Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Krisen des Zollvereins.

Preußen hat sich durch die Gründung und Erweiterung des Zollvereins
um Deutschland verdient gemacht. Der Verein beseitigte die Schlagbäume,
welche die Adern des Verkehrs unterhandelt, den Transport der Waaren be.
lästigten und erschwerten, in den mittleren und kleineren Staaten die Industrie
nicht auskommen ließen, den Schleichhandel an allen ihren Grenzen groß zogen.
Durch den Verein entstand ein großes, deutsches, für die meisten Erzeugnisse
freies Marktgebiet und insbesondere für die mittleren und kleineren Staaten
eine Finanzquelle, die ihrem Haushalte sowohl unmittelbar durch die Antheile
an den Zolleinnahmen, wie mittelbar durch die Steuerkraft der aufblühenden
Gewerbsthätigkeit, goldene Früchte trug. Zum ersten Male seit dem Untergange
des deutschen Reiches endlich sah man eine zahlreiche Classe von Beamten und
bewaffneten Wächtern, die. wenn auch von ihren Regierungen angestellt und
verpflichtet, doch im Dienste und Solde eines großen deutschen Staatenvereines
standen und eine ganz andere Bedeutung haben, als die paar Schreiber und
der stattliche Thürsteher der Bundeskanzlei zu Frankfurt. Hat die Existenz von
Zollvereinsbeamten wenig Beachtung gefunden, so wird sie doch in nicht ferner
Zukunft sich als ein schätzbarer Vorgang für die weitere Ausbildung des Ver¬
eins erweisen.

Mit einer unsäglichen, fast mehr als deutschen Geduld hat Preußen sein
großes deutsches Werk angegriffen und fortgeführt. Der Particularismus, in
den dreißiger Jahren noch nicht, wie heute, von der Locomotive und dem
Schraubenboote gedämpft und von dem elektrischen Strome des Telegraphen
noch nicht schmerzlich durchzuckt, bäumte sich mächtig gegen die unbekannten, aber
um so entsetzlicheren Eingriffe fremder mächtiger Hände in das häusliche Still¬
leben der engern, aber souveränen Heimath. Schon im Jahre 1828 hatten
Sachsen, Hannover, Kurhessen, Braunschweig und einige andere Regierungen
in einer Uebereinkunft zu Kassel am 24. September einen mitteldeutschen
Handelsverein gegründet, hauptsächlich zu dem Zwecke, den Bestrebungen Preu¬
ßens entgegen zu arbeiten und die weitere Einigung auf dem Wege des A^. ^9
der Bundesacte der hohen Bundesversammlung in Frankfurt zu überlassen.


Grenjbotm III. 1862. 26
Die Krisen des Zollvereins.

Preußen hat sich durch die Gründung und Erweiterung des Zollvereins
um Deutschland verdient gemacht. Der Verein beseitigte die Schlagbäume,
welche die Adern des Verkehrs unterhandelt, den Transport der Waaren be.
lästigten und erschwerten, in den mittleren und kleineren Staaten die Industrie
nicht auskommen ließen, den Schleichhandel an allen ihren Grenzen groß zogen.
Durch den Verein entstand ein großes, deutsches, für die meisten Erzeugnisse
freies Marktgebiet und insbesondere für die mittleren und kleineren Staaten
eine Finanzquelle, die ihrem Haushalte sowohl unmittelbar durch die Antheile
an den Zolleinnahmen, wie mittelbar durch die Steuerkraft der aufblühenden
Gewerbsthätigkeit, goldene Früchte trug. Zum ersten Male seit dem Untergange
des deutschen Reiches endlich sah man eine zahlreiche Classe von Beamten und
bewaffneten Wächtern, die. wenn auch von ihren Regierungen angestellt und
verpflichtet, doch im Dienste und Solde eines großen deutschen Staatenvereines
standen und eine ganz andere Bedeutung haben, als die paar Schreiber und
der stattliche Thürsteher der Bundeskanzlei zu Frankfurt. Hat die Existenz von
Zollvereinsbeamten wenig Beachtung gefunden, so wird sie doch in nicht ferner
Zukunft sich als ein schätzbarer Vorgang für die weitere Ausbildung des Ver¬
eins erweisen.

Mit einer unsäglichen, fast mehr als deutschen Geduld hat Preußen sein
großes deutsches Werk angegriffen und fortgeführt. Der Particularismus, in
den dreißiger Jahren noch nicht, wie heute, von der Locomotive und dem
Schraubenboote gedämpft und von dem elektrischen Strome des Telegraphen
noch nicht schmerzlich durchzuckt, bäumte sich mächtig gegen die unbekannten, aber
um so entsetzlicheren Eingriffe fremder mächtiger Hände in das häusliche Still¬
leben der engern, aber souveränen Heimath. Schon im Jahre 1828 hatten
Sachsen, Hannover, Kurhessen, Braunschweig und einige andere Regierungen
in einer Uebereinkunft zu Kassel am 24. September einen mitteldeutschen
Handelsverein gegründet, hauptsächlich zu dem Zwecke, den Bestrebungen Preu¬
ßens entgegen zu arbeiten und die weitere Einigung auf dem Wege des A^. ^9
der Bundesacte der hohen Bundesversammlung in Frankfurt zu überlassen.


