Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.der gesagt wurde, das Oratorium würde verkürzt und neue Arien eingelegt Ein Versuch, das Werk in der folgenden Saison zur Geltung zu brin¬ Der Inhalt des Oratoriums ist die Geschichte des Leidens der Jsraeliten der gesagt wurde, das Oratorium würde verkürzt und neue Arien eingelegt Ein Versuch, das Werk in der folgenden Saison zur Geltung zu brin¬ Der Inhalt des Oratoriums ist die Geschichte des Leidens der Jsraeliten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0301" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114615"/> <p xml:id="ID_1238" prev="#ID_1237"> der gesagt wurde, das Oratorium würde verkürzt und neue Arien eingelegt<lb/> werden. Wie man aus Handels Partitur sieht, waren die eingelegten Gesänge<lb/> vier in italienischer Sprache gesungene Arien. Der Erfolg kann auch diesmal<lb/> kein durchschlagender gewesen sein, denn erst in Folge eines Briefes von dem<lb/> Herausgeber der Daily Post, worin Händel um eine Wiederholung dieses Ora¬<lb/> toriums angegangen wird, fand eine dritte Aufführung am 17. April statt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1239"> Ein Versuch, das Werk in der folgenden Saison zur Geltung zu brin¬<lb/> gen, schlug abermals fehl. Dann ruhte es sechzehn Jahre, und wenn es später<lb/> wieder zur Aufführung kam, erschien es stets mit Auslassungen und Zusätzen.<lb/> Der Grund für den geringen Erfolg, den das Werk immer hatte, liegt natür¬<lb/> lich, wie bei der Passivnsmusik, in der Größe und Schwierigkeit seiner vielen<lb/> Chöre. Die Sänger und Jnstrumentalisten von damals konnten demselben<lb/> nicht gerecht werden, und die Musik blieb unverstanden. Selbst als man in<lb/> unsern Tagen dies Oratorium zuerst wieder aufnahm, versuchte man Aende¬<lb/> rungen und Einlagen, indem man glaubte, es sei zu viel Chorgesang darin.<lb/> Ein anderer Mangel ist, daß dem Werke eine Ouvertüre fehlt. Ich denke mir,<lb/> Händel hat bei den ersten Aufführungen statt einer solchen eins seiner Orgel-<lb/> conccrte gespielt; warum nicht jetzt ein ähnliches versuchen? Der schwache<lb/> kleine Accord, der das kurze Recitativ eröffnet, macht den 'Anfang so nichts¬<lb/> sagend, namentlich in einer Menschenmenge, wie die hier versammelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1240" next="#ID_1241"> Der Inhalt des Oratoriums ist die Geschichte des Leidens der Jsraeliten<lb/> in Aegypten und ihres Auszugs aus diesem Lande. Außer einigen kurzen Re¬<lb/> citativen ist nur eine Arie im ersten, drei Arien und drei Duette im zweiten<lb/> Theile, alles Uebrige sind Chöre. Es eignet sich daher vortrefflich für eine große<lb/> musikalische Aufführung, deren Schwerpunkt im Chorgesang beruht. Gleich der<lb/> erste Chor, der nach einem kleinen Recitativ das Oratorium eröffnet, ist von<lb/> einer wunderbaren'Charakteristik; langsam schleppen sich die Motive in einer ge¬<lb/> drückten Stimmung dahin, alles ist massenhaft und schwer, und man hört und<lb/> sieht die armen Jsraeliten zusammenbrechend unter dem Drucke der hochmüthi-<lb/> gen Aegypter seufzen und klagen. In einem Recitative wird uns dann erzählt,<lb/> wie Moses und Aaron in das Land Ham gesandt werden und wie sich das<lb/> Wasser in Blut verwandelt; der nächste Chor zeigt uns die Aegypter, denen es<lb/> ekelt von dem Wasser zu trinken; dieser Chor ist eine langsame Fuge mit<lb/> einem Thema, dessen ungewöhnliche Intervalle einen ergreifenden Eindruck<lb/> machen; übrigens findet man dasselbe Thema in einer seiner Clavicrsugen.<lb/> Nun folgt die Froschplage in einer Arie, vom hüpfenden Orchester begleitet<lb/> und darnach kommt der große summende und schwirrende Heuschreckenchor.<lb/> Tenore und Bässe beginnen in einem fester markirten Rythmus: dö spatio tuo<lb/> voi'ä und wie entfesselt toben darnach die Geigen in ihren Zweiunddreißigstcln<lb/> und Sechszehnteln. Diesen Chor übertrifft noch der nächste Hagelchor, wo</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0301]
der gesagt wurde, das Oratorium würde verkürzt und neue Arien eingelegt
werden. Wie man aus Handels Partitur sieht, waren die eingelegten Gesänge
vier in italienischer Sprache gesungene Arien. Der Erfolg kann auch diesmal
kein durchschlagender gewesen sein, denn erst in Folge eines Briefes von dem
Herausgeber der Daily Post, worin Händel um eine Wiederholung dieses Ora¬
toriums angegangen wird, fand eine dritte Aufführung am 17. April statt.
