Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.gangne Communication mit der andern und ohne Aufforderung zur Mitautor¬ Was aber den Fürstencongreß selbst betrifft und seine Folgen, so läßt sich gangne Communication mit der andern und ohne Aufforderung zur Mitautor¬ Was aber den Fürstencongreß selbst betrifft und seine Folgen, so läßt sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0284" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115676"/> <p xml:id="ID_792" prev="#ID_791"> gangne Communication mit der andern und ohne Aufforderung zur Mitautor¬<lb/> schaft vorgelegt wurde und nicht zugleich von Preußen ausgeht. Das Ein¬<lb/> ladungsschreiben des Kaisers hat ein mehre Tage älteres Datum, als die<lb/> Zusammenkunft des Kaisers mit dem Könige zu Gastein, wo der König von<lb/> Preußen zuerst von dem Entschluß des Kaisers in Kenntniß gesetzt wurde. Und<lb/> ganz der Stellung angemessen, welche die gegenwärtige preußische Regierung<lb/> in der Achtung Europas einnimmt, ist die Art und Weise, in welcher das<lb/> berliner Cabinet aus das officielle Einladungsschreiben, geantwortet hat. Denn<lb/> diese Antwort ist weder eine Annahme noch eine Ablehnung. Das persönliche<lb/> Nichterscheinen des Königs wird dadurch erklärt, weil man nicht sicher sei, ob<lb/> durch die Zusammenkunft nicht auch Gutes, was der bestehende Bund gewähre,<lb/> in Frage gestellt werde. — Preußen, das seit einem Decennium systematisch<lb/> jede Thätigkeit des Bundes zurückgehalten hat, versucht sich jetzt als Vertreter<lb/> der alten Bundesinstitutioucn darzustellen! — Wenn man aber von einer per¬<lb/> sönlichen Zusammenkunft der Fürsten ohne vorhergehende' Ministerconferenzen<lb/> keinen Erfolg erwarte, sei man doch bereit, solche Conferenzen zu beschicken.<lb/> Es ist also weder Annahme noch Ablehnung, sondern reine Ratlosigkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_793" next="#ID_794"> Was aber den Fürstencongreß selbst betrifft und seine Folgen, so läßt sich<lb/> schon jetzt erkennen, daß die Stellung der deutschen Fürsten zu den Vorschlägen<lb/> Oestreichs nicht ganz so kühl sein wird, wie die im Uebrigen vortreffliche und pa¬<lb/> triotische Beurtheilung des östreichischen Projcctcs in den großen Zeitungen<lb/> Berlins annimmt. Auch die deutschen Souveräne der Mittelstaaten erkennen,<lb/> und die festlichen Voltsdemonstrationcn der letzten Wochen haben diese Einsicht<lb/> verschärft, daß sie etwas Ernstes thun, sogar Opfer bringen müssen, um den<lb/> lauten Forderungen des Volkes einigermaßen Genüge zu thun. Wie gebrochen<lb/> auch die Lichtstrahlen des deutschen Liberalismus in ihrer Nähe wirken, nicht<lb/> wenige von ihnen fühlen doch eine innere Verpflichtung, sich patriotisch und<lb/> volksthümlich zu erweisen. Sie wissen sehr wohl, daß sie beim Anschluß an<lb/> Oestreich weniger für theure Rechte ihrer Souveränetät zu besorgen haben, als<lb/> in einem preußischen Bundesstaat. Sie empfinden ferner,^daß die gegenwärtige<lb/> Zeit: äußere Gefahr, Ohnmacht Preußens, Aufstreben Oestreichs, demokratische<lb/> Stimmungen im Volke, die Nothwendigkeit auferlegen, energisch ans Werk zu<lb/> gehn. Und nicht weniger mächtig wirkt in ihnen. Wenige ausgenommen —<lb/> die Abneigung gegen das preußische Wesen, einmal, weil sie in der nationalen<lb/> Partei Preußens, jetzt sogar in einer künftigen Regierung, die Anfänge einer<lb/> neuen Zeit sehen, welche ihnen höchst gefährlich werden kann, dann aber, weil<lb/> auch die letzten preußischen Regierungen durch ihre jahrelange thatenlose Ne¬<lb/> gation beim Bunde in der That manches Gute verhindert und dabei über¬<lb/> reichlich die Unkraft bewiesen haben, Besseres zu schaffen, endlich weil man der<lb/> Regierung des Herrn v. Bismarck jeden außerordentlichen Einfall zutraut und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0284]
