit; denn ich habe dein Urtheil in der Absicht verlangt, um nicht länger zweifelhaft zu sein." Viel sicherer dagegen spricht sein Oheim über die Schattenwelt, indem er die gewöhnlichen Vorstellungen „Erfindungen kindischen Unsinns und der auf ihre Fortexistenz erpichten Sterblichkeit" nennt und am Schlüsse des Ca¬ pitels über den Scheintod spöttisch sagt: „Es gibt auch Beispiele von Menschen, die nach ihrem Begräbnisse wieder gesehen worden sind; nur schade daß wir , H. G. hier natürlichen Erscheinungen, nicht Wundern nachgehen!" Die historische Commission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften. In den ersten Tagen des October hielt zu München die historische Commission, von König Max dem Zweiten zur Förderung des Studiums der vaterländischen Ge¬ schichte eingesetzt und mit reichen Mitteln ausgestattet, unter Professor Rankes Vorsitz ihre fünfte Plenarversammlung. Von den auswärtigen Mitgliedern hat¬ ten sich außer dem Vorsitzenden Hauffer. Hegel, Lappenberg. v. stallr, Pertz und Waitz eingefunden; die einheimischen (Cornelius. Föringer, Löser. v. Spru- ner. Muffat. Weizsäcker. Giesebrecht) nahmen sämmtlich an den Sitzungen Antheil. Die Commission hat vor Kurzem durch den Tod Jakob Grimms den schmerzlichsten Verlust erlitten, und dem Gefühl tiefster Trauer, welches die Ver¬ sammlung bei ihrem Zusammentritt beherrschte, gab der Vorsitzende in der Er¬ öffnungsrede Ausdruck. Grimm, das älteste Mitglied der Commission, war zu¬ gleich eines der thätigsten; wiederholentlich — zuletzt noch im vorigen Jahre — hatte die Commission ihn in ihrer Mitte begrüßt und drei ihrer Unter-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/279>, abgerufen am 15.01.2025.