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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Nach dem Ende des Krieges wurden alle Freicorps sogleich entlassen.
Nur die ungarischen berittenen Freicorps wurden hiervon ausgenommen.

Entweder aus eigenem Antriebe oder durch die Agitationen verschiedener
Wohldiener, vielleicht auch der um ihre Zukunft besorgten Offiziere dazu be¬
wegt, reichte die Mannschaft dieser Freicorps ein Gesuch um die Nichtauflösung
ihrer Truppe ein.

Man war von den Leistungen der Husaren in Italien überrascht, hielt
also die Vermehrung derselben für sehr vortheilhaft; zugleich aber war man
von der Nothwendigkeit durchgreifender Reformen überzeugt, glaubte jedoch die¬
selben weniger bei einer schon länger bestehenden und daher in die alten In¬
stitutionen mehr eingelebten, als bei einer ganz neu errichteten und ohnedieß
einer weiteren Ausbildung bedürftigen Truppe mit Leichtigkeit und Vortheil er¬
proben zu können und gab daher bereitwillig die Zustimmung zu dem Fort¬
bestande der freiwilligen Husaren, welche in zwei Regimenter formirt wurden.
Bald fand man an der Idee solchen Gefallen, daß man auch ein Freiwiiligen-
Ulanenregiment errichtete, zu welchem aber, da sich im Frieden keine Frei¬
willigen melden wollten, die durch die Standesverminderung anderer Regimenter
überzählige Mannschaft übersetzt wurde.

Nun war für die Projectenmacherei, Pedanterie und Soldatenspielerei ein
weites Feld geöffnet und man konnte nach Herzenslust organisiren, adjustiren.
drillen und Paradiren. Allerdings wurde dem braven Edelsheim das Brigade-
commando über die Freiwilligen übertragen, doch hatte er hinsichtlich der Or¬
ganisation gar nichts zu sagen und mußte auch in der Leitung des Dienstes den
Ansichten derjenigen huldigen, welche nur auf den Wiener Exerzierplätzen ge¬
glänzt, auf dem Schlachtfelde aber durch die Kopflosigkeit ihrer Anordnungen sich
zum Gespött jedes Lieutenants gemacht.hatten. Ebenso ging es dem Fürsten Franz
Liechtenstein, welcher zum Generalinspector der Reiterei ernannt wurde und
jedenfalls zu den besseren östreichischen Generalen zählt, wenn auch seine Ope¬
rationen in dem Treffen bei Schwechat einen strengen Tadel verdient haben.

Das Erste, womit man sich mit dem größten Eifer beschäftigte, war die
Adjüstirung der Freiwilligen. Die Bestimmungen über die Farbe und Zahl
der Knöpfe, über die Gestalt der Kopfbedeckung und die Zeichnung der Ver¬
schnürungen nahmen viele Sitzungen und viel Kopfzerbrechen in Anspruch, bis
endlich eine Bekleidung zu Stande kam, welche wohl kaum phantastischer ge¬
dacht werden konnte. Die Ulanen sahen dabei wenigstens malerisch aus und
konnten der Abwechslung halber und da es nur ein einziges Regiment betraf,
passiren, dagegen waren die Husaren wirklich geschmacklos costümirt und glichen
den halb französisch halb ungarisch gekleideten Pesther Zierbengeln mehr, als
einer ausschließlich für den Parteigängertrieg bestimmten leichten Reitertruppe.

Wenn nun auch nebenbei mit wirklichem Eifer die entsprechende Ausbildung


Nach dem Ende des Krieges wurden alle Freicorps sogleich entlassen.
Nur die ungarischen berittenen Freicorps wurden hiervon ausgenommen.

Entweder aus eigenem Antriebe oder durch die Agitationen verschiedener
Wohldiener, vielleicht auch der um ihre Zukunft besorgten Offiziere dazu be¬
wegt, reichte die Mannschaft dieser Freicorps ein Gesuch um die Nichtauflösung
ihrer Truppe ein.

Man war von den Leistungen der Husaren in Italien überrascht, hielt
also die Vermehrung derselben für sehr vortheilhaft; zugleich aber war man
von der Nothwendigkeit durchgreifender Reformen überzeugt, glaubte jedoch die¬
selben weniger bei einer schon länger bestehenden und daher in die alten In¬
stitutionen mehr eingelebten, als bei einer ganz neu errichteten und ohnedieß
einer weiteren Ausbildung bedürftigen Truppe mit Leichtigkeit und Vortheil er¬
proben zu können und gab daher bereitwillig die Zustimmung zu dem Fort¬
bestande der freiwilligen Husaren, welche in zwei Regimenter formirt wurden.
Bald fand man an der Idee solchen Gefallen, daß man auch ein Freiwiiligen-
Ulanenregiment errichtete, zu welchem aber, da sich im Frieden keine Frei¬
willigen melden wollten, die durch die Standesverminderung anderer Regimenter
überzählige Mannschaft übersetzt wurde.

Nun war für die Projectenmacherei, Pedanterie und Soldatenspielerei ein
weites Feld geöffnet und man konnte nach Herzenslust organisiren, adjustiren.
drillen und Paradiren. Allerdings wurde dem braven Edelsheim das Brigade-
commando über die Freiwilligen übertragen, doch hatte er hinsichtlich der Or¬
ganisation gar nichts zu sagen und mußte auch in der Leitung des Dienstes den
Ansichten derjenigen huldigen, welche nur auf den Wiener Exerzierplätzen ge¬
glänzt, auf dem Schlachtfelde aber durch die Kopflosigkeit ihrer Anordnungen sich
zum Gespött jedes Lieutenants gemacht.hatten. Ebenso ging es dem Fürsten Franz
Liechtenstein, welcher zum Generalinspector der Reiterei ernannt wurde und
jedenfalls zu den besseren östreichischen Generalen zählt, wenn auch seine Ope¬
rationen in dem Treffen bei Schwechat einen strengen Tadel verdient haben.

Das Erste, womit man sich mit dem größten Eifer beschäftigte, war die
Adjüstirung der Freiwilligen. Die Bestimmungen über die Farbe und Zahl
der Knöpfe, über die Gestalt der Kopfbedeckung und die Zeichnung der Ver¬
schnürungen nahmen viele Sitzungen und viel Kopfzerbrechen in Anspruch, bis
endlich eine Bekleidung zu Stande kam, welche wohl kaum phantastischer ge¬
dacht werden konnte. Die Ulanen sahen dabei wenigstens malerisch aus und
konnten der Abwechslung halber und da es nur ein einziges Regiment betraf,
passiren, dagegen waren die Husaren wirklich geschmacklos costümirt und glichen
den halb französisch halb ungarisch gekleideten Pesther Zierbengeln mehr, als
einer ausschließlich für den Parteigängertrieg bestimmten leichten Reitertruppe.

Wenn nun auch nebenbei mit wirklichem Eifer die entsprechende Ausbildung


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[0386] Nach dem Ende des Krieges wurden alle Freicorps sogleich entlassen. Nur die ungarischen berittenen Freicorps wurden hiervon ausgenommen. Entweder aus eigenem Antriebe oder durch die Agitationen verschiedener Wohldiener, vielleicht auch der um ihre Zukunft besorgten Offiziere dazu be¬ wegt, reichte die Mannschaft dieser Freicorps ein Gesuch um die Nichtauflösung ihrer Truppe ein. Man war von den Leistungen der Husaren in Italien überrascht, hielt also die Vermehrung derselben für sehr vortheilhaft; zugleich aber war man von der Nothwendigkeit durchgreifender Reformen überzeugt, glaubte jedoch die¬ selben weniger bei einer schon länger bestehenden und daher in die alten In¬ stitutionen mehr eingelebten, als bei einer ganz neu errichteten und ohnedieß einer weiteren Ausbildung bedürftigen Truppe mit Leichtigkeit und Vortheil er¬ proben zu können und gab daher bereitwillig die Zustimmung zu dem Fort¬ bestande der freiwilligen Husaren, welche in zwei Regimenter formirt wurden. Bald fand man an der Idee solchen Gefallen, daß man auch ein Freiwiiligen- Ulanenregiment errichtete, zu welchem aber, da sich im Frieden keine Frei¬ willigen melden wollten, die durch die Standesverminderung anderer Regimenter überzählige Mannschaft übersetzt wurde. Nun war für die Projectenmacherei, Pedanterie und Soldatenspielerei ein weites Feld geöffnet und man konnte nach Herzenslust organisiren, adjustiren. drillen und Paradiren. Allerdings wurde dem braven Edelsheim das Brigade- commando über die Freiwilligen übertragen, doch hatte er hinsichtlich der Or¬ ganisation gar nichts zu sagen und mußte auch in der Leitung des Dienstes den Ansichten derjenigen huldigen, welche nur auf den Wiener Exerzierplätzen ge¬ glänzt, auf dem Schlachtfelde aber durch die Kopflosigkeit ihrer Anordnungen sich zum Gespött jedes Lieutenants gemacht.hatten. Ebenso ging es dem Fürsten Franz Liechtenstein, welcher zum Generalinspector der Reiterei ernannt wurde und jedenfalls zu den besseren östreichischen Generalen zählt, wenn auch seine Ope¬ rationen in dem Treffen bei Schwechat einen strengen Tadel verdient haben. Das Erste, womit man sich mit dem größten Eifer beschäftigte, war die Adjüstirung der Freiwilligen. Die Bestimmungen über die Farbe und Zahl der Knöpfe, über die Gestalt der Kopfbedeckung und die Zeichnung der Ver¬ schnürungen nahmen viele Sitzungen und viel Kopfzerbrechen in Anspruch, bis endlich eine Bekleidung zu Stande kam, welche wohl kaum phantastischer ge¬ dacht werden konnte. Die Ulanen sahen dabei wenigstens malerisch aus und konnten der Abwechslung halber und da es nur ein einziges Regiment betraf, passiren, dagegen waren die Husaren wirklich geschmacklos costümirt und glichen den halb französisch halb ungarisch gekleideten Pesther Zierbengeln mehr, als einer ausschließlich für den Parteigängertrieg bestimmten leichten Reitertruppe. Wenn nun auch nebenbei mit wirklichem Eifer die entsprechende Ausbildung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/386>, abgerufen am 06.02.2025.