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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Volk erschienen, von denen namentlich die des letztgenannten Reisenden viel
Interessantes enthalten. Im Folgenden geben wir einige Auszüge aus diesen
Schriften, die theils als Belege, theils als Ergänzungen und Berichtigungen
unsrer frühern Nachrichten dienen mögen.

Utah, das Land der Mormonen ist, ungefähr 140 deutsche Meilen lang und
etwa 80 breit, fast so groß als Frankreich. Eine gewaltige beckenförmige Hoch¬
ebene bildet die Mitte, von der sich verschiedene Bergketten und Thäler ab¬
zweigen. Letztere haben ziemlich reichen Baum- und Graswuchs, während die
beckenförmige Mre, einst ein See, eine pflanzenlose Wüste ist. Am Rande
der Ebne finden sich mehre Landseen, die Berge sind zum Theil mit ewigem
Schnee bedeckt. Das Klima in den Thälern hat Aehnlichkeit mit dem von
Hochasien. Der Frühling tritt hier so plötzlich ein, daß nach Verlauf weniger
Tage Alles grünt und blüht. Der Sommer währt, je nach der höhern oder
tiefern Lage der einzelnen Striche, drei bis vier Monate und hat nur sehr selten
Regen. Die Hitze ist vom April bis zum September außerordentlich stark, der
trocknen Luft wegen aber nicht ungesund. Gesäet wird in den tiefern Thal¬
gründen im April, geerntet zu Anfang des Juli. Der Winter beginnt im
December und dauert bis in die ersten Wochen des März. In den Ebnen
und auf den Bergen wehen dann sehr heftige Stürme, fast täglich fällt Schnee,
aber nur dann und wann sinkt das Quecksilber des Thermometers unter den
Gefrierpunkt. Das Klima sagt vorzüglich schwächlichen Naturen zu. Doch
sind Augenkrankheiten, wie in allen Nachbarländern von Wüsten, z. B. in
Aegypten, auch hier sehr häufig, auch sollen Wunden hier schwerer als ander¬
wärts heilen.

Das Land eignet sich vorwiegend zur Viehzucht, doch wird auch Acker-
und Gartenbau getrieben. Ein großer Nachtheil für die Kolonisten ist der
Mangel an Holz in den Ebnen, doch glaubt man dieses mit der Zeit durch
Steinkohlen ersetzen zu können, von denen schon jetzt an einzelnen Punkten
schöne Lager entdeckt und in Angriff genommen sind. Auch Eisen wird be¬
reits gewonnen, und selbst Gold soll sich in den Gebirgen finden. Salz aber
liefert der große Salzsee in der Nähe der Hauptstadt des Landes, dessen Wasser
so stark mit Salz imprägnirt ist, daß man in ihm nicht untersinkt, und daß
Fische in ihm nicht zu leben vermögen. Er hat einen Umfang von 56 deut¬
schen Meilen und eine durchschnittliche Tiefe von 8 Fuß. Die neun felsigen
Inseln, die sich über seinen Spiegel erheben, haben Berge, welche zum Theil
über 3000 Fuß über die Wasserfläche emporragen. Einige Meilen südlich von
diesem See streckt sich ein anderer, der Utahsce, von den Mormonen Geneza-
reth genannt hin. Er hat süßes Wasser und ist sehr fischreich. An seinem Ab¬
fluß in den Salzsee, dem Jordan oder, wie die profane Welt sich ausdrückt,
dem Timpanagoö und am Fuß der Wahsatch-Mountains liegt die Hauptstadt


Grenzboten IV. 1862. 5

Volk erschienen, von denen namentlich die des letztgenannten Reisenden viel
Interessantes enthalten. Im Folgenden geben wir einige Auszüge aus diesen
Schriften, die theils als Belege, theils als Ergänzungen und Berichtigungen
unsrer frühern Nachrichten dienen mögen.

Utah, das Land der Mormonen ist, ungefähr 140 deutsche Meilen lang und
etwa 80 breit, fast so groß als Frankreich. Eine gewaltige beckenförmige Hoch¬
ebene bildet die Mitte, von der sich verschiedene Bergketten und Thäler ab¬
zweigen. Letztere haben ziemlich reichen Baum- und Graswuchs, während die
beckenförmige Mre, einst ein See, eine pflanzenlose Wüste ist. Am Rande
der Ebne finden sich mehre Landseen, die Berge sind zum Theil mit ewigem
Schnee bedeckt. Das Klima in den Thälern hat Aehnlichkeit mit dem von
Hochasien. Der Frühling tritt hier so plötzlich ein, daß nach Verlauf weniger
Tage Alles grünt und blüht. Der Sommer währt, je nach der höhern oder
tiefern Lage der einzelnen Striche, drei bis vier Monate und hat nur sehr selten
Regen. Die Hitze ist vom April bis zum September außerordentlich stark, der
trocknen Luft wegen aber nicht ungesund. Gesäet wird in den tiefern Thal¬
gründen im April, geerntet zu Anfang des Juli. Der Winter beginnt im
December und dauert bis in die ersten Wochen des März. In den Ebnen
und auf den Bergen wehen dann sehr heftige Stürme, fast täglich fällt Schnee,
aber nur dann und wann sinkt das Quecksilber des Thermometers unter den
Gefrierpunkt. Das Klima sagt vorzüglich schwächlichen Naturen zu. Doch
sind Augenkrankheiten, wie in allen Nachbarländern von Wüsten, z. B. in
Aegypten, auch hier sehr häufig, auch sollen Wunden hier schwerer als ander¬
wärts heilen.

