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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Ich habe ein unserm soeben gewesenen Jahrmarkte meiner Frau den Auf¬
trag gegeben, sich in den Bandbuden umzusehen, Preiß. und Güte der Waaren
zu erkundigen, und zu erforschen, woher die Kleinhändler ihre Waaren beziehen.
Da hat nun meine Frau 3 senket (das Stük hält 16. Ellen und das Band
24. Faden.) schmales weisses Band (doch nicht so schmal als unsere Pfennig¬
schnür) für 8. Gr. gekauft, und erfahren, daß hier herum alles aus Erfurt
gezogen wird/ wo sich bis 15. grosse Bandfabriken befinden sollen, deren Unter¬
nehmer viele hunderttausend im Vermögen hätten (sagen nemlich die Klein¬
händler). So habe ich selbst auf der Leipziger Messe eine mächtige, und sehr
gut gefüllte Erfurter Bude (sie steht mitten auf dem Markte) gesehen. -- Es
ist mir selbst war'scbeinlich, daß die Erfurter das Garn wohlfeiler haben, als
es in unserer Gegend ist, indem in dem Erfurter Gebiet viel gesponnen wird,
aber sonst keine Leinweberei ist/ und die Lebensmittel gar wohlfeil sind. Auf
diese Vergleichung bezieht sich vielleicht des Eisenacher Kaufmanns Ausspruch.
Ich werde über alles dieses mich näher erkundigen. Alle diese Umstände nun
rathen uns vor der Hand gar sehr das Milo geben an; denn was hilft es eine
Menge Waare zu verfertigen, wenn man nicht Preis halten kann, und sie ver-
- schleudern kann.

Kurz -- über alles dies werde ich sehr genaue Erkundigungen einziehen;
ebenso, wie über den muthmaaßlichen Erfolg des Beziehens der Leipziger
Messe. Sehen wir nicht die Möglichkeit, etwas dort zu machen, vorher ein,
so rathe ich nicht dazu: denn die Unkosten einer solchen Messe mögen, nach
den Klagen aller Kaufleute, und nach der unverhältnißmässtgen Theurung aller
Waaren in Leipzig gegen andere Meßorte. (z. B. Naumburg, unsern Jahrmarkt)
wozu die Krämer geradezu dies als Grund anführen, sehr gros seyn. Eine
Bude zwar ist, an einem sehr vortheilhaften Platze, besprochen. Das Stand¬
geld beträgt die Messe über nur 12. Gr. aber eine Bude müste angekauft
werden.




Wechselbriefe kann ich nicht schiklich bekommen. Dresden ist viel zu
wenig Handelsort.

Auf Leipzig kann ich sehr leicht assigniren. Jezt zu andern Punkten.




Grüße Eltern, und Geschwister, und lebe recht wohl.
Dein treuer Bruder
l F^ .,7,^, ^ 7^,-. ^ -^-

d. 3. 9br.

Dieser Brief ist, um meiner vielen Geschäfte willen, liegen geblieben.
Ich hoffe aber, daß du ihn noch vor der Messe erhältst.......


Ich habe ein unserm soeben gewesenen Jahrmarkte meiner Frau den Auf¬
trag gegeben, sich in den Bandbuden umzusehen, Preiß. und Güte der Waaren
zu erkundigen, und zu erforschen, woher die Kleinhändler ihre Waaren beziehen.
Da hat nun meine Frau 3 senket (das Stük hält 16. Ellen und das Band
24. Faden.) schmales weisses Band (doch nicht so schmal als unsere Pfennig¬
schnür) für 8. Gr. gekauft, und erfahren, daß hier herum alles aus Erfurt
gezogen wird/ wo sich bis 15. grosse Bandfabriken befinden sollen, deren Unter¬
nehmer viele hunderttausend im Vermögen hätten (sagen nemlich die Klein¬
händler). So habe ich selbst auf der Leipziger Messe eine mächtige, und sehr
gut gefüllte Erfurter Bude (sie steht mitten auf dem Markte) gesehen. — Es
ist mir selbst war'scbeinlich, daß die Erfurter das Garn wohlfeiler haben, als
es in unserer Gegend ist, indem in dem Erfurter Gebiet viel gesponnen wird,
aber sonst keine Leinweberei ist/ und die Lebensmittel gar wohlfeil sind. Auf
diese Vergleichung bezieht sich vielleicht des Eisenacher Kaufmanns Ausspruch.
Ich werde über alles dieses mich näher erkundigen. Alle diese Umstände nun
rathen uns vor der Hand gar sehr das Milo geben an; denn was hilft es eine
Menge Waare zu verfertigen, wenn man nicht Preis halten kann, und sie ver-
- schleudern kann.

Kurz — über alles dies werde ich sehr genaue Erkundigungen einziehen;
ebenso, wie über den muthmaaßlichen Erfolg des Beziehens der Leipziger
Messe. Sehen wir nicht die Möglichkeit, etwas dort zu machen, vorher ein,
so rathe ich nicht dazu: denn die Unkosten einer solchen Messe mögen, nach
den Klagen aller Kaufleute, und nach der unverhältnißmässtgen Theurung aller
Waaren in Leipzig gegen andere Meßorte. (z. B. Naumburg, unsern Jahrmarkt)
wozu die Krämer geradezu dies als Grund anführen, sehr gros seyn. Eine
Bude zwar ist, an einem sehr vortheilhaften Platze, besprochen. Das Stand¬
geld beträgt die Messe über nur 12. Gr. aber eine Bude müste angekauft
werden.




Wechselbriefe kann ich nicht schiklich bekommen. Dresden ist viel zu
wenig Handelsort.

Auf Leipzig kann ich sehr leicht assigniren. Jezt zu andern Punkten.




Grüße Eltern, und Geschwister, und lebe recht wohl.
Dein treuer Bruder
l F^ .,7,^, ^ 7^,-. ^ -^-

d. 3. 9br.

Dieser Brief ist, um meiner vielen Geschäfte willen, liegen