gangne Communication mit der andern und ohne Aufforderung zur Mitautor¬
schaft vorgelegt wurde und nicht zugleich von Preußen ausgeht. Das Ein¬
ladungsschreiben des Kaisers hat ein mehre Tage älteres Datum, als die
Zusammenkunft des Kaisers mit dem Könige zu Gastein, wo der König von
Preußen zuerst von dem Entschluß des Kaisers in Kenntniß gesetzt wurde. Und
ganz der Stellung angemessen, welche die gegenwärtige preußische Regierung
in der Achtung Europas einnimmt, ist die Art und Weise, in welcher das
berliner Cabinet aus das officielle Einladungsschreiben, geantwortet hat. Denn
diese Antwort ist weder eine Annahme noch eine Ablehnung. Das persönliche
Nichterscheinen des Königs wird dadurch erklärt, weil man nicht sicher sei, ob
durch die Zusammenkunft nicht auch Gutes, was der bestehende Bund gewähre,
in Frage gestellt werde. — Preußen, das seit einem Decennium systematisch
jede Thätigkeit des Bundes zurückgehalten hat, versucht sich jetzt als Vertreter
der alten Bundesinstitutioucn darzustellen! — Wenn man aber von einer per¬
sönlichen Zusammenkunft der Fürsten ohne vorhergehende' Ministerconferenzen
keinen Erfolg erwarte, sei man doch bereit, solche Conferenzen zu beschicken.
Es ist also weder Annahme noch Ablehnung, sondern reine Ratlosigkeit.
Was aber den Fürstencongreß selbst betrifft und seine Folgen, so läßt sich
schon jetzt erkennen, daß die Stellung der deutschen Fürsten zu den Vorschlägen
Oestreichs nicht ganz so kühl sein wird, wie die im Uebrigen vortreffliche und pa¬
triotische Beurtheilung des östreichischen Projcctcs in den großen Zeitungen
Berlins annimmt. Auch die deutschen Souveräne der Mittelstaaten erkennen,
und die festlichen Voltsdemonstrationcn der letzten Wochen haben diese Einsicht
verschärft, daß sie etwas Ernstes thun, sogar Opfer bringen müssen, um den
lauten Forderungen des Volkes einigermaßen Genüge zu thun. Wie gebrochen
auch die Lichtstrahlen des deutschen Liberalismus in ihrer Nähe wirken, nicht
wenige von ihnen fühlen doch eine innere Verpflichtung, sich patriotisch und
volksthümlich zu erweisen. Sie wissen sehr wohl, daß sie beim Anschluß an
Oestreich weniger für theure Rechte ihrer Souveränetät zu besorgen haben, als
in einem preußischen Bundesstaat. Sie empfinden ferner,^daß die gegenwärtige
Zeit: äußere Gefahr, Ohnmacht Preußens, Aufstreben Oestreichs, demokratische
Stimmungen im Volke, die Nothwendigkeit auferlegen, energisch ans Werk zu
gehn. Und nicht weniger mächtig wirkt in ihnen. Wenige ausgenommen —
die Abneigung gegen das preußische Wesen, einmal, weil sie in der nationalen
Partei Preußens, jetzt sogar in einer künftigen Regierung, die Anfänge einer
neuen Zeit sehen, welche ihnen höchst gefährlich werden kann, dann aber, weil
auch die letzten preußischen Regierungen durch ihre jahrelange thatenlose Ne¬
gation beim Bunde in der That manches Gute verhindert und dabei über¬
reichlich die Unkraft bewiesen haben, Besseres zu schaffen, endlich weil man der
Regierung des Herrn v. Bismarck jeden außerordentlichen Einfall zutraut und
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