Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.Versicherung gegeben, "daß keinerlei politische Rücksichten die Feier stören wür¬ Mögen auch die hier ausgesprochenen Erwartungen hinsichtlich der Bethei¬ Versicherung gegeben, „daß keinerlei politische Rücksichten die Feier stören wür¬ Mögen auch die hier ausgesprochenen Erwartungen hinsichtlich der Bethei¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0109" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115501"/> <p xml:id="ID_304" prev="#ID_303"> Versicherung gegeben, „daß keinerlei politische Rücksichten die Feier stören wür¬<lb/> den", was wohl nur den Sinn haben kann, daß die am Grabe Körners ver¬<lb/> tretene deutsche Nation dort nicht an sich selbst und ihre unerfüllten Wünsche<lb/> und Hoffnungen, sondern ausschließlich an den gefallenen „Dichterheiden" den¬<lb/> ken solle, dessen Verherrlichung nach § 1 des Programms der alleinige Zweck<lb/> der Feier ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_305"> Mögen auch die hier ausgesprochenen Erwartungen hinsichtlich der Bethei¬<lb/> ligung keineswegs frei von Illusionen sein, so gewinnt es doch fast den An¬<lb/> schein, als wenn bereits eine Anzahl verständiger Männer sich durch ihre be¬<lb/> rechtigten Pietätsgefühle haben bestimmen lassen, sich an einer Feier zu betei¬<lb/> ligen, welche, wie die vorstehende Skizze ihrer Vorbereitungen und Ziele hinlänglich<lb/> ergibt, aus den Namen einer nationalen und würdigen Feier nicht den mindesten<lb/> Anspruch hat, und an welcher daher die nationale Partei sich nicht zu bethä¬<lb/> tigen vermag. Mecklenburg, das Mecklenburg unter dem feudalistisch-absolu¬<lb/> tistischen Ministerium, welches seit dem Umsturz des konstitutionellen Staats¬<lb/> grundgesetzes im Jahre 1850 jede freie Regung im Innern zu vernichten und<lb/> jeden Fortschritt zu hindern bemüht gewesen ist, welches das Vereins- und<lb/> Versammlungsrecht vernichtet, die Presse unter die Willkür polizeilicher Unter¬<lb/> drückungen und Concessionsentziehungen gestellt hat. welches einer Reform der<lb/> Bundesverfassung nur dann seine Zustimmung schenken zu wollen erklärt hat.<lb/> wenn dabei von Heranziehung einer Volksvertretung gänzlich abgesehen und<lb/> statt dessen vielmehr eine Erweiterung des Competenzkreises des Bundestags<lb/> ins Auge gefaßt werde, welches den Beitritt zum deutschen Nationalerem alle»<lb/> Staatsangehörigen verboten hat und eben jetzt im Begriffe ist, seinen parti-<lb/> cularistischen Tendenzen durch Aufrichtung eines Grenzzolls einen neuen Ausdruck<lb/> zu geben — dieses Mecklenburg ist überhaupt zum Schauplatz für eine nationale<lb/> Feier nicht geeignet. Sollte aber wirklich auf mecklenburgischem Boden eine<lb/> Versammlung deutschgesinnter Männer aus den verschiedenen Theilen des Vater¬<lb/> landes zur Begehung einer nationalen Feier zusammentreten können und wollen,<lb/> so könnte ihr erstes und letztes Wort nur in einem Verdammungsurtheil be¬<lb/> stehen über den undeutschen Geist, in welchem die Angelegenheiten Mecklen¬<lb/> burgs seit dem Jahre 1850 geleitet werden. Die Versammlung freilich würde<lb/> nach einer solchen Kundgebung bald erfahren, welche Jnstructionen der Chef<lb/> der National-Körncrfeier, Gcrichtsverwalter Steffen, vom Minister des Innern<lb/> empfangen hat. Körners Andenken kann unter den bestehenden Verhältnissen<lb/> in nationalem Sinne und Geiste auf mecklenburgischem Boden überhaupt nicht<lb/> gefeiert werden und möchte zur Zeit im ganzen deutschen Vaterlande, für dessen<lb/> Errettung die Helden des Jahres 1813 in den Kampf und in den blutigen<lb/> Tod gegangen sind, wohl kaum würdiger geehrt werden können als durch trau¬<lb/> erndes Schweigen und stilles Gelübde.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0109]
Versicherung gegeben, „daß keinerlei politische Rücksichten die Feier stören wür¬
den", was wohl nur den Sinn haben kann, daß die am Grabe Körners ver¬
tretene deutsche Nation dort nicht an sich selbst und ihre unerfüllten Wünsche
und Hoffnungen, sondern ausschließlich an den gefallenen „Dichterheiden" den¬
ken solle, dessen Verherrlichung nach § 1 des Programms der alleinige Zweck
der Feier ist.
