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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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unsterblich machen, und der Ferrarier Garofalo stand in seinen Diensten. Aber
die Meisterwerke aus der Schule seiner eigenen Hauptstadt befriedigten Alfvnzo
ebensowenig- wie die, bedeutendsten Erzeugnisse der venetianischen Maler. Offen¬
bar sehnte er sich nach einem Gemälde Rafaels, scheint sich aber vergeblich
darnach bemüht zu haben. Sein Streben nach einem solchen und seine Be¬
harrlichkeit in dieser Angelegenheit führte zu der Evrrespondenz, welche die
Quelle für unsre- neue Kenntniß von Rafaels letzten Jahren ist. Den Zeit¬
punkt festzustellen, in welchem das Verhältniß zwischen Rassel und Alfvnzo
d'Este angeknüpft wurde, ist dem Marquis Campvri leider nicht gelungen.
Indeß nimmt er als sehr wahrscheinlich an, daß dies in den Jahren 1512--13
geschah, zu welcher Zeit der Herzog erwiesenermaßen zweimal Rom besucht
hat. Möglich, daß bei einem Aufenthalt Ariostos und Alfonzos in der heiligen
Stadt gelegentlich der Huldigung Leos des Zehnten, der Dichter die Gelegenheit
benutzt hat, Rafael mit dem Herzog zusammenzubringen. Jedenfalls gab
jener diesem ein Versprechen, welches er später nicht erfüllen konnte, und
an das er bis ans Ende seines Lebens gemahnt wurde. Man weiß wirtlich
nicht, ob man sich mehr über die Beharrlichkeit wundern soll, mit welcher der
Herzog durch seine Bevollmächtigten immer wieder auf die Frage zurückkam,
"wann das versprochene Bild fertig sei" oder über die verschiedenen Ausflüchte
in Rafaels Antworten,

Herzoglicher Gesandter in Rom war in den Jahren 1516 bis 1519
Beltrame Cvstabili, Bischof von Adria, und einer seiner ersten Aufträge scheint
ein Besuch bei Rafael gewesen zu sein, um ihn an sein Versprechen zu erinnern.
Drei Briefe Cvstabilis handeln von nichts als dieser Angelegenheit. In dem
ersten, vom 21. März 1517 datirt, erklärt er: daß er noch keine Gelegenheit
gehabt habe, mit Rafael zu sprechen. In dem zweiten, vom 28. März, heißt
es: daß der Maler mit dem "Se. Michael" beschäftigt sei, der vom Papst
Leo X. bestellt und für König Franz den Ersten bestimmt war, und daß er
Alfonzos Auftrag nur nach Beendigung dieser Arbeit vollziehen könne. Im
dritten Schreiben, vom 30. März 1517, wird gemeldet, daß Rafael das Bild nicht
vergessen und sich bereit erklärt habe, bei der Anschaffung von Antiken behilflich
zu sein. Alfvnzo hegte offenbar eine Liebhaberei für Medaillen, Statuen und
Köpfe, wie sie zu jener Zeu unaufhörlich auftauchten, und zwar in Folge von
Nachforschungen, die unter Rafaels eigner Leitung in verschiedenen Stadttheilen
Roms angestellt wurden. Wie es scheint, hatte Alfonzo gehört^ daß ein antiker
Stuhl, angeblich von Poliklet, entdeckt worden sei, und den Wunsch ausgesprochen,
denselben zu besitzen. Da dieser nicht zu befriedigen wär, schlug ihm Rafael
eine andere Antike vor, die mit vier Figuren, je ungefähr 1' hoch, geschmückt
war. Ob der Herzog auf diesen Vorschlag eingegangen, ist nicht mehr nach¬
zuweisen. Indeß erstreckte sich augenscheinlich Alfonzos Leidenschaft nicht nur


unsterblich machen, und der Ferrarier Garofalo stand in seinen Diensten. Aber
die Meisterwerke aus der Schule seiner eigenen Hauptstadt befriedigten Alfvnzo
ebensowenig- wie die, bedeutendsten Erzeugnisse der venetianischen Maler. Offen¬
bar sehnte er sich nach einem Gemälde Rafaels, scheint sich aber vergeblich
darnach bemüht zu haben. Sein Streben nach einem solchen und seine Be¬
harrlichkeit in dieser Angelegenheit führte zu der Evrrespondenz, welche die
Quelle für unsre- neue Kenntniß von Rafaels letzten Jahren ist. Den Zeit¬
punkt festzustellen, in welchem das Verhältniß zwischen Rassel und Alfvnzo
d'Este angeknüpft wurde, ist dem Marquis Campvri leider nicht gelungen.
Indeß nimmt er als sehr wahrscheinlich an, daß dies in den Jahren 1512—13
geschah, zu welcher Zeit der Herzog erwiesenermaßen zweimal Rom besucht
hat. Möglich, daß bei einem Aufenthalt Ariostos und Alfonzos in der heiligen
Stadt gelegentlich der Huldigung Leos des Zehnten, der Dichter die Gelegenheit
benutzt hat, Rafael mit dem Herzog zusammenzubringen. Jedenfalls gab
jener diesem ein Versprechen, welches er später nicht erfüllen konnte, und
an das er bis ans Ende seines Lebens gemahnt wurde. Man weiß wirtlich
nicht, ob man sich mehr über die Beharrlichkeit wundern soll, mit welcher der
Herzog durch seine Bevollmächtigten immer wieder auf die Frage zurückkam,
„wann das versprochene Bild fertig sei" oder über die verschiedenen Ausflüchte
in Rafaels Antworten,

Herzoglicher Gesandter in Rom war in den Jahren 1516 bis 1519
Beltrame Cvstabili, Bischof von Adria, und einer seiner ersten Aufträge scheint
ein Besuch bei Rafael gewesen zu sein, um ihn an sein Versprechen zu erinnern.
Drei Briefe Cvstabilis handeln von nichts als dieser Angelegenheit. In dem
ersten, vom 21. März 1517 datirt, erklärt er: daß er noch keine Gelegenheit
gehabt habe, mit Rafael zu sprechen. In dem zweiten, vom 28. März, heißt
es: daß der Maler mit dem „Se. Michael" beschäftigt sei, der vom Papst
Leo X. bestellt und für König Franz den Ersten bestimmt war, und daß er
Alfonzos Auftrag nur nach Beendigung dieser Arbeit vollziehen könne. Im
dritten Schreiben, vom 30. März 1517, wird gemeldet, daß Rafael das Bild nicht
vergessen und sich bereit erklärt habe, bei der Anschaffung von Antiken behilflich
zu sein. Alfvnzo hegte offenbar eine Liebhaberei für Medaillen, Statuen und
Köpfe, wie sie zu jener Zeu unaufhörlich auftauchten, und zwar in Folge von
Nachforschungen, die unter Rafaels eigner Leitung in verschiedenen Stadttheilen
Roms angestellt wurden. Wie es scheint, hatte Alfonzo gehört^ daß ein antiker
Stuhl, angeblich von Poliklet, entdeckt worden sei, und den Wunsch ausgesprochen,
denselben zu besitzen. Da dieser nicht zu befriedigen wär, schlug ihm Rafael
eine andere Antike vor, die mit vier Figuren, je ungefähr 1' hoch, geschmückt
war. Ob der Herzog auf diesen Vorschlag eingegangen, ist nicht mehr nach¬
zuweisen. Indeß erstreckte sich augenscheinlich Alfonzos Leidenschaft nicht nur


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/29>, abgerufen am 22.12.2024.