Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.Ein schwacher Trost dieser republikanischen Gerechtigkeitspflege gegenüber Der Kaibenthurm enthält auch noch jetzt gebrauchte Gefängnisse, die eine Im Jahr 185 t ließ sich der Regierungsrath über das Gefängnißwesen Endlich hatte man in Zug bis auf die neueste Zeit noch ein sehr eigen¬ "Noch vor einigen Jahren," so erzählt Osenbrüggen, "war ein solcher ") Kam im siebzehnten Jahrhundert auch in der freien Stadt Nürnberg sowie in Land¬
D. Red. schaften vor, die jetzt zu Baden gehören. Ein schwacher Trost dieser republikanischen Gerechtigkeitspflege gegenüber Der Kaibenthurm enthält auch noch jetzt gebrauchte Gefängnisse, die eine Im Jahr 185 t ließ sich der Regierungsrath über das Gefängnißwesen Endlich hatte man in Zug bis auf die neueste Zeit noch ein sehr eigen¬ „Noch vor einigen Jahren," so erzählt Osenbrüggen, „war ein solcher ") Kam im siebzehnten Jahrhundert auch in der freien Stadt Nürnberg sowie in Land¬
D. Red. schaften vor, die jetzt zu Baden gehören. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0508" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114822"/> <p xml:id="ID_1989"> Ein schwacher Trost dieser republikanischen Gerechtigkeitspflege gegenüber<lb/> ist. daß in einem europäischen Königreich, in dem weiland Königreich Neapel,<lb/> die Folter noch volle dreißig Jahre später in kräftigster Weise politische Unter-<lb/> suckungen unterstützte..</p><lb/> <p xml:id="ID_1990"> Der Kaibenthurm enthält auch noch jetzt gebrauchte Gefängnisse, die eine<lb/> vollkommene Jsolirhaft möglich machen. Es sind Valkenkasten, in deren abso¬<lb/> luter Finsterniß der Gefangne nur noch ahnt, daß Sonne und Mond in der<lb/> Welt sind, und in denen man dem hartnäckig leugnenden Inquisiten die Kost<lb/> zu ganz unregelmäßigen Zeiten reicht, so daß auch diese tnninciung an Tag<lb/> und Nacht ihm verloren geht. Er kennt nur die lange bange Z it. Die Stadt<lb/> mag abbrennen, er weiß es nicht, nur ein Erdbeben würde i.um Kunde von<lb/> der Außenwelt geben. Einen starken Gegensatz gegen diese Jsolirhöilen bilden<lb/> die im alten „Zeitthurm" von Zug eingerichteten Gefängnisse, ebenfalls BoKlen-<lb/> täsige. aber in unmittelbarer Nähe der großen Uhr, von welcher der Thurm<lb/> seinen Namen hat, angebracht, so daß der Gefangne hier jede Viertelstunde<lb/> von dem Arbeiten dieser eisernen Zunge der Zeit aufgeschreckt wird,</p><lb/> <p xml:id="ID_1991"> Im Jahr 185 t ließ sich der Regierungsrath über das Gefängnißwesen<lb/> Bericht erstatten. Derselbe ging dahin, „daß die Gefängnisse einen abschrecken¬<lb/> den Contrast zu der Humanität der Zeit bildeten." wurde aber g,ä-Z-ctg. gelegt,<lb/> und noch jetzt ist alles beim Alten. Zug bat nur die erwähnten Käsige —<lb/> sowohl für Straf- als Untersuchungshaft. Doch werden schwere Verbrecher<lb/> jetzt bisweilen im Zuchthaus von Zürich untergebracht, während man sie frü¬<lb/> her häusig auf die Galeeren Italiens schickte*) was unter andern im Jahre<lb/> 1735 dem antifranzösisch und demokratisch gesinnten Landammann Schuemacher<lb/> durch die Partei der „Linden", d. h. die Aristokraten und Franzosenfreunde<lb/> geschah.</p><lb/> <p xml:id="ID_1992"> Endlich hatte man in Zug bis auf die neueste Zeit noch ein sehr eigen¬<lb/> thümliches Surrogat für die Zuchthausstrafe, welches in den dreißiger Jahren<lb/> in der ganzen innern Schweiz verbreitet nxir. Der Verurtheilte wurde an den<lb/> Mindestforderndcn versteigert, so daß dieser ihn in seinem Hause an einer<lb/> Kette zu halten und zu füttern hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1993"> „Noch vor einigen Jahren," so erzählt Osenbrüggen, „war ein solcher<lb/> Unglücklicher in Aegeri oder Menzingen in eine an der Wand des Hauses be¬<lb/> festigte Kette gelegt. Spielende Kinder gingen ab und zu, um sich mit ihm<lb/> zu unterhalten und sich kleine Pappärbeiten von ihm machen zu lassen."</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> ") Kam im siebzehnten Jahrhundert auch in der freien Stadt Nürnberg sowie in Land¬<lb/><note type="byline"> D. Red.</note> schaften vor, die jetzt zu Baden gehören. </note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0508]
Ein schwacher Trost dieser republikanischen Gerechtigkeitspflege gegenüber
ist. daß in einem europäischen Königreich, in dem weiland Königreich Neapel,
die Folter noch volle dreißig Jahre später in kräftigster Weise politische Unter-
suckungen unterstützte..
Der Kaibenthurm enthält auch noch jetzt gebrauchte Gefängnisse, die eine
vollkommene Jsolirhaft möglich machen. Es sind Valkenkasten, in deren abso¬
luter Finsterniß der Gefangne nur noch ahnt, daß Sonne und Mond in der
Welt sind, und in denen man dem hartnäckig leugnenden Inquisiten die Kost
zu ganz unregelmäßigen Zeiten reicht, so daß auch diese tnninciung an Tag
und Nacht ihm verloren geht. Er kennt nur die lange bange Z it. Die Stadt
mag abbrennen, er weiß es nicht, nur ein Erdbeben würde i.um Kunde von
der Außenwelt geben. Einen starken Gegensatz gegen diese Jsolirhöilen bilden
die im alten „Zeitthurm" von Zug eingerichteten Gefängnisse, ebenfalls BoKlen-
täsige. aber in unmittelbarer Nähe der großen Uhr, von welcher der Thurm
seinen Namen hat, angebracht, so daß der Gefangne hier jede Viertelstunde
von dem Arbeiten dieser eisernen Zunge der Zeit aufgeschreckt wird,
Im Jahr 185 t ließ sich der Regierungsrath über das Gefängnißwesen
Bericht erstatten. Derselbe ging dahin, „daß die Gefängnisse einen abschrecken¬
den Contrast zu der Humanität der Zeit bildeten." wurde aber g,ä-Z-ctg. gelegt,
und noch jetzt ist alles beim Alten. Zug bat nur die erwähnten Käsige —
sowohl für Straf- als Untersuchungshaft. Doch werden schwere Verbrecher
jetzt bisweilen im Zuchthaus von Zürich untergebracht, während man sie frü¬
her häusig auf die Galeeren Italiens schickte*) was unter andern im Jahre
1735 dem antifranzösisch und demokratisch gesinnten Landammann Schuemacher
durch die Partei der „Linden", d. h. die Aristokraten und Franzosenfreunde
geschah.
Endlich hatte man in Zug bis auf die neueste Zeit noch ein sehr eigen¬
thümliches Surrogat für die Zuchthausstrafe, welches in den dreißiger Jahren
in der ganzen innern Schweiz verbreitet nxir. Der Verurtheilte wurde an den
Mindestforderndcn versteigert, so daß dieser ihn in seinem Hause an einer
Kette zu halten und zu füttern hatte.
„Noch vor einigen Jahren," so erzählt Osenbrüggen, „war ein solcher
Unglücklicher in Aegeri oder Menzingen in eine an der Wand des Hauses be¬
festigte Kette gelegt. Spielende Kinder gingen ab und zu, um sich mit ihm
zu unterhalten und sich kleine Pappärbeiten von ihm machen zu lassen."
") Kam im siebzehnten Jahrhundert auch in der freien Stadt Nürnberg sowie in Land¬
D. Red. schaften vor, die jetzt zu Baden gehören.
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