Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.Sequenz auszuführen bereit wären. Im Gegentheil ist klar, daß bei ihnen, wie Einstimmig und gut bat die unabhängige Presse in Deutschland und im Sequenz auszuführen bereit wären. Im Gegentheil ist klar, daß bei ihnen, wie Einstimmig und gut bat die unabhängige Presse in Deutschland und im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114350"/> <p xml:id="ID_114" prev="#ID_113"> Sequenz auszuführen bereit wären. Im Gegentheil ist klar, daß bei ihnen, wie<lb/> bei allen, welche mit einer Volksvertretung regieren, das Bedürfniß zu gefallen<lb/> und sich mit dem Volke zu befreunden, sehr lebendig war. Aber es ist eine<lb/> finstere Laune des Geschicks oder genauer gesagt, eine unvermeidliche Folge<lb/> ihrer schiefen Stellung zur Volksvertretung, daß sie, ohne es zu wissen und zu<lb/> wollen, auf einige Punkte jener reactionären Denkschrift gedrängt werden,<lb/> welche sie vielleicht vor einigen Monaten mit dem Gefühl stiller Überlegenheit<lb/> lächelnd gelesen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_115" next="#ID_116"> Einstimmig und gut bat die unabhängige Presse in Deutschland und im<lb/> Auslande auf die häufig wiederholte Behauptung geantwortet, daß die Mini¬<lb/> ster als Diener Sr. Majestät des Königs genau auf dem Boden des Programms<lb/> ständen, welches der König selbst mündlich und schriftlich bekannt gemacht hat.<lb/> Allgemeine Regierungsgrundsätze, selbst wenn sie viel genauer formulirt werden,<lb/> als dies bei den königlichen Verheißungen der Fall war, genügen nicht, um<lb/> zwingenden Tagesfragen gegenüber das Verhalten der Krone und ihrer höchsten<lb/> Beamten zu regeln. Und seit Ernennung der gegenwärtigen preußischen Mini¬<lb/> ster und der königlichen Antwort auf die Adresse ist der Staat in der Lage,<lb/> daß ein Conflict zwischen der obersten Staatsregierung und dem Volke vor<lb/> Aller Augen offen liegt, ein Gegensah, der durch wohlwollende Worte gar nicht<lb/> mehr auszugleichen ist. Es ist wahrscheinlich, daß die Minister den besten<lb/> Willen hatten, soweit ihnen Urtheil und Kraft reichte, die Fehler ihrer Vor¬<lb/> gänger zu verbessern, durch populäre Maßregeln die Abgeordneten des Volkes<lb/> ur sich zu gewinnen. Es ist ebenso kaum zu bezweifeln, daß sie diese Hoffnung<lb/> jetzt bereits aufgegeben haben und keinen andern Weg vor sich sehen, als im<lb/> Kampfe mit der großen Majorität des preußischen Volkes das Staatsschiff du,res<lb/> künstliches Laviren in den höher schwellenden Wellen treiben zu lassen. Ver¬<lb/> letztes Selbstgefühl, persönliche Kränkungen, ihr Stolz und ihr Trieb sich zu,<lb/> erhalten, werden ihnen die Abgeordneten, die Häuser, zuletzt das parlamenta¬<lb/> rische Leben immer mehr verleiden. Wenn sie als ehrliche Männer bei Ueber¬<lb/> nahme des Amtes noch die Empfindung hatten, von den maßlosen Reaktionären<lb/> der Hofpartei durch eine weite Kluft getrennt zu sein, so werden sie wahrschein¬<lb/> lich in sehr kurzer Zeit sich auf einem Standpunkt befinden, der von den er¬<lb/> wähnten Salzen jener Denkschrift nicht mehr weit entfernt ist. Und wie das<lb/> Abgeordnetenhaus sich ihnen in einen Haufen böswilliger Gegner verwandelt,<lb/> so wird ihnen die Partei, welche ihnen Zuvorkommenheit, Vertrauen und Achtung<lb/> erweist, zuletzt als die einzige Hilfe und Rettung des Staates erscheinen. Noch<lb/> rechnen sie in der Stille auf eine Bekehrung der öffentlichen Meinung in<lb/> Preußen. Sie haben eingesehen, daß gegenwärtig eine Auflösung des Abgeord¬<lb/> netenhauses ihnen keine bessern Wahlen gegeben hätte. Aber sie erwarten, daß<lb/> der Eifer des Volkes, welcher eine große Anzahl unbekannter, unbedeutender</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
Sequenz auszuführen bereit wären. Im Gegentheil ist klar, daß bei ihnen, wie
bei allen, welche mit einer Volksvertretung regieren, das Bedürfniß zu gefallen
und sich mit dem Volke zu befreunden, sehr lebendig war. Aber es ist eine
finstere Laune des Geschicks oder genauer gesagt, eine unvermeidliche Folge
ihrer schiefen Stellung zur Volksvertretung, daß sie, ohne es zu wissen und zu
wollen, auf einige Punkte jener reactionären Denkschrift gedrängt werden,
welche sie vielleicht vor einigen Monaten mit dem Gefühl stiller Überlegenheit
lächelnd gelesen haben.
