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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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bei fehlender Handhabe bequemer fassen zu können. Nach den vorhandenen
Abbildungen und nach den Andeutungen der Schriftsteller streckte der sprin¬
gende die beiden Arme mil den Halteren (so hießen die Gewichte) nach vorn
aus und bewegte sie rasch nach hinten, dem Körper durch diesen Ruck große
Schnellkraft verleihend. Da der Ort des Aufsprungs allemal bedeutend höher
lag als das mit einer Furche bezeichnete Ziel, so leisteten die Gewichte dem
Springer auch Dienste, indem sie ihn im Gleichgewichte hielten und sogleich
fest auf die Füße kommen ließen. Unbegreiflich ist uns freilich, wie der in
ganz Hellas gefeierte Krotoniate Phayllos im Sprunge 65 Fuß zurückgelegt
haben kann, da unsere Turner nicht die Hälfte dieser Sprungweite vermittelst
der Springstangen erreichen, und es wäre vielleicht der Mühe werth, auf un¬
seren Turnplätzen Versuche mit den antiken Sprungträgern anzustellen.

Den Diskos oder die Wurfscheibe, ebenfalls ein uraltes Turngeräth, beschreibt
Solon dem Anacharsis bei Lukian als einen ehernen, runden, kleinen Schild, ohne
Handhabe und Riemen, schwer und wegen seiner Glätte nicht leicht zu fassen.
Die Haltung des Diskoswerfers, die mit der des Kegelschicvens die meiste
Ähnlichkeit hatte, veranschaulicht am besten der in einigen Nachbildungen noch
erhaltene Diskoswerfer des berühmten Myron, über den Hettner sagt: "Gerade
in dem Augenblicke erfaßt, wo er den Diskos abschleudert, ist sein Oberkörper
vorwärts übergebeugt; der Blick wendet sich prüfend zurück nach dem Diskos,
den er in der rechten Hand hält. Er hat diese rückwärts in die Höhe gestreckt,
um weit ausholend dem Wurfe nachhaltigen Schwung zu geben; das eine Knie
ist ein wenig eingebogen, das andere (rechte) hält er mit der linken Hand, da¬
mit er im Wurfe nicht ausgleite. Ein Augenblick -- der Diskos ist ab¬
geschleudert, und der Körper richtet sich, wie Lukian in seiner Beschreibung aus¬
drücklich hervorhebt, zugleich mit dem Wurfe in die Höhe." Man warf die
Scheibe von einer kleinen Erhöhung aus in einem mäßigen Bogen, und wenn
auch ein bestimmtes Ziel abgesteckt war, so entschied doch den Sieg stets der
weiteste Wurf, wobei es nicht auf das endliche Liegenbleiben des kollernden
Diskos, sondern auf dessen erstes Auffallen ankam.

Das Speerwerfen nach bestimmtem Ziele war schon im heroischen Zeitalter eine
sehr beliebte Uebung und bereitete ebenfalls unmittelbar auf den Krieg vor. In den
Gymnasien bedienten sich die Epheben dabei stumpfer Stäbe, die unseren Germ
ganz gleich waren. Der Speerwurf bildete mit dem Diskosschleudern und Wettlaufen
die nothwendigsten Bestandtheile des Fünfkampfs, der zuweilen, wenn die Zeit
fehlte, sich auf dieselben beschränken mußte, so daß dann das Ringen und der
Faustkampf in Wegfall kamen. Wer aber den Sieg erringen wollte, mußte in
jeder einzelnen Kampfart Allen überlegen gewesen sein, und der hervorragende
Ruhm der Pentathleten ergibt sich daraus von se.lbst. Nur einmal hatte man
in Olympia auch den Versuch gemacht, die Knaben das Pentathlon durchkämpfen



bei fehlender Handhabe bequemer fassen zu können. Nach den vorhandenen
Abbildungen und nach den Andeutungen der Schriftsteller streckte der sprin¬
gende die beiden Arme mil den Halteren (so hießen die Gewichte) nach vorn
aus und bewegte sie rasch nach hinten, dem Körper durch diesen Ruck große
Schnellkraft verleihend. Da der Ort des Aufsprungs allemal bedeutend höher
lag als das mit einer Furche bezeichnete Ziel, so leisteten die Gewichte dem
Springer auch Dienste, indem sie ihn im Gleichgewichte hielten und sogleich
fest auf die Füße kommen ließen. Unbegreiflich ist uns freilich, wie der in
ganz Hellas gefeierte Krotoniate Phayllos im Sprunge 65 Fuß zurückgelegt
haben kann, da unsere Turner nicht die Hälfte dieser Sprungweite vermittelst
der Springstangen erreichen, und es wäre vielleicht der Mühe werth, auf un¬
seren Turnplätzen Versuche mit den antiken Sprungträgern anzustellen.

