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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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sehr er die Mängel der ersten selber empfinde. Seine eigenthümliche Anlage
wird ihm als dramatischem Dichter immer bestimmte Grenzen stecken. Allein
innerhalb dieser Grenzen hat er mit seinem Friedrich dem Zweiten einen nicht
unbedeutenden Schritt über Saul hinaus gethan.

Der Gang des Stücks ist kurz folgender. Der erste Act -- er spielt zu
Verona -- bringt in mäßigem Tempo die Exposition. Handlung bringt er
noch keine. Doch sind der Reihe nach die Momente angedeutet, welche später
sich zu tragischen Conflicten steigern; nicht blos der mit dem Papst, welcher mit
dessen Flucht nach Lyon zu einem brennenden wird, sondern auch die Keime,
die später zum Riß zwischen Friedrich und Pietro treiben müssen. Schon jetzt
wird die Spannung des Zuhörers besonders auf diesen Punkt sich richten.
Pietros Handlungsweise läßt künftiges Unheil ahnen.

Der zweite Act bringt zunächst die Kirchenversammlung in Lyon, auf welcher
der Legat trotz der Einsprache Pietros den Kaiser für abgesetzt erklärt, eine
lebhafte dramatische Scene, die mit dem Fluch über Friedrich und seine
Freunde schließt. Der übrige Act spielt zu Grosseto am Hof des Kaisers.
Die Päpstlichen zetteln eine Verschwörung gegen Friedrich an. Dieser erfährt
das Resultat der Kirchenversammlung. Die Spuren der Entfremdung werden
sichtbarer. Der Kaiser beginnt Mißtrauen gegen Pietro zu zeigen, obwohl er
ihn noch als seinen ersten Diener werth hält.

Der dritte Act spielt gleichfalls zu Grosscto. An Pietro tritt jetzt die
Versuchung von Seiten des Papstes heran. Eine neue, wiewohl unwissentliche
Beleidigung von Seite des Kaisers kommt hinzu, um in Pietro den Gedanken
reisen zu lassen, sich unabhängig in die Mitte zwischen Kaiser und Papst zu
stellen. Kaiserlicher Hoftag. Mitten in den Jubel und die Lust des Festes
fallen die Schatten des getrübten Verhältnisses. Eine Auseinandersetzung beider
zeigt ihre Naturen in ihrer ganzen Gegensätzlichkeit und schärft den Conflict.
Der Aufruhr bricht los, nicht nach Pietros Sinn, aber dieser fühlt, daß er
jetzt nicht mehr zurück kann.

Der vierte Act führt uns nach Trutzparma -- der von Friedrich der re¬
bellischen Stadt gegenüber angelegten Feste Vittoria. Ein feindlicher Ueberfall
zerstört es. Dagegen wird der Aufstand unterdrückt. Documente, die Pietro
compromittiren, fallen Friedrich in die Hand. Der stärkste Verdacht endlich
fällt auf Pietro, als sein von den Päpstlichen bestochener Arzt einen Vergif¬
tungsversuch am Kaiser macht. Das Gericht spricht Pietro des Todes schuldig.
Friedrich läßt ihn blenden. Die Fürbitten der Seinen kommen zu spät.

Fünfter Act. Der Betrug ist entdeckt. Friedrich, von Neue zermalmt,
fühlt alle Stützen von sich weichen. Hermann von Salza bringt gute Bot¬
schaft aus Deutschland, der Kaiser gibt sich neuen Entwürfen, neuen Hoffnungen
hin. Der geblendete Pietro, voll Hasses gegen den Staufen, verflucht ihn und


sehr er die Mängel der ersten selber empfinde. Seine eigenthümliche Anlage
wird ihm als dramatischem Dichter immer bestimmte Grenzen stecken. Allein
innerhalb dieser Grenzen hat er mit seinem Friedrich dem Zweiten einen nicht
unbedeutenden Schritt über Saul hinaus gethan.

Der Gang des Stücks ist kurz folgender. Der erste Act — er spielt zu
Verona — bringt in mäßigem Tempo die Exposition. Handlung bringt er
noch keine. Doch sind der Reihe nach die Momente angedeutet, welche später
sich zu tragischen Conflicten steigern; nicht blos der mit dem Papst, welcher mit
dessen Flucht nach Lyon zu einem brennenden wird, sondern auch die Keime,
die später zum Riß zwischen Friedrich und Pietro treiben müssen. Schon jetzt
wird die Spannung des Zuhörers besonders auf diesen Punkt sich richten.
Pietros Handlungsweise läßt künftiges Unheil ahnen.

Der zweite Act bringt zunächst die Kirchenversammlung in Lyon, auf welcher
der Legat trotz der Einsprache Pietros den Kaiser für abgesetzt erklärt, eine
lebhafte dramatische Scene, die mit dem Fluch über Friedrich und seine
Freunde schließt. Der übrige Act spielt zu Grosseto am Hof des Kaisers.
Die Päpstlichen zetteln eine Verschwörung gegen Friedrich an. Dieser erfährt
das Resultat der Kirchenversammlung. Die Spuren der Entfremdung werden
sichtbarer. Der Kaiser beginnt Mißtrauen gegen Pietro zu zeigen, obwohl er
ihn noch als seinen ersten Diener werth hält.

Der dritte Act spielt gleichfalls zu Grosscto. An Pietro tritt jetzt die
Versuchung von Seiten des Papstes heran. Eine neue, wiewohl unwissentliche
Beleidigung von Seite des Kaisers kommt hinzu, um in Pietro den Gedanken
reisen zu lassen, sich unabhängig in die Mitte zwischen Kaiser und Papst zu
stellen. Kaiserlicher Hoftag. Mitten in den Jubel und die Lust des Festes
fallen die Schatten des getrübten Verhältnisses. Eine Auseinandersetzung beider
zeigt ihre Naturen in ihrer ganzen Gegensätzlichkeit und schärft den Conflict.
Der Aufruhr bricht los, nicht nach Pietros Sinn, aber dieser fühlt, daß er
jetzt nicht mehr zurück kann.

Der vierte Act führt uns nach Trutzparma — der von Friedrich der re¬
bellischen Stadt gegenüber angelegten Feste Vittoria. Ein feindlicher Ueberfall
zerstört es. Dagegen wird der Aufstand unterdrückt. Documente, die Pietro
compromittiren, fallen Friedrich in die Hand. Der stärkste Verdacht endlich
fällt auf Pietro, als sein von den Päpstlichen bestochener Arzt einen Vergif¬
tungsversuch am Kaiser macht. Das Gericht spricht Pietro des Todes schuldig.
Friedrich läßt ihn blenden. Die Fürbitten der Seinen kommen zu spät.

Fünfter Act. Der Betrug ist entdeckt. Friedrich, von Neue zermalmt,
fühlt alle Stützen von sich weichen. Hermann von Salza bringt gute Bot¬
schaft aus Deutschland, der Kaiser gibt sich neuen Entwürfen, neuen Hoffnungen
hin. Der geblendete Pietro, voll Hasses gegen den Staufen, verflucht ihn und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/383>, abgerufen am 28.07.2024.