Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.mußte, und als dein Festcvmitö für seine Aufgabe verhältnißmäßig nur wenige Auch das sächsische Cultusministerium war bei dem Congreß vertreten, und Wir glauben früher vernommen zu haben, daß das sächsische Cultus¬ 13
mußte, und als dein Festcvmitö für seine Aufgabe verhältnißmäßig nur wenige Auch das sächsische Cultusministerium war bei dem Congreß vertreten, und Wir glauben früher vernommen zu haben, daß das sächsische Cultus¬ 13
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0107" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116035"/> <p xml:id="ID_384" prev="#ID_383"> mußte, und als dein Festcvmitö für seine Aufgabe verhältnißmäßig nur wenige<lb/> Kräfte zur Verfügung standen. Besten aufrichtigste» Dank dafür der Stadt,<lb/> deren Vertretern und insbesondre den feinern der altehrwürdigen Afra-Salute!<lb/> Helles warmes Herbstwetter begünstigte uns, und wer in diesen sonnigen Tagen<lb/> wie wir das makriscbe Meißen, mit seinem an rheinische Orte erinnernden Cha¬<lb/> rakter, seinem alterthümlichen Häusergewirr. seinem alten Fürsteuschlvß und seinem<lb/> Dom zum ersten Male sah. wird neben andern werthen Erinnerungen auch ein<lb/> überraschend schönes Landschaftsbild mit hinweggenommen haben. Die Ätadt war<lb/> vielfach mit Fahnen geschmückt, unter denen sich auch schwarzrothgoldne befanden.<lb/> Selbst von der königlichen Landesschule wehte die deutsche Tricolore, was uns<lb/> „Ausländern" nach dem leipziger Turnfeste und dem begeisternden Beispiele aus<lb/> der eschenheimer Gasse nickt auffällig war. manchem Eingebornen aber, der mit<lb/> der sächsischen Geschichte der letzten Jahre vertraut rst. Anlaß zu allerhand eige¬<lb/> nen Gedanken gegeben haben soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_385"> Auch das sächsische Cultusministerium war bei dem Congreß vertreten, und<lb/> das große gemeinschaftliche Mittagsessen deS ersten Tages fand unter dem Vor¬<lb/> sitze des Herrn Staatsministers v. Falkenstein statt, welcher die Versammlung<lb/> durch mehre Trintsprü.be zu erfreuen bestrebt war. Sicherlich hat die Mehrzahl<lb/> der Einheimischen mit aufrichtiger Verwunderung vernommen, in welch hohem<lb/> Ansehen die Philologie bei dem Leiter des sächsischen Schulwesens steht,<lb/> und auch wir hätten kaum vermuthet, einen so feurigen Enthusiasmus<lb/> gerade für diese Wissenschaft an jener Stelle vorzufinden. Ja, fast will uns<lb/> bedrücken, als ob Aeußerungen wie: „Die Philologie ist die Kömgin der<lb/> Wissenschaften" nicht ganz unbedenklich wären, und als ob hier die Begeiste¬<lb/> rung des Moments ruhige Ueberlegung mehr, als selbst bei einem Festmahl<lb/> erlaubt ist, zurückgedrängt hätte. Was die theologische» Freunde des Herrn<lb/> Ministers zu seinen Worten sagen werden, ist uns unbekannt; das aber wissen<lb/> w>r, daß gerade die wahrhaft durchgebildeten und tüchtigen Philologen uns<lb/> beipflichten werden, wenn wir die unsrer Wissenschaft dargebotene Königskrone<lb/> bescheiden dankend ablehnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_386" next="#ID_387"> Wir glauben früher vernommen zu haben, daß das sächsische Cultus¬<lb/> ministerium in den Jahren von 1850—60 die Gottesgelahrtheit für besonders<lb/> geeignet zu halten schien, den übrigen Wissenschaften als Führerin voranzuleuch-<lb/> ten. Wir erinnern uns, in sächsischen Scbulzcitungen vor einiger Zeit mit<lb/> Überraschung gelesen zu haben, daß dieselbe hohe Behörde Landpastorcn für<lb/> vorzüglich befähigt hielt, den gesammten Geschichtsunterricht an einer Fürsten-<lb/> schulc zu übernehmen. Sollte die Rheologie sich dieser Aufgabe nicht gewachsen<lb/> gezeigt haben? — Wir sind nicht in der Lage, dieser Frage nachzugehen. Dafür<lb/> haben wir von Herrn v. Falkenfteui selbst er-andren, worauf sich seine außer¬<lb/> gewöhnliche Wevthscbätzung der Philologie gründet. Er eröffnete uns, ^daß er<lb/> *</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 13</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0107]
mußte, und als dein Festcvmitö für seine Aufgabe verhältnißmäßig nur wenige
Kräfte zur Verfügung standen. Besten aufrichtigste» Dank dafür der Stadt,
deren Vertretern und insbesondre den feinern der altehrwürdigen Afra-Salute!