Den Diskos oder die Wurfscheibe, ebenfalls ein uraltes Turngeräth, beschreibt
Solon dem Anacharsis bei Lukian als einen ehernen, runden, kleinen Schild, ohne
Handhabe und Riemen, schwer und wegen seiner Glätte nicht leicht zu fassen.
Die Haltung des Diskoswerfers, die mit der des Kegelschicvens die meiste
Ähnlichkeit hatte, veranschaulicht am besten der in einigen Nachbildungen noch
erhaltene Diskoswerfer des berühmten Myron, über den Hettner sagt: „Gerade
in dem Augenblicke erfaßt, wo er den Diskos abschleudert, ist sein Oberkörper
vorwärts übergebeugt; der Blick wendet sich prüfend zurück nach dem Diskos,
den er in der rechten Hand hält. Er hat diese rückwärts in die Höhe gestreckt,
um weit ausholend dem Wurfe nachhaltigen Schwung zu geben; das eine Knie
ist ein wenig eingebogen, das andere (rechte) hält er mit der linken Hand, da¬
mit er im Wurfe nicht ausgleite. Ein Augenblick — der Diskos ist ab¬
geschleudert, und der Körper richtet sich, wie Lukian in seiner Beschreibung aus¬
drücklich hervorhebt, zugleich mit dem Wurfe in die Höhe." Man warf die
Scheibe von einer kleinen Erhöhung aus in einem mäßigen Bogen, und wenn
auch ein bestimmtes Ziel abgesteckt war, so entschied doch den Sieg stets der
weiteste Wurf, wobei es nicht auf das endliche Liegenbleiben des kollernden
Diskos, sondern auf dessen erstes Auffallen ankam.

Das Speerwerfen nach bestimmtem Ziele war schon im heroischen Zeitalter eine
sehr beliebte Uebung und bereitete ebenfalls unmittelbar auf den Krieg vor. In den
Gymnasien bedienten sich die Epheben dabei stumpfer Stäbe, die unseren Germ
ganz gleich waren. Der Speerwurf bildete mit dem Diskosschleudern und Wettlaufen
die nothwendigsten Bestandtheile des Fünfkampfs, der zuweilen, wenn die Zeit
fehlte, sich auf dieselben beschränken mußte, so daß dann das Ringen und der
Faustkampf in Wegfall kamen. Wer aber den Sieg erringen wollte, mußte in
jeder einzelnen Kampfart Allen überlegen gewesen sein, und der hervorragende
Ruhm der Pentathleten ergibt sich daraus von se.lbst. Nur einmal hatte man
in Olympia auch den Versuch gemacht, die Knaben das Pentathlon durchkämpfen


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[0101] bei fehlender Handhabe bequemer fassen zu können. Nach den vorhandenen Abbildungen und nach den Andeutungen der Schriftsteller streckte der sprin¬ gende die beiden Arme mil den Halteren (so hießen die Gewichte) nach vorn aus und bewegte sie rasch nach hinten, dem Körper durch diesen Ruck große Schnellkraft verleihend. Da der Ort des Aufsprungs allemal bedeutend höher lag als das mit einer Furche bezeichnete Ziel, so leisteten die Gewichte dem Springer auch Dienste, indem sie ihn im Gleichgewichte hielten und sogleich fest auf die Füße kommen ließen. Unbegreiflich ist uns freilich, wie der in ganz Hellas gefeierte Krotoniate Phayllos im Sprunge 65 Fuß zurückgelegt haben kann, da unsere Turner nicht die Hälfte dieser Sprungweite vermittelst der Springstangen erreichen, und es wäre vielleicht der Mühe werth, auf un¬ seren Turnplätzen Versuche mit den antiken Sprungträgern anzustellen. Den Diskos oder die Wurfscheibe, ebenfalls ein uraltes Turngeräth, beschreibt Solon dem Anacharsis bei Lukian als einen ehernen, runden, kleinen Schild, ohne Handhabe und Riemen, schwer und wegen seiner Glätte nicht leicht zu fassen. Die Haltung des Diskoswerfers, die mit der des Kegelschicvens die meiste Ähnlichkeit hatte, veranschaulicht am besten der in einigen Nachbildungen noch erhaltene Diskoswerfer des berühmten Myron, über den Hettner sagt: „Gerade in dem Augenblicke erfaßt, wo er den Diskos abschleudert, ist sein Oberkörper vorwärts übergebeugt; der Blick wendet sich prüfend zurück nach dem Diskos, den er in der rechten Hand hält. Er hat diese rückwärts in die Höhe gestreckt, um weit ausholend dem Wurfe nachhaltigen Schwung zu geben; das eine Knie ist ein wenig eingebogen, das andere (rechte) hält er mit der linken Hand, da¬ mit er im Wurfe nicht ausgleite. Ein Augenblick — der Diskos ist ab¬ geschleudert, und der Körper richtet sich, wie Lukian in seiner Beschreibung aus¬ drücklich hervorhebt, zugleich mit dem Wurfe in die Höhe." Man warf die Scheibe von einer kleinen Erhöhung aus in einem mäßigen Bogen, und wenn auch ein bestimmtes Ziel abgesteckt war, so entschied doch den Sieg stets der weiteste Wurf, wobei es nicht auf das endliche Liegenbleiben des kollernden Diskos, sondern auf dessen erstes Auffallen ankam. Das Speerwerfen nach bestimmtem Ziele war schon im heroischen Zeitalter eine sehr beliebte Uebung und bereitete ebenfalls unmittelbar auf den Krieg vor. In den Gymnasien bedienten sich die Epheben dabei stumpfer Stäbe, die unseren Germ ganz gleich waren. Der Speerwurf bildete mit dem Diskosschleudern und Wettlaufen die nothwendigsten Bestandtheile des Fünfkampfs, der zuweilen, wenn die Zeit fehlte, sich auf dieselben beschränken mußte, so daß dann das Ringen und der Faustkampf in Wegfall kamen. Wer aber den Sieg erringen wollte, mußte in jeder einzelnen Kampfart Allen überlegen gewesen sein, und der hervorragende Ruhm der Pentathleten ergibt sich daraus von se.lbst. Nur einmal hatte man in Olympia auch den Versuch gemacht, die Knaben das Pentathlon durchkämpfen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/101>, abgerufen am 22.12.2024.