Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.verrichten muß. Endlich an Markttagen sehen wir truppweise das gutmüthige Will man Posen in seinem Staatskleide seben, so muß man sich zur Zeit Die Wilhelmstraße verbindet die beiden Plätze, den Wilhelmsplatz und den - Wir gehen den Hügel hinab, durch das Fort gleichen Namens hindurch, verrichten muß. Endlich an Markttagen sehen wir truppweise das gutmüthige Will man Posen in seinem Staatskleide seben, so muß man sich zur Zeit Die Wilhelmstraße verbindet die beiden Plätze, den Wilhelmsplatz und den - Wir gehen den Hügel hinab, durch das Fort gleichen Namens hindurch, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0266" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115658"/> <p xml:id="ID_725" prev="#ID_724"> verrichten muß. Endlich an Markttagen sehen wir truppweise das gutmüthige<lb/> polnische Landvolk in seinen bunten Trachten schnapsselig und seine unharmo¬<lb/> nischen Melodien singend den Thoren zutaumeln, die Männer meist von den<lb/> Frauen geleitet, während der deutsche Hauländer still und bedächtig seines We¬<lb/> ges wandert, auch er in der Landestracht, ^welche seine Vorfahren aus ihrer<lb/> deutschen Heimath mit herübergebracht haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_726"> Will man Posen in seinem Staatskleide seben, so muß man sich zur Zeit<lb/> der Karnevals einfinden, wo in der polnischen laut«-vo16ö ein Fest das an¬<lb/> dere drängt, und der Landedelmann mit Familie. Equipage und Dienerschaft<lb/> nach der Stadt kommt, um eine Pracht zu entfalten, welche meist über seine<lb/> Verhältnisse gebt. Oder man muß um Johanni zum Wollmarkt und Pferde¬<lb/> rennen kommen, wo der Inhalt eben gefüllter Börsen in rauschenden Trink-<lb/> und Spielgelagen bei Herrn Kaatz verjubelt wird und die zahlreichen Freunde<lb/> und Freundinnen des Sport von Nah und Fern sich versammeln, um ihre<lb/> und andrer Leute Pferde prunken zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_727"> Die Wilhelmstraße verbindet die beiden Plätze, den Wilhelmsplatz und den<lb/> Kanonenplatz. Wir wenden uns letzterem zu, um nach dem Fort Winiary zu<lb/> gelangen. Jenseit des Platzes baut sich nicht unmalerisch auf einem Hügel das<lb/> weitläufige Garnisonlazareth mit der Garnisonkirche und der uralten Kirche von<lb/> Se. Adalbert auf. Am diesseitigen Fuße des Hügels stehen in langen glänzen¬<lb/> den Reihen die Geschütze der in Posen garnisonirenden Feldbalterien und nahe<lb/> dabei ragen einige alte Pappeln hoch in die Luft, deren eine in ihren, Stamme<lb/> die Kugelspuren der einzigen unen preußischer Herrschaft stattgehabten stand¬<lb/> rechtlichen Execution trägt. Dort ward 1846 ein Insurgent erschossen, der<lb/> einen Gensdarm meuchlerisch tödtete; jetzt schildert ein Soldat an der Stelle,<lb/> weil man selbst diesen Meuchelmord zu politischen Demonstrationen durch Auf¬<lb/> hängen von Kränzen Zc. benutzen wollte. Der Hügel von Se. Adalbert, kaum<lb/> 6000 Schritt von den ehemaligen Umfassungsmauern der Stadtbefestigung ent¬<lb/> fernt, war in den früheren Kriegen oft Gegenstand erbitterter Kämpfe, von<lb/> welchen an Kirche und .Kirchhofsmauer mannigfache Spuren zurückgeblieben sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_728" next="#ID_729"> - Wir gehen den Hügel hinab, durch das Fort gleichen Namens hindurch,<lb/> überschreiten den Thalgrund und steigen jenseits durch anmuthige Parkanlagen<lb/> auf breiter chaussirter Straße die Höhe hinan, welche vom Fort Winiary ge¬<lb/> krönt ist. Oben angelangt stehen wir vor einem gewaltigen massiven Thurme,<lb/> an welchen sich rechts und links kasemattirte Fronten mit zwei Reihen von<lb/> Schießscharten übereinander anschließen. Ueber den tief eingeschnittenen Gra¬<lb/> ben führt eine Zugbrücke zum Eingangsthor. Wir treten näher; eine Schild¬<lb/> wache fragt nach unserem Begehren und führt uns über den weiten Hofraum<lb/> des Forts zum wachthabenden Offizier, um uns dort die Erlaubniß zur Be¬<lb/> steigung einer der Thürme auszuwirken. Der Schiüsselmajor erscheint mit einem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0266]
verrichten muß. Endlich an Markttagen sehen wir truppweise das gutmüthige
polnische Landvolk in seinen bunten Trachten schnapsselig und seine unharmo¬
nischen Melodien singend den Thoren zutaumeln, die Männer meist von den
Frauen geleitet, während der deutsche Hauländer still und bedächtig seines We¬
ges wandert, auch er in der Landestracht, ^welche seine Vorfahren aus ihrer
deutschen Heimath mit herübergebracht haben.