Einstimmig und gut bat die unabhängige Presse in Deutschland und im
Auslande auf die häufig wiederholte Behauptung geantwortet, daß die Mini¬
ster als Diener Sr. Majestät des Königs genau auf dem Boden des Programms
ständen, welches der König selbst mündlich und schriftlich bekannt gemacht hat.
Allgemeine Regierungsgrundsätze, selbst wenn sie viel genauer formulirt werden,
als dies bei den königlichen Verheißungen der Fall war, genügen nicht, um
zwingenden Tagesfragen gegenüber das Verhalten der Krone und ihrer höchsten
Beamten zu regeln. Und seit Ernennung der gegenwärtigen preußischen Mini¬
ster und der königlichen Antwort auf die Adresse ist der Staat in der Lage,
daß ein Conflict zwischen der obersten Staatsregierung und dem Volke vor
Aller Augen offen liegt, ein Gegensah, der durch wohlwollende Worte gar nicht
mehr auszugleichen ist. Es ist wahrscheinlich, daß die Minister den besten
Willen hatten, soweit ihnen Urtheil und Kraft reichte, die Fehler ihrer Vor¬
gänger zu verbessern, durch populäre Maßregeln die Abgeordneten des Volkes
ur sich zu gewinnen. Es ist ebenso kaum zu bezweifeln, daß sie diese Hoffnung
jetzt bereits aufgegeben haben und keinen andern Weg vor sich sehen, als im
Kampfe mit der großen Majorität des preußischen Volkes das Staatsschiff du,res
künstliches Laviren in den höher schwellenden Wellen treiben zu lassen. Ver¬
letztes Selbstgefühl, persönliche Kränkungen, ihr Stolz und ihr Trieb sich zu,
erhalten, werden ihnen die Abgeordneten, die Häuser, zuletzt das parlamenta¬
rische Leben immer mehr verleiden. Wenn sie als ehrliche Männer bei Ueber¬
nahme des Amtes noch die Empfindung hatten, von den maßlosen Reaktionären
der Hofpartei durch eine weite Kluft getrennt zu sein, so werden sie wahrschein¬
lich in sehr kurzer Zeit sich auf einem Standpunkt befinden, der von den er¬
wähnten Salzen jener Denkschrift nicht mehr weit entfernt ist. Und wie das
Abgeordnetenhaus sich ihnen in einen Haufen böswilliger Gegner verwandelt,
so wird ihnen die Partei, welche ihnen Zuvorkommenheit, Vertrauen und Achtung
erweist, zuletzt als die einzige Hilfe und Rettung des Staates erscheinen. Noch
rechnen sie in der Stille auf eine Bekehrung der öffentlichen Meinung in
Preußen. Sie haben eingesehen, daß gegenwärtig eine Auflösung des Abgeord¬
netenhauses ihnen keine bessern Wahlen gegeben hätte. Aber sie erwarten, daß
der Eifer des Volkes, welcher eine große Anzahl unbekannter, unbedeutender
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