Ein Versuch, das Werk in der folgenden Saison zur Geltung zu brin¬
gen, schlug abermals fehl. Dann ruhte es sechzehn Jahre, und wenn es später
wieder zur Aufführung kam, erschien es stets mit Auslassungen und Zusätzen.
Der Grund für den geringen Erfolg, den das Werk immer hatte, liegt natür¬
lich, wie bei der Passivnsmusik, in der Größe und Schwierigkeit seiner vielen
Chöre. Die Sänger und Jnstrumentalisten von damals konnten demselben
nicht gerecht werden, und die Musik blieb unverstanden. Selbst als man in
unsern Tagen dies Oratorium zuerst wieder aufnahm, versuchte man Aende¬
rungen und Einlagen, indem man glaubte, es sei zu viel Chorgesang darin.
Ein anderer Mangel ist, daß dem Werke eine Ouvertüre fehlt. Ich denke mir,
Händel hat bei den ersten Aufführungen statt einer solchen eins seiner Orgel-
conccrte gespielt; warum nicht jetzt ein ähnliches versuchen? Der schwache
kleine Accord, der das kurze Recitativ eröffnet, macht den 'Anfang so nichts¬
sagend, namentlich in einer Menschenmenge, wie die hier versammelte.
Der Inhalt des Oratoriums ist die Geschichte des Leidens der Jsraeliten
in Aegypten und ihres Auszugs aus diesem Lande. Außer einigen kurzen Re¬
citativen ist nur eine Arie im ersten, drei Arien und drei Duette im zweiten
Theile, alles Uebrige sind Chöre. Es eignet sich daher vortrefflich für eine große
musikalische Aufführung, deren Schwerpunkt im Chorgesang beruht. Gleich der
erste Chor, der nach einem kleinen Recitativ das Oratorium eröffnet, ist von
einer wunderbaren'Charakteristik; langsam schleppen sich die Motive in einer ge¬
drückten Stimmung dahin, alles ist massenhaft und schwer, und man hört und
sieht die armen Jsraeliten zusammenbrechend unter dem Drucke der hochmüthi-
gen Aegypter seufzen und klagen. In einem Recitative wird uns dann erzählt,
wie Moses und Aaron in das Land Ham gesandt werden und wie sich das
Wasser in Blut verwandelt; der nächste Chor zeigt uns die Aegypter, denen es
ekelt von dem Wasser zu trinken; dieser Chor ist eine langsame Fuge mit
einem Thema, dessen ungewöhnliche Intervalle einen ergreifenden Eindruck
machen; übrigens findet man dasselbe Thema in einer seiner Clavicrsugen.
Nun folgt die Froschplage in einer Arie, vom hüpfenden Orchester begleitet
und darnach kommt der große summende und schwirrende Heuschreckenchor.
Tenore und Bässe beginnen in einem fester markirten Rythmus: dö spatio tuo
voi'ä und wie entfesselt toben darnach die Geigen in ihren Zweiunddreißigstcln
und Sechszehnteln. Diesen Chor übertrifft noch der nächste Hagelchor, wo
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