Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.Rekruten und neuernannte Offiziere und Unteroffiziere ergänzt werden. Denn Ueberhaupt hatte man nichts gethan, um die ohnedies sehr mangelhaften Die Erziehüngshäuser, aus denen früher wenigstens eine namhafte Anzahl Waren früher die Regimenter allzulange in ihren Garnisonen verblieben, Auch blieb den meisten Befehlshabern, selbst wenn sie es wollten und konn¬ Rekruten und neuernannte Offiziere und Unteroffiziere ergänzt werden. Denn Ueberhaupt hatte man nichts gethan, um die ohnedies sehr mangelhaften Die Erziehüngshäuser, aus denen früher wenigstens eine namhafte Anzahl Waren früher die Regimenter allzulange in ihren Garnisonen verblieben, Auch blieb den meisten Befehlshabern, selbst wenn sie es wollten und konn¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0401" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115793"/> <p xml:id="ID_1140" prev="#ID_1139"> Rekruten und neuernannte Offiziere und Unteroffiziere ergänzt werden. Denn<lb/> von den Letzteren hatte man gar keine Reserve. Wurde die Armee vermehrt, so<lb/> ersetzte man die offenen Stellen durch Avancement, erfolgte dann eine Stan¬<lb/> desherabsetzung, so suchte man die Ueberzähligen auf verschiedene Weise und<lb/> so schnell als möglich wieder los zu werden. Wer nun aus der Armee aus¬<lb/> schied, blieb auch für die Zukunft von derselben entfernt und konnte höchstens<lb/> bei einem Freicorps unterkommen. Wurde nun wieder gerüstet, so wurden<lb/> abermals, ohne Rücksicht auf die Tausende der Pensionäre und der in Civil¬<lb/> dienst getretenen ehemaligen Offiziere zu nehmen, die fehlenden Stellen durch<lb/> Beförderung ersetzt. Da nun Reducirungen und Wiedererrichtungen sich wäh¬<lb/> rend der letzten zehn Jahre in Oestreich fast ebenso regelmäßig wie der Wechsel der<lb/> Jahresvicrtel folgten, so war zwar das Avancement bei manchen Truppen ein<lb/> höchst günstiges, in gleichem Grade wuchs aber auch die Zahl derer, welche,<lb/> ohne die nöthige Fähigkeit dazu zu besitzen, zu einer höheren Stellung gelangten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1141"> Ueberhaupt hatte man nichts gethan, um die ohnedies sehr mangelhaften<lb/> Anstalten zur Heranbildung der Offiziere und Unteroffiziere zu verbessern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1142"> Die Erziehüngshäuser, aus denen früher wenigstens eine namhafte Anzahl<lb/> guter Unteroffiziere hervorgegangen war, wurden auf den vierten Theil ihrer<lb/> Zahl vermindert, die höheren Militärschulen aber wurden zwar verfeinert, jedoch<lb/> nicht vermehrt und auch nicht besonders verbessert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1143"> Waren früher die Regimenter allzulange in ihren Garnisonen verblieben,<lb/> so wurden jetzt die letzteren so oft gewechselt, daß alle erst bei längerer Dauer<lb/> Vortheil bringenden Einrichtungen für den Unterricht der Soldaten und Unter¬<lb/> offiziere unterbleiben mußten. Die sogenannten ex propi-us und die Kaiser-<lb/> cadeten wurden aufgehoben, und es gab blos Cadeten einer Art. Aber auf<lb/> den theoretischen Unterricht derselben wurde noch geringere Aufmerksamkeit als<lb/> früher verwendet. Dazu kam der häufige Wechsel der Offiziere und besonders<lb/> der höheren Befehlshaber. Mochte sich auch das Reglement noch so deutlich<lb/> und erschöpfend über Alles aussprechen, so konnte doch nicht vermieden<lb/> werden, daß jeder Befehlshaber, jeder Lehrer sein eigenes System befolgte und<lb/> auf die besondere Ausbildung seiner Schüler in diesem oder jenem Gegenstande<lb/> ein größeres Gewicht legte. Daher wurde weder im Theoretischen noch im<lb/> Praktischen etwas Ordentliches — erzielt nur im Paradewesen machte man glän¬<lb/> zende Fortschritte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1144" next="#ID_1145"> Auch blieb den meisten Befehlshabern, selbst wenn sie es wollten und konn¬<lb/> ten, nicht einmal die nöthige Zeit, das wahrhaft Nützliche mit der nöthigen<lb/> Ruhe und Bedachtsamkeit zu betreiben, da sie durch zu viele Geringfügigkeiten,<lb/> denen man aber einen hohen Werth beilegte, beschäftigt und abgemattet wur¬<lb/> den, sowie man auch, wenn man wirklich einmal etwas Gutes angeordnet<lb/> hatte, dasselbe sogleich durchgeführt wissen und so gleichsam noch während des</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0401]
Rekruten und neuernannte Offiziere und Unteroffiziere ergänzt werden. Denn
von den Letzteren hatte man gar keine Reserve. Wurde die Armee vermehrt, so
ersetzte man die offenen Stellen durch Avancement, erfolgte dann eine Stan¬
desherabsetzung, so suchte man die Ueberzähligen auf verschiedene Weise und
so schnell als möglich wieder los zu werden. Wer nun aus der Armee aus¬
schied, blieb auch für die Zukunft von derselben entfernt und konnte höchstens
bei einem Freicorps unterkommen. Wurde nun wieder gerüstet, so wurden
abermals, ohne Rücksicht auf die Tausende der Pensionäre und der in Civil¬
dienst getretenen ehemaligen Offiziere zu nehmen, die fehlenden Stellen durch
Beförderung ersetzt. Da nun Reducirungen und Wiedererrichtungen sich wäh¬
rend der letzten zehn Jahre in Oestreich fast ebenso regelmäßig wie der Wechsel der
Jahresvicrtel folgten, so war zwar das Avancement bei manchen Truppen ein
höchst günstiges, in gleichem Grade wuchs aber auch die Zahl derer, welche,
ohne die nöthige Fähigkeit dazu zu besitzen, zu einer höheren Stellung gelangten.
Ueberhaupt hatte man nichts gethan, um die ohnedies sehr mangelhaften
Anstalten zur Heranbildung der Offiziere und Unteroffiziere zu verbessern.
Die Erziehüngshäuser, aus denen früher wenigstens eine namhafte Anzahl
guter Unteroffiziere hervorgegangen war, wurden auf den vierten Theil ihrer
Zahl vermindert, die höheren Militärschulen aber wurden zwar verfeinert, jedoch
nicht vermehrt und auch nicht besonders verbessert.
Waren früher die Regimenter allzulange in ihren Garnisonen verblieben,
so wurden jetzt die letzteren so oft gewechselt, daß alle erst bei längerer Dauer
Vortheil bringenden Einrichtungen für den Unterricht der Soldaten und Unter¬
offiziere unterbleiben mußten. Die sogenannten ex propi-us und die Kaiser-
cadeten wurden aufgehoben, und es gab blos Cadeten einer Art. Aber auf
den theoretischen Unterricht derselben wurde noch geringere Aufmerksamkeit als
früher verwendet. Dazu kam der häufige Wechsel der Offiziere und besonders
der höheren Befehlshaber. Mochte sich auch das Reglement noch so deutlich
und erschöpfend über Alles aussprechen, so konnte doch nicht vermieden
werden, daß jeder Befehlshaber, jeder Lehrer sein eigenes System befolgte und
auf die besondere Ausbildung seiner Schüler in diesem oder jenem Gegenstande
ein größeres Gewicht legte. Daher wurde weder im Theoretischen noch im
Praktischen etwas Ordentliches — erzielt nur im Paradewesen machte man glän¬
zende Fortschritte.
Auch blieb den meisten Befehlshabern, selbst wenn sie es wollten und konn¬
ten, nicht einmal die nöthige Zeit, das wahrhaft Nützliche mit der nöthigen
Ruhe und Bedachtsamkeit zu betreiben, da sie durch zu viele Geringfügigkeiten,
denen man aber einen hohen Werth beilegte, beschäftigt und abgemattet wur¬
den, sowie man auch, wenn man wirklich einmal etwas Gutes angeordnet
hatte, dasselbe sogleich durchgeführt wissen und so gleichsam noch während des
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