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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Unser aller herzlichste Grüße an Mutter, und Geschwister.

s^Von Johanna Fichte:s

Ich grüße Sie theure Eltern von ganzer Seele und empfehle mich Ihrem
Andenken.

Gott schenkt mir ize wieder Gesundheit, worüber ich mich freue, da es
bey unserm Guten theuren Fichte sein kann. Leben Sie wohl, Ihre


Johanna F.

Von ihrer und ihres Sohnes Krankheit schreibt auch Johanna Fichte in
einem Briefe an Charlotte von Schiller (II, 408 vgl. 470). -- Die beabsich¬
tigte Reise in die Heimath unterblieb; denn Fichte selbst erkrankte, wie d"
Biograph sagt, "im Frühling des Jahres 1808" (I. 426) oder, wie Fichte's
Gattin schreibt, "seit Mitte Juli" (II, 408) oder, wie er selbst im nächstfol¬
genden Schreiben sagt, "im August". Es war eben eine langsame, wohl all¬
mählich sich entwickelnde Krankheit, die in rheumatischen Lähmungen nebst
schmerzhaften Augenentzündungen bestand und deren Nachwirkungen selbst der
wiederholte Gebrauch des Teplitzer Bades nicht gänzlich hob.


36.

Berlin, d. 10. März. 1809.

Ich bin, mein, theurer Vater, nicht ohne Sorge über Ihrer aller Befinden,
auch ob Sie meinen lezten Brief vom May vorigen Jahres nebst dem über-
schikten Buche erhalten hätten, gewesen, bis Ihr leztes Schreiben vom 6ten
Februar, das aber bei mir sehr spät eingelaufen, und vermuthlich in Pulßnitz
über 6. Wochen gelegen, mich darüber beruhigt hat.

Ich trug den Borsatz den Sommer vorigen Jahres einen Abstecher nach
Drcßden zu machen, und hierbei auch Sie nebst den meinigen zu besuchen.
Besonders eine Krankheit, die den August v. I. anhob, und von der ich
erst jezt mich zu erholen suche, bei der ich niemals in Lebensgefahr ge¬
wesen, übrigens aber hart mitgenommen worden, hat mich daran verhindert.
Dermalen erwarten wir hier die Rüti'ehr unsers guten Königs, und der Re¬
gierung. Ich werde diesen Sommer kaum meine gewohnte Thätigkeit wieder
anfangen können. Vielleicht fehlten mich die Aerzte zur Wiederherstellung
meiner Gesundheit in Bäder, und auf Reisen; und so hoffe ich denn diesen
Sommer den Besuch bei Ihnen nachzuholen, den ich den vorigen versäumt habe.

Frau und Kind befinden sich wohl. Die erstere denkt Ihrer alle Tage,
nicht ohne Sorgen, besonders wegen des befürchteten nahen Ausbruchs eines
neuen Kriegs, der zunächst die dortige Gegend treffen könnte. Ich hoffe aber
fest, daß die Oesterreicher durch musterhaftes Betragen sich der großen Angelegen¬
heit, für die sie kämpfen, würdig machen, und dadurch die von jedem Kriege
unabtrennlichen Uebel sehr mildern werden.

Näher gehen mir die Uebel, die Sie schon erlitten haben, und die Folgen


Unser aller herzlichste Grüße an Mutter, und Geschwister.

s^Von Johanna Fichte:s

Ich grüße Sie theure Eltern von ganzer Seele und empfehle mich Ihrem
Andenken.

Gott schenkt mir ize wieder Gesundheit, worüber ich mich freue, da es
bey unserm Guten theuren Fichte sein kann. Leben Sie wohl, Ihre


Johanna F.

Von ihrer und ihres Sohnes Krankheit schreibt auch Johanna Fichte in
einem Briefe an Charlotte von Schiller (II, 408 vgl. 470). — Die beabsich¬
tigte Reise in die Heimath unterblieb; denn Fichte selbst erkrankte, wie d«
Biograph sagt, „im Frühling des Jahres 1808" (I. 426) oder, wie Fichte's
Gattin schreibt, „seit Mitte Juli" (II, 408) oder, wie er selbst im nächstfol¬
genden Schreiben sagt, „im August". Es war eben eine langsame, wohl all¬
mählich sich entwickelnde Krankheit, die in rheumatischen Lähmungen nebst
schmerzhaften Augenentzündungen bestand und deren Nachwirkungen selbst der
wiederholte Gebrauch des Teplitzer Bades nicht gänzlich hob.


36.

Berlin, d. 10. März. 1809.

Ich bin, mein, theurer Vater, nicht ohne Sorge über Ihrer aller Befinden,
auch ob Sie meinen lezten Brief vom May vorigen Jahres nebst dem über-
schikten Buche erhalten hätten, gewesen, bis Ihr leztes Schreiben vom 6ten
Februar, das aber bei mir sehr spät eingelaufen, und vermuthlich in Pulßnitz
über 6. Wochen gelegen, mich darüber beruhigt hat.

