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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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nehmern des Zuges mindestens drei Vertheile im Norden von Mainlinie und
Erzgebirge zu Hause sein, und das Wettturnen auf dem Festplatte bewies, daß
die Kunst Zahns in dieser Hälfte Deutschlands nicht blos die meisten Jünger
hat, sondern auch am eifrigsten, ernsthaftesten und erfolgreichsten betrieben wird.

Ueber diese Leistungen der turnerischen Gäste Leipzigs sowie über den wei¬
teren Verlauf des' Festes berichten wir im nächsten Heft. Für jetzt nur noch
einmal, daß es bis in seine Einzelnheiten hinein wohl gelungen ist, und daß
es nicht verfehlen kann, heilsame Wirkungen auf Alle zu üben, welchen die
Freude beschieden war, an ihm theilzunehmen. Die deutschen Jünglinge und
Männer, die sich bei ihm zusammenfanden, haben nicht blos mit einander ge¬
turnt und gezecht, gesungen und gejubelt, sie haben auch manches gute Wort
zu hören bekommen. Sie haben eine echtbürgerliche deutsche Stadt kennen ge¬
lernt, deren Tüchtigkeit weit größeren und vornehmeren zum Vorbild die¬
nen kann. Sie haben gesehen, wie Deutschland wächst und was es ver¬
mag. Sie haben in der großen demokratischen Strömung geschwommen,
welche durch die Nation geht, und die selbst höchstgestellten Widersachern der
Selbstregierung Beachtung und Rücksichtnahme abnöthigt. Die Disciplin, die
das Fest ihnen auferlegte, um sich würdig zu entfalten, hob und adelte auch
die Geringen unter ihnen. Das Wohlwollen, welches ihnen überall
entgegenkam, das treuherzige Wesen, welches sie allenthalben begrüßte, wird
von ihnen tief und warm empfunden worden sein. Sie werden, als sie Heim¬
führer, das Gefühl mitgenommen haben, nicht blos einem großen, sondern
auch einem guten Volke anzugehören. Mehr wie je ein anderes Fest wird die
nationale Feier in Leipzig das Ineinanderwachsen der deutschen Völker gefördert
haben. So viel heimkehrende Festgenosscn, so viel mehr oder minder klare
und beredte, mehr oder minder eifrige Apostel des unitarischen Gedankens.

Ueberschwänglichkeiten, prunkvolle Phrasen und andere Kinder der Wein-
laune werden verschwinden, wenn nach dem Feste die nüchterne Arbeit wieder in
ihr Recht tritt. Die Gesammtwirkung der schönen stolzen Feier aber wird
bleibe" und als ein guter Same in den Gemüthern aufgehen zu heilsamen
Entschlüssen.




nehmern des Zuges mindestens drei Vertheile im Norden von Mainlinie und
Erzgebirge zu Hause sein, und das Wettturnen auf dem Festplatte bewies, daß
die Kunst Zahns in dieser Hälfte Deutschlands nicht blos die meisten Jünger
hat, sondern auch am eifrigsten, ernsthaftesten und erfolgreichsten betrieben wird.