Helles warmes Herbstwetter begünstigte uns, und wer in diesen sonnigen Tagen
wie wir das makriscbe Meißen, mit seinem an rheinische Orte erinnernden Cha¬
rakter, seinem alterthümlichen Häusergewirr. seinem alten Fürsteuschlvß und seinem
Dom zum ersten Male sah. wird neben andern werthen Erinnerungen auch ein
überraschend schönes Landschaftsbild mit hinweggenommen haben. Die Ätadt war
vielfach mit Fahnen geschmückt, unter denen sich auch schwarzrothgoldne befanden.
Selbst von der königlichen Landesschule wehte die deutsche Tricolore, was uns
„Ausländern" nach dem leipziger Turnfeste und dem begeisternden Beispiele aus
der eschenheimer Gasse nickt auffällig war. manchem Eingebornen aber, der mit
der sächsischen Geschichte der letzten Jahre vertraut rst. Anlaß zu allerhand eige¬
nen Gedanken gegeben haben soll.
Auch das sächsische Cultusministerium war bei dem Congreß vertreten, und
das große gemeinschaftliche Mittagsessen deS ersten Tages fand unter dem Vor¬
sitze des Herrn Staatsministers v. Falkenstein statt, welcher die Versammlung
durch mehre Trintsprü.be zu erfreuen bestrebt war. Sicherlich hat die Mehrzahl
der Einheimischen mit aufrichtiger Verwunderung vernommen, in welch hohem
Ansehen die Philologie bei dem Leiter des sächsischen Schulwesens steht,
und auch wir hätten kaum vermuthet, einen so feurigen Enthusiasmus
gerade für diese Wissenschaft an jener Stelle vorzufinden. Ja, fast will uns
bedrücken, als ob Aeußerungen wie: „Die Philologie ist die Kömgin der
Wissenschaften" nicht ganz unbedenklich wären, und als ob hier die Begeiste¬
rung des Moments ruhige Ueberlegung mehr, als selbst bei einem Festmahl
erlaubt ist, zurückgedrängt hätte. Was die theologische» Freunde des Herrn
Ministers zu seinen Worten sagen werden, ist uns unbekannt; das aber wissen
w>r, daß gerade die wahrhaft durchgebildeten und tüchtigen Philologen uns
beipflichten werden, wenn wir die unsrer Wissenschaft dargebotene Königskrone
bescheiden dankend ablehnen.
Wir glauben früher vernommen zu haben, daß das sächsische Cultus¬
ministerium in den Jahren von 1850—60 die Gottesgelahrtheit für besonders
geeignet zu halten schien, den übrigen Wissenschaften als Führerin voranzuleuch-
ten. Wir erinnern uns, in sächsischen Scbulzcitungen vor einiger Zeit mit
Überraschung gelesen zu haben, daß dieselbe hohe Behörde Landpastorcn für
vorzüglich befähigt hielt, den gesammten Geschichtsunterricht an einer Fürsten-
schulc zu übernehmen. Sollte die Rheologie sich dieser Aufgabe nicht gewachsen
gezeigt haben? — Wir sind nicht in der Lage, dieser Frage nachzugehen. Dafür
haben wir von Herrn v. Falkenfteui selbst er-andren, worauf sich seine außer¬
gewöhnliche Wevthscbätzung der Philologie gründet. Er eröffnete uns, ^daß er
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