Das Land eignet sich vorwiegend zur Viehzucht, doch wird auch Acker-
und Gartenbau getrieben. Ein großer Nachtheil für die Kolonisten ist der
Mangel an Holz in den Ebnen, doch glaubt man dieses mit der Zeit durch
Steinkohlen ersetzen zu können, von denen schon jetzt an einzelnen Punkten
schöne Lager entdeckt und in Angriff genommen sind. Auch Eisen wird be¬
reits gewonnen, und selbst Gold soll sich in den Gebirgen finden. Salz aber
liefert der große Salzsee in der Nähe der Hauptstadt des Landes, dessen Wasser
so stark mit Salz imprägnirt ist, daß man in ihm nicht untersinkt, und daß
Fische in ihm nicht zu leben vermögen. Er hat einen Umfang von 56 deut¬
schen Meilen und eine durchschnittliche Tiefe von 8 Fuß. Die neun felsigen
Inseln, die sich über seinen Spiegel erheben, haben Berge, welche zum Theil
über 3000 Fuß über die Wasserfläche emporragen. Einige Meilen südlich von
diesem See streckt sich ein anderer, der Utahsce, von den Mormonen Geneza-
reth genannt hin. Er hat süßes Wasser und ist sehr fischreich. An seinem Ab¬
fluß in den Salzsee, dem Jordan oder, wie die profane Welt sich ausdrückt,
dem Timpanagoö und am Fuß der Wahsatch-Mountains liegt die Hauptstadt


Grenzboten IV. 1862. 5
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[0041] Volk erschienen, von denen namentlich die des letztgenannten Reisenden viel Interessantes enthalten. Im Folgenden geben wir einige Auszüge aus diesen Schriften, die theils als Belege, theils als Ergänzungen und Berichtigungen unsrer frühern Nachrichten dienen mögen. Utah, das Land der Mormonen ist, ungefähr 140 deutsche Meilen lang und etwa 80 breit, fast so groß als Frankreich. Eine gewaltige beckenförmige Hoch¬ ebene bildet die Mitte, von der sich verschiedene Bergketten und Thäler ab¬ zweigen. Letztere haben ziemlich reichen Baum- und Graswuchs, während die beckenförmige Mre, einst ein See, eine pflanzenlose Wüste ist. Am Rande der Ebne finden sich mehre Landseen, die Berge sind zum Theil mit ewigem Schnee bedeckt. Das Klima in den Thälern hat Aehnlichkeit mit dem von Hochasien. Der Frühling tritt hier so plötzlich ein, daß nach Verlauf weniger Tage Alles grünt und blüht. Der Sommer währt, je nach der höhern oder tiefern Lage der einzelnen Striche, drei bis vier Monate und hat nur sehr selten Regen. Die Hitze ist vom April bis zum September außerordentlich stark, der trocknen Luft wegen aber nicht ungesund. Gesäet wird in den tiefern Thal¬ gründen im April, geerntet zu Anfang des Juli. Der Winter beginnt im December und dauert bis in die ersten Wochen des März. In den Ebnen und auf den Bergen wehen dann sehr heftige Stürme, fast täglich fällt Schnee, aber nur dann und wann sinkt das Quecksilber des Thermometers unter den Gefrierpunkt. Das Klima sagt vorzüglich schwächlichen Naturen zu. Doch sind Augenkrankheiten, wie in allen Nachbarländern von Wüsten, z. B. in Aegypten, auch hier sehr häufig, auch sollen Wunden hier schwerer als ander¬ wärts heilen. Das Land eignet sich vorwiegend zur Viehzucht, doch wird auch Acker- und Gartenbau getrieben. Ein großer Nachtheil für die Kolonisten ist der Mangel an Holz in den Ebnen, doch glaubt man dieses mit der Zeit durch Steinkohlen ersetzen zu können, von denen schon jetzt an einzelnen Punkten schöne Lager entdeckt und in Angriff genommen sind. Auch Eisen wird be¬ reits gewonnen, und selbst Gold soll sich in den Gebirgen finden. Salz aber liefert der große Salzsee in der Nähe der Hauptstadt des Landes, dessen Wasser so stark mit Salz imprägnirt ist, daß man in ihm nicht untersinkt, und daß Fische in ihm nicht zu leben vermögen. Er hat einen Umfang von 56 deut¬ schen Meilen und eine durchschnittliche Tiefe von 8 Fuß. Die neun felsigen Inseln, die sich über seinen Spiegel erheben, haben Berge, welche zum Theil über 3000 Fuß über die Wasserfläche emporragen. Einige Meilen südlich von diesem See streckt sich ein anderer, der Utahsce, von den Mormonen Geneza- reth genannt hin. Er hat süßes Wasser und ist sehr fischreich. An seinem Ab¬ fluß in den Salzsee, dem Jordan oder, wie die profane Welt sich ausdrückt, dem Timpanagoö und am Fuß der Wahsatch-Mountains liegt die Hauptstadt Grenzboten IV. 1862. 5

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/41>, abgerufen am 19.10.2024.