Will man Posen in seinem Staatskleide seben, so muß man sich zur Zeit
der Karnevals einfinden, wo in der polnischen laut«-vo16ö ein Fest das an¬
dere drängt, und der Landedelmann mit Familie. Equipage und Dienerschaft
nach der Stadt kommt, um eine Pracht zu entfalten, welche meist über seine
Verhältnisse gebt. Oder man muß um Johanni zum Wollmarkt und Pferde¬
rennen kommen, wo der Inhalt eben gefüllter Börsen in rauschenden Trink-
und Spielgelagen bei Herrn Kaatz verjubelt wird und die zahlreichen Freunde
und Freundinnen des Sport von Nah und Fern sich versammeln, um ihre
und andrer Leute Pferde prunken zu lassen.
Die Wilhelmstraße verbindet die beiden Plätze, den Wilhelmsplatz und den
Kanonenplatz. Wir wenden uns letzterem zu, um nach dem Fort Winiary zu
gelangen. Jenseit des Platzes baut sich nicht unmalerisch auf einem Hügel das
weitläufige Garnisonlazareth mit der Garnisonkirche und der uralten Kirche von
Se. Adalbert auf. Am diesseitigen Fuße des Hügels stehen in langen glänzen¬
den Reihen die Geschütze der in Posen garnisonirenden Feldbalterien und nahe
dabei ragen einige alte Pappeln hoch in die Luft, deren eine in ihren, Stamme
die Kugelspuren der einzigen unen preußischer Herrschaft stattgehabten stand¬
rechtlichen Execution trägt. Dort ward 1846 ein Insurgent erschossen, der
einen Gensdarm meuchlerisch tödtete; jetzt schildert ein Soldat an der Stelle,
weil man selbst diesen Meuchelmord zu politischen Demonstrationen durch Auf¬
hängen von Kränzen Zc. benutzen wollte. Der Hügel von Se. Adalbert, kaum
6000 Schritt von den ehemaligen Umfassungsmauern der Stadtbefestigung ent¬
fernt, war in den früheren Kriegen oft Gegenstand erbitterter Kämpfe, von
welchen an Kirche und .Kirchhofsmauer mannigfache Spuren zurückgeblieben sind.
- Wir gehen den Hügel hinab, durch das Fort gleichen Namens hindurch,
überschreiten den Thalgrund und steigen jenseits durch anmuthige Parkanlagen
auf breiter chaussirter Straße die Höhe hinan, welche vom Fort Winiary ge¬
krönt ist. Oben angelangt stehen wir vor einem gewaltigen massiven Thurme,
an welchen sich rechts und links kasemattirte Fronten mit zwei Reihen von
Schießscharten übereinander anschließen. Ueber den tief eingeschnittenen Gra¬
ben führt eine Zugbrücke zum Eingangsthor. Wir treten näher; eine Schild¬
wache fragt nach unserem Begehren und führt uns über den weiten Hofraum
des Forts zum wachthabenden Offizier, um uns dort die Erlaubniß zur Be¬
steigung einer der Thürme auszuwirken. Der Schiüsselmajor erscheint mit einem
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