Mögen auch die hier ausgesprochenen Erwartungen hinsichtlich der Bethei¬
ligung keineswegs frei von Illusionen sein, so gewinnt es doch fast den An¬
schein, als wenn bereits eine Anzahl verständiger Männer sich durch ihre be¬
rechtigten Pietätsgefühle haben bestimmen lassen, sich an einer Feier zu betei¬
ligen, welche, wie die vorstehende Skizze ihrer Vorbereitungen und Ziele hinlänglich
ergibt, aus den Namen einer nationalen und würdigen Feier nicht den mindesten
Anspruch hat, und an welcher daher die nationale Partei sich nicht zu bethä¬
tigen vermag. Mecklenburg, das Mecklenburg unter dem feudalistisch-absolu¬
tistischen Ministerium, welches seit dem Umsturz des konstitutionellen Staats¬
grundgesetzes im Jahre 1850 jede freie Regung im Innern zu vernichten und
jeden Fortschritt zu hindern bemüht gewesen ist, welches das Vereins- und
Versammlungsrecht vernichtet, die Presse unter die Willkür polizeilicher Unter¬
drückungen und Concessionsentziehungen gestellt hat. welches einer Reform der
Bundesverfassung nur dann seine Zustimmung schenken zu wollen erklärt hat.
wenn dabei von Heranziehung einer Volksvertretung gänzlich abgesehen und
statt dessen vielmehr eine Erweiterung des Competenzkreises des Bundestags
ins Auge gefaßt werde, welches den Beitritt zum deutschen Nationalerem alle»
Staatsangehörigen verboten hat und eben jetzt im Begriffe ist, seinen parti-
cularistischen Tendenzen durch Aufrichtung eines Grenzzolls einen neuen Ausdruck
zu geben — dieses Mecklenburg ist überhaupt zum Schauplatz für eine nationale
Feier nicht geeignet. Sollte aber wirklich auf mecklenburgischem Boden eine
Versammlung deutschgesinnter Männer aus den verschiedenen Theilen des Vater¬
landes zur Begehung einer nationalen Feier zusammentreten können und wollen,
so könnte ihr erstes und letztes Wort nur in einem Verdammungsurtheil be¬
stehen über den undeutschen Geist, in welchem die Angelegenheiten Mecklen¬
burgs seit dem Jahre 1850 geleitet werden. Die Versammlung freilich würde
nach einer solchen Kundgebung bald erfahren, welche Jnstructionen der Chef
der National-Körncrfeier, Gcrichtsverwalter Steffen, vom Minister des Innern
empfangen hat. Körners Andenken kann unter den bestehenden Verhältnissen
in nationalem Sinne und Geiste auf mecklenburgischem Boden überhaupt nicht
gefeiert werden und möchte zur Zeit im ganzen deutschen Vaterlande, für dessen
Errettung die Helden des Jahres 1813 in den Kampf und in den blutigen
Tod gegangen sind, wohl kaum würdiger geehrt werden können als durch trau¬
erndes Schweigen und stilles Gelübde.
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