Ueber diese Leistungen der turnerischen Gäste Leipzigs sowie über den wei¬
teren Verlauf des' Festes berichten wir im nächsten Heft. Für jetzt nur noch
einmal, daß es bis in seine Einzelnheiten hinein wohl gelungen ist, und daß
es nicht verfehlen kann, heilsame Wirkungen auf Alle zu üben, welchen die
Freude beschieden war, an ihm theilzunehmen. Die deutschen Jünglinge und
Männer, die sich bei ihm zusammenfanden, haben nicht blos mit einander ge¬
turnt und gezecht, gesungen und gejubelt, sie haben auch manches gute Wort
zu hören bekommen. Sie haben eine echtbürgerliche deutsche Stadt kennen ge¬
lernt, deren Tüchtigkeit weit größeren und vornehmeren zum Vorbild die¬
nen kann. Sie haben gesehen, wie Deutschland wächst und was es ver¬
mag. Sie haben in der großen demokratischen Strömung geschwommen,
welche durch die Nation geht, und die selbst höchstgestellten Widersachern der
Selbstregierung Beachtung und Rücksichtnahme abnöthigt. Die Disciplin, die
das Fest ihnen auferlegte, um sich würdig zu entfalten, hob und adelte auch
die Geringen unter ihnen. Das Wohlwollen, welches ihnen überall
entgegenkam, das treuherzige Wesen, welches sie allenthalben begrüßte, wird
von ihnen tief und warm empfunden worden sein. Sie werden, als sie Heim¬
führer, das Gefühl mitgenommen haben, nicht blos einem großen, sondern
auch einem guten Volke anzugehören. Mehr wie je ein anderes Fest wird die
nationale Feier in Leipzig das Ineinanderwachsen der deutschen Völker gefördert
haben. So viel heimkehrende Festgenosscn, so viel mehr oder minder klare
und beredte, mehr oder minder eifrige Apostel des unitarischen Gedankens.

Ueberschwänglichkeiten, prunkvolle Phrasen und andere Kinder der Wein-
laune werden verschwinden, wenn nach dem Feste die nüchterne Arbeit wieder in
ihr Recht tritt. Die Gesammtwirkung der schönen stolzen Feier aber wird
bleibe» und als ein guter Same in den Gemüthern aufgehen zu heilsamen
Entschlüssen.




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[0222] nehmern des Zuges mindestens drei Vertheile im Norden von Mainlinie und Erzgebirge zu Hause sein, und das Wettturnen auf dem Festplatte bewies, daß die Kunst Zahns in dieser Hälfte Deutschlands nicht blos die meisten Jünger hat, sondern auch am eifrigsten, ernsthaftesten und erfolgreichsten betrieben wird. Ueber diese Leistungen der turnerischen Gäste Leipzigs sowie über den wei¬ teren Verlauf des' Festes berichten wir im nächsten Heft. Für jetzt nur noch einmal, daß es bis in seine Einzelnheiten hinein wohl gelungen ist, und daß es nicht verfehlen kann, heilsame Wirkungen auf Alle zu üben, welchen die Freude beschieden war, an ihm theilzunehmen. Die deutschen Jünglinge und Männer, die sich bei ihm zusammenfanden, haben nicht blos mit einander ge¬ turnt und gezecht, gesungen und gejubelt, sie haben auch manches gute Wort zu hören bekommen. Sie haben eine echtbürgerliche deutsche Stadt kennen ge¬ lernt, deren Tüchtigkeit weit größeren und vornehmeren zum Vorbild die¬ nen kann. Sie haben gesehen, wie Deutschland wächst und was es ver¬ mag. Sie haben in der großen demokratischen Strömung geschwommen, welche durch die Nation geht, und die selbst höchstgestellten Widersachern der Selbstregierung Beachtung und Rücksichtnahme abnöthigt. Die Disciplin, die das Fest ihnen auferlegte, um sich würdig zu entfalten, hob und adelte auch die Geringen unter ihnen. Das Wohlwollen, welches ihnen überall entgegenkam, das treuherzige Wesen, welches sie allenthalben begrüßte, wird von ihnen tief und warm empfunden worden sein. Sie werden, als sie Heim¬ führer, das Gefühl mitgenommen haben, nicht blos einem großen, sondern auch einem guten Volke anzugehören. Mehr wie je ein anderes Fest wird die nationale Feier in Leipzig das Ineinanderwachsen der deutschen Völker gefördert haben. So viel heimkehrende Festgenosscn, so viel mehr oder minder klare und beredte, mehr oder minder eifrige Apostel des unitarischen Gedankens. Ueberschwänglichkeiten, prunkvolle Phrasen und andere Kinder der Wein- laune werden verschwinden, wenn nach dem Feste die nüchterne Arbeit wieder in ihr Recht tritt. Die Gesammtwirkung der schönen stolzen Feier aber wird bleibe» und als ein guter Same in den Gemüthern aufgehen zu heilsamen Entschlüssen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/222>, abgerufen am 27.07.2024.