Grenjbotm III. 1862. 26
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0209" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114523"/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Krisen des Zollvereins.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_905"> Preußen hat sich durch die Gründung und Erweiterung des Zollvereins<lb/>
um Deutschland verdient gemacht. Der Verein beseitigte die Schlagbäume,<lb/>
welche die Adern des Verkehrs unterhandelt, den Transport der Waaren be.<lb/>
lästigten und erschwerten, in den mittleren und kleineren Staaten die Industrie<lb/>
nicht auskommen ließen, den Schleichhandel an allen ihren Grenzen groß zogen.<lb/>
Durch den Verein entstand ein großes, deutsches, für die meisten Erzeugnisse<lb/>
freies Marktgebiet und insbesondere für die mittleren und kleineren Staaten<lb/>
eine Finanzquelle, die ihrem Haushalte sowohl unmittelbar durch die Antheile<lb/>
an den Zolleinnahmen, wie mittelbar durch die Steuerkraft der aufblühenden<lb/>
Gewerbsthätigkeit, goldene Früchte trug. Zum ersten Male seit dem Untergange<lb/>
des deutschen Reiches endlich sah man eine zahlreiche Classe von Beamten und<lb/>
bewaffneten Wächtern, die. wenn auch von ihren Regierungen angestellt und<lb/>
verpflichtet, doch im Dienste und Solde eines großen deutschen Staatenvereines<lb/>
standen und eine ganz andere Bedeutung haben, als die paar Schreiber und<lb/>
der stattliche Thürsteher der Bundeskanzlei zu Frankfurt. Hat die Existenz von<lb/>
Zollvereinsbeamten wenig Beachtung gefunden, so wird sie doch in nicht ferner<lb/>
Zukunft sich als ein schätzbarer Vorgang für die weitere Ausbildung des Ver¬<lb/>
eins erweisen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_906"> Mit einer unsäglichen, fast mehr als deutschen Geduld hat Preußen sein<lb/>
großes deutsches Werk angegriffen und fortgeführt. Der Particularismus, in<lb/>
den dreißiger Jahren noch nicht, wie heute, von der Locomotive und dem<lb/>
Schraubenboote gedämpft und von dem elektrischen Strome des Telegraphen<lb/>
noch nicht schmerzlich durchzuckt, bäumte sich mächtig gegen die unbekannten, aber<lb/>
um so entsetzlicheren Eingriffe fremder mächtiger Hände in das häusliche Still¬<lb/>
leben der engern, aber souveränen Heimath. Schon im Jahre 1828 hatten<lb/>
Sachsen, Hannover, Kurhessen, Braunschweig und einige andere Regierungen<lb/>
in einer Uebereinkunft zu Kassel am 24. September einen mitteldeutschen<lb/>
Handelsverein gegründet, hauptsächlich zu dem Zwecke, den Bestrebungen Preu¬<lb/>
ßens entgegen zu arbeiten und die weitere Einigung auf dem Wege des A^. ^9<lb/>
der Bundesacte der hohen Bundesversammlung in Frankfurt zu überlassen.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenjbotm III. 1862. 26</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0209] Die Krisen des Zollvereins. Preußen hat sich durch die Gründung und Erweiterung des Zollvereins um Deutschland verdient gemacht. Der Verein beseitigte die Schlagbäume, welche die Adern des Verkehrs unterhandelt, den Transport der Waaren be. lästigten und erschwerten, in den mittleren und kleineren Staaten die Industrie nicht auskommen ließen, den Schleichhandel an allen ihren Grenzen groß zogen. Durch den Verein entstand ein großes, deutsches, für die meisten Erzeugnisse freies Marktgebiet und insbesondere für die mittleren und kleineren Staaten eine Finanzquelle, die ihrem Haushalte sowohl unmittelbar durch die Antheile an den Zolleinnahmen, wie mittelbar durch die Steuerkraft der aufblühenden Gewerbsthätigkeit, goldene Früchte trug. Zum ersten Male seit dem Untergange des deutschen Reiches endlich sah man eine zahlreiche Classe von Beamten und bewaffneten Wächtern, die. wenn auch von ihren Regierungen angestellt und verpflichtet, doch im Dienste und Solde eines großen deutschen Staatenvereines standen und eine ganz andere Bedeutung haben, als die paar Schreiber und der stattliche Thürsteher der Bundeskanzlei zu Frankfurt. Hat die Existenz von Zollvereinsbeamten wenig Beachtung gefunden, so wird sie doch in nicht ferner Zukunft sich als ein schätzbarer Vorgang für die weitere Ausbildung des Ver¬ eins erweisen. Mit einer unsäglichen, fast mehr als deutschen Geduld hat Preußen sein großes deutsches Werk angegriffen und fortgeführt. Der Particularismus, in den dreißiger Jahren noch nicht, wie heute, von der Locomotive und dem Schraubenboote gedämpft und von dem elektrischen Strome des Telegraphen noch nicht schmerzlich durchzuckt, bäumte sich mächtig gegen die unbekannten, aber um so entsetzlicheren Eingriffe fremder mächtiger Hände in das häusliche Still¬ leben der engern, aber souveränen Heimath. Schon im Jahre 1828 hatten Sachsen, Hannover, Kurhessen, Braunschweig und einige andere Regierungen in einer Uebereinkunft zu Kassel am 24. September einen mitteldeutschen Handelsverein gegründet, hauptsächlich zu dem Zwecke, den Bestrebungen Preu¬ ßens entgegen zu arbeiten und die weitere Einigung auf dem Wege des A^. ^9 der Bundesacte der hohen Bundesversammlung in Frankfurt zu überlassen. Grenjbotm III. 1862. 26

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/209
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/209>, abgerufen am 25.08.2024.