Ich trug den Borsatz den Sommer vorigen Jahres einen Abstecher nach
Drcßden zu machen, und hierbei auch Sie nebst den meinigen zu besuchen.
Besonders eine Krankheit, die den August v. I. anhob, und von der ich
erst jezt mich zu erholen suche, bei der ich niemals in Lebensgefahr ge¬
wesen, übrigens aber hart mitgenommen worden, hat mich daran verhindert.
Dermalen erwarten wir hier die Rüti'ehr unsers guten Königs, und der Re¬
gierung. Ich werde diesen Sommer kaum meine gewohnte Thätigkeit wieder
anfangen können. Vielleicht fehlten mich die Aerzte zur Wiederherstellung
meiner Gesundheit in Bäder, und auf Reisen; und so hoffe ich denn diesen
Sommer den Besuch bei Ihnen nachzuholen, den ich den vorigen versäumt habe.

Frau und Kind befinden sich wohl. Die erstere denkt Ihrer alle Tage,
nicht ohne Sorgen, besonders wegen des befürchteten nahen Ausbruchs eines
neuen Kriegs, der zunächst die dortige Gegend treffen könnte. Ich hoffe aber
fest, daß die Oesterreicher durch musterhaftes Betragen sich der großen Angelegen¬
heit, für die sie kämpfen, würdig machen, und dadurch die von jedem Kriege
unabtrennlichen Uebel sehr mildern werden.

Näher gehen mir die Uebel, die Sie schon erlitten haben, und die Folgen


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[0188] Unser aller herzlichste Grüße an Mutter, und Geschwister. s^Von Johanna Fichte:s Ich grüße Sie theure Eltern von ganzer Seele und empfehle mich Ihrem Andenken. Gott schenkt mir ize wieder Gesundheit, worüber ich mich freue, da es bey unserm Guten theuren Fichte sein kann. Leben Sie wohl, Ihre Johanna F. Von ihrer und ihres Sohnes Krankheit schreibt auch Johanna Fichte in einem Briefe an Charlotte von Schiller (II, 408 vgl. 470). — Die beabsich¬ tigte Reise in die Heimath unterblieb; denn Fichte selbst erkrankte, wie d« Biograph sagt, „im Frühling des Jahres 1808" (I. 426) oder, wie Fichte's Gattin schreibt, „seit Mitte Juli" (II, 408) oder, wie er selbst im nächstfol¬ genden Schreiben sagt, „im August". Es war eben eine langsame, wohl all¬ mählich sich entwickelnde Krankheit, die in rheumatischen Lähmungen nebst schmerzhaften Augenentzündungen bestand und deren Nachwirkungen selbst der wiederholte Gebrauch des Teplitzer Bades nicht gänzlich hob. 36. Berlin, d. 10. März. 1809. Ich bin, mein, theurer Vater, nicht ohne Sorge über Ihrer aller Befinden, auch ob Sie meinen lezten Brief vom May vorigen Jahres nebst dem über- schikten Buche erhalten hätten, gewesen, bis Ihr leztes Schreiben vom 6ten Februar, das aber bei mir sehr spät eingelaufen, und vermuthlich in Pulßnitz über 6. Wochen gelegen, mich darüber beruhigt hat. Ich trug den Borsatz den Sommer vorigen Jahres einen Abstecher nach Drcßden zu machen, und hierbei auch Sie nebst den meinigen zu besuchen. Besonders eine Krankheit, die den August v. I. anhob, und von der ich erst jezt mich zu erholen suche, bei der ich niemals in Lebensgefahr ge¬ wesen, übrigens aber hart mitgenommen worden, hat mich daran verhindert. Dermalen erwarten wir hier die Rüti'ehr unsers guten Königs, und der Re¬ gierung. Ich werde diesen Sommer kaum meine gewohnte Thätigkeit wieder anfangen können. Vielleicht fehlten mich die Aerzte zur Wiederherstellung meiner Gesundheit in Bäder, und auf Reisen; und so hoffe ich denn diesen Sommer den Besuch bei Ihnen nachzuholen, den ich den vorigen versäumt habe. Frau und Kind befinden sich wohl. Die erstere denkt Ihrer alle Tage, nicht ohne Sorgen, besonders wegen des befürchteten nahen Ausbruchs eines neuen Kriegs, der zunächst die dortige Gegend treffen könnte. Ich hoffe aber fest, daß die Oesterreicher durch musterhaftes Betragen sich der großen Angelegen¬ heit, für die sie kämpfen, würdig machen, und dadurch die von jedem Kriege unabtrennlichen Uebel sehr mildern werden. Näher gehen mir die Uebel, die Sie schon erlitten haben, und die Folgen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/188>, abgerufen am 22.07.2024.