Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.welcher, einst preußischer Offizier, jetzt Novellenschreiber und fanatischer Ultramon- Zwei Herren mit violettem Talar empfangen Liszt mit freundlichem Hände¬ Eben wird der Name des Grafen Saldanha, des portugiesischen Gesandten, Mit dem Grafen zugleich ist die Gräfin Poli mit ihren Töchtern in den Doch wir hatten genug, schon begann der größere Theil der Versammelten welcher, einst preußischer Offizier, jetzt Novellenschreiber und fanatischer Ultramon- Zwei Herren mit violettem Talar empfangen Liszt mit freundlichem Hände¬ Eben wird der Name des Grafen Saldanha, des portugiesischen Gesandten, Mit dem Grafen zugleich ist die Gräfin Poli mit ihren Töchtern in den Doch wir hatten genug, schon begann der größere Theil der Versammelten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116175"/> <p xml:id="ID_888" prev="#ID_887"> welcher, einst preußischer Offizier, jetzt Novellenschreiber und fanatischer Ultramon-<lb/> tancr ist. Der andre ein plattköpsiger, dickaufgeschwollener Priester aus Posen,<lb/> der eben einen Proceß gegen seinen Bischof, welcher ihn eines lasciven Ro¬<lb/> mans wegen suspendirte, am päpstlichen Hofe gewonnen hat und nun, da<lb/> seine Verlegenheit zu Ende ist, ein lustiges Leben führt. Ein fideler, nach<lb/> Vieler Meinung nur zu fideler Gottesmann. dem es auf ein halb Dutzend -Zo¬<lb/> ten mehr oder weniger nicht ankommt, und über dessen sonstige Thätigkeit man<lb/> zu seiner und seiner Freunde Ehre lieber schweigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_889"> Zwei Herren mit violettem Talar empfangen Liszt mit freundlichem Hände¬<lb/> druck, der Eine eine stattliche Gestalt, ein mildes Gesicht mit freundlichen,<lb/> liebevollen Augen, der Adonis des hohen Klerus, Monsignore Prospero, allgemein<lb/> berühmt wegen seiner glänzenden Liebenswürdigkeit, der Andre eine kluge,<lb/> glatte Beamtenerscheinung, der Oberceremonienmeister Sr. Heiligkeit Monsigre.<lb/> Pacca.</p><lb/> <p xml:id="ID_890"> Eben wird der Name des Grafen Saldanha, des portugiesischen Gesandten,<lb/> gemeldet. Eine würdige, kriegerische Erscheinung mit weißem Haar und Bart<lb/> tritt herein, an seiner Seite seine Frau, eine Engländerin, mit dem Grvß-<lb/> cordon über ihrer rothen Damastrobe, seine jugendliche Tochter folgt ihm.<lb/> Graf Saldanha ist der Gesandte, der am glänzendsten in Rom auftritt, die<lb/> portugiesische Regierung, die den ehrgeizigen, einflußreichen Mann gern mög¬<lb/> lichst entfernt sehn wollte, mußte darauf bedacht sein, ihn fürstlich für seinen<lb/> Posten auszustatten, damit er nicht so bald Gelüste zur Heimkehr bekäme, und<lb/> ihr wieder gefährlich werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_891"> Mit dem Grafen zugleich ist die Gräfin Poli mit ihren Töchtern in den<lb/> Saal getreten, alle in schwarz, die Gräfin eine hagere, leidenschaftlich aus¬<lb/> sehende Italienerin, das Haar in wilden, phantastischen Locken den Nacken<lb/> herabwallend, fast wie eine Königin der Nacht anzusehen. Sie eilen auf zwei<lb/> Damen zu, die Marchesa Pentini, die unverheirathete Schwester des Kardinals,<lb/> die heute von den Ehren ihres Bruders ihr Theil mitgcnicßt, und ihre jugend¬<lb/> lich blühende Nichte, ein schönes Mädchen, welchem die Huldigungen der<lb/> jungen Männerwelt fast ausschließlich zuströmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_892" next="#ID_893"> Doch wir hatten genug, schon begann der größere Theil der Versammelten<lb/> sich zu entfernen. Es ist für die Geistlichkeit unpassend, bis spät in die Nacht<lb/> hinein in Gesellschaft zu bleiben; zudem sind namentlich die Cardinäle alle<lb/> meist alte, mehr oder weniger schwächliche Herren. Die Hitze war erstickend ge¬<lb/> worden. Alle suchten das Freie. Dasselbe Schreien, Rufen, Drängen und<lb/> Stoßen auf der TrrPpe, dasselbe Durcheinander von Wagen und Pferden'im<lb/> Hofe, auf dem Platze und in den Straßen. Die Lichter der Illumination<lb/> waren schon niedergebrannt, aber noch immer schmetterten die Trompeten auf<lb/> den Tribünen vor dem Palaste. Mit verworrenen Empfindungen suchte ich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
welcher, einst preußischer Offizier, jetzt Novellenschreiber und fanatischer Ultramon-
tancr ist. Der andre ein plattköpsiger, dickaufgeschwollener Priester aus Posen,
der eben einen Proceß gegen seinen Bischof, welcher ihn eines lasciven Ro¬
mans wegen suspendirte, am päpstlichen Hofe gewonnen hat und nun, da
seine Verlegenheit zu Ende ist, ein lustiges Leben führt. Ein fideler, nach
Vieler Meinung nur zu fideler Gottesmann. dem es auf ein halb Dutzend -Zo¬
ten mehr oder weniger nicht ankommt, und über dessen sonstige Thätigkeit man
zu seiner und seiner Freunde Ehre lieber schweigt.
Zwei Herren mit violettem Talar empfangen Liszt mit freundlichem Hände¬
druck, der Eine eine stattliche Gestalt, ein mildes Gesicht mit freundlichen,
liebevollen Augen, der Adonis des hohen Klerus, Monsignore Prospero, allgemein
berühmt wegen seiner glänzenden Liebenswürdigkeit, der Andre eine kluge,
glatte Beamtenerscheinung, der Oberceremonienmeister Sr. Heiligkeit Monsigre.
Pacca.
Eben wird der Name des Grafen Saldanha, des portugiesischen Gesandten,
gemeldet. Eine würdige, kriegerische Erscheinung mit weißem Haar und Bart
tritt herein, an seiner Seite seine Frau, eine Engländerin, mit dem Grvß-
cordon über ihrer rothen Damastrobe, seine jugendliche Tochter folgt ihm.
Graf Saldanha ist der Gesandte, der am glänzendsten in Rom auftritt, die
portugiesische Regierung, die den ehrgeizigen, einflußreichen Mann gern mög¬
lichst entfernt sehn wollte, mußte darauf bedacht sein, ihn fürstlich für seinen
Posten auszustatten, damit er nicht so bald Gelüste zur Heimkehr bekäme, und
ihr wieder gefährlich werde.
Mit dem Grafen zugleich ist die Gräfin Poli mit ihren Töchtern in den
Saal getreten, alle in schwarz, die Gräfin eine hagere, leidenschaftlich aus¬
sehende Italienerin, das Haar in wilden, phantastischen Locken den Nacken
herabwallend, fast wie eine Königin der Nacht anzusehen. Sie eilen auf zwei
Damen zu, die Marchesa Pentini, die unverheirathete Schwester des Kardinals,
die heute von den Ehren ihres Bruders ihr Theil mitgcnicßt, und ihre jugend¬
lich blühende Nichte, ein schönes Mädchen, welchem die Huldigungen der
jungen Männerwelt fast ausschließlich zuströmen.
Doch wir hatten genug, schon begann der größere Theil der Versammelten
sich zu entfernen. Es ist für die Geistlichkeit unpassend, bis spät in die Nacht
hinein in Gesellschaft zu bleiben; zudem sind namentlich die Cardinäle alle
meist alte, mehr oder weniger schwächliche Herren. Die Hitze war erstickend ge¬
worden. Alle suchten das Freie. Dasselbe Schreien, Rufen, Drängen und
Stoßen auf der TrrPpe, dasselbe Durcheinander von Wagen und Pferden'im
Hofe, auf dem Platze und in den Straßen. Die Lichter der Illumination
waren schon niedergebrannt, aber noch immer schmetterten die Trompeten auf
den Tribünen vor dem Palaste. Mit verworrenen Empfindungen suchte ich
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