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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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übt. Könnte man jenen als Minister des Innern bezeichnen, so wäre der
Sakibobo, der Oberbefehlshaber des Heeres, der Leibwache und der Bauleute
des Palastes als Kriegsminister anzusehen. Jede Ortschaft hat ihren besondern
Richter. Strafen scheint man nur zweierlei zu kennen: Tod oder Einbuße an
Eigenthum. Schwerere Verbrecher werden geköpft oder verbrannt, bisweilen
auch zieht man ihnen die Haut ab, wobei man mit dem Gesicht anfängt. Für
das Entrinnen eines Verbrechers ist das ganze betreffende Dorf verantwortlich;
die Männer werden dann ohne Unterschied hingerichtet, die Frauen in die
Sklaverei verkauft.

Auch in Ugcckda enthält sich der König aller geistigen Getränke, und auch
hier ist das Volk ein hübscher Menschenschlag, besser von Charakter, gelehriger
und dankbarer als die Stämme um Käses und zwischen dieser Stadt und Moni¬
kas oder, Zanzibar. Es kleidet sich wie die Bewohner von Karagweh, doch
mit dem Unterschiede, daß hier die Weiber die Brust bedecken. Milch wird hier
nur von Frauen getrunken, die Männer halten sich an das erwähnte Durrah¬
bier Pombe und an den Pisangwein. Als Geld dienen in Uganda wie in
Karagweh Rinder und Schnüre von Glasperlen, als Scheidemünze gelten kleine
Muscheln, die hier Slahl, anderwärts Kann hießen.

Das Volk von Unyoro, dein dritten Königreich in der Nähe der Haupt-
quelle des Nil, ist uns weniger bekannt. Es ist ein besonderer Stamm, spricht
aber eine Mundart, welche mit jener, die in den bereits genannten Ländern
herrscht, einem und demselben Grunbftamm angehört. Sie haben viel von den
Nachbarn in Uganda zu leide", von welchen sie schimpflicherweise als Wittn
oder Sklavenvolk bezeichnet werden, und an welche sie unter Suma die südliche
Hälfte ihres Landes verloren. Der Nest wird ebenso despotisch regiert als
Uganda. Vor etwa zehn Jahren starb ihr Sultan Ehawcunbi und hinterließ
drei Söhne; den einen nahmen die in das Land eingebrochenen Krieger Surah
gefangen, die beiden ändern regieren noch als unabhängige Fürsten das Gebiet
nördlich und westlich von Uganda. Das Land ist sehr fruchtbar. Elfenbein
soll in so großen Massen vorhanden sein, daß man es zur Umzäunung der
Häuser gebraucht. Sklaven sind wohlfeil und werden nach den südlichen Märk¬
ten gebracht. Die Hautfarbe der Leute von Unyoro, unter denen es ebenfalls
Wahuma oder Adelige gibt, ist (vermuthlich nur bei dem niedern Volt) ein
mattes Schwarz, der Kopf flach und zurücktretend, Augen und Unterkiefer sind
vorstehend. Um den vordem Theil des Kopfes haben sie große runde Flecke
eingebrannt. Manche ziehen sich die untern Schneidezähne aus.

In allen drei Königreichen, besonders aber in Karagweh, ziehen die Wa-
kosi herum, ein Hirtenvolk, welches aus dem Norden eingewandert ist und
sich für vornehmer als die Landeseingebornen hält. Die Araber sagen, man
könne sie an ihrem dunkelrothen Zahnfleisch erkennen, was sie (beiläufig wie


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übt. Könnte man jenen als Minister des Innern bezeichnen, so wäre der
Sakibobo, der Oberbefehlshaber des Heeres, der Leibwache und der Bauleute
des Palastes als Kriegsminister anzusehen. Jede Ortschaft hat ihren besondern
Richter. Strafen scheint man nur zweierlei zu kennen: Tod oder Einbuße an
Eigenthum. Schwerere Verbrecher werden geköpft oder verbrannt, bisweilen
auch zieht man ihnen die Haut ab, wobei man mit dem Gesicht anfängt. Für
das Entrinnen eines Verbrechers ist das ganze betreffende Dorf verantwortlich;
die Männer werden dann ohne Unterschied hingerichtet, die Frauen in die
Sklaverei verkauft.

Auch in Ugcckda enthält sich der König aller geistigen Getränke, und auch
hier ist das Volk ein hübscher Menschenschlag, besser von Charakter, gelehriger
und dankbarer als die Stämme um Käses und zwischen dieser Stadt und Moni¬
kas oder, Zanzibar. Es kleidet sich wie die Bewohner von Karagweh, doch
mit dem Unterschiede, daß hier die Weiber die Brust bedecken. Milch wird hier
nur von Frauen getrunken, die Männer halten sich an das erwähnte Durrah¬
bier Pombe und an den Pisangwein. Als Geld dienen in Uganda wie in
Karagweh Rinder und Schnüre von Glasperlen, als Scheidemünze gelten kleine
Muscheln, die hier Slahl, anderwärts Kann hießen.

Das Volk von Unyoro, dein dritten Königreich in der Nähe der Haupt-
quelle des Nil, ist uns weniger bekannt. Es ist ein besonderer Stamm, spricht
aber eine Mundart, welche mit jener, die in den bereits genannten Ländern
herrscht, einem und demselben Grunbftamm angehört. Sie haben viel von den
Nachbarn in Uganda zu leide», von welchen sie schimpflicherweise als Wittn
oder Sklavenvolk bezeichnet werden, und an welche sie unter Suma die südliche
Hälfte ihres Landes verloren. Der Nest wird ebenso despotisch regiert als
Uganda. Vor etwa zehn Jahren starb ihr Sultan Ehawcunbi und hinterließ
drei Söhne; den einen nahmen die in das Land eingebrochenen Krieger Surah
gefangen, die beiden ändern regieren noch als unabhängige Fürsten das Gebiet
nördlich und westlich von Uganda. Das Land ist sehr fruchtbar. Elfenbein
soll in so großen Massen vorhanden sein, daß man es zur Umzäunung der
Häuser gebraucht. Sklaven sind wohlfeil und werden nach den südlichen Märk¬
ten gebracht. Die Hautfarbe der Leute von Unyoro, unter denen es ebenfalls
Wahuma oder Adelige gibt, ist (vermuthlich nur bei dem niedern Volt) ein
mattes Schwarz, der Kopf flach und zurücktretend, Augen und Unterkiefer sind
vorstehend. Um den vordem Theil des Kopfes haben sie große runde Flecke
eingebrannt. Manche ziehen sich die untern Schneidezähne aus.

In allen drei Königreichen, besonders aber in Karagweh, ziehen die Wa-
kosi herum, ein Hirtenvolk, welches aus dem Norden eingewandert ist und
sich für vornehmer als die Landeseingebornen hält. Die Araber sagen, man
könne sie an ihrem dunkelrothen Zahnfleisch erkennen, was sie (beiläufig wie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/235>, abgerufen am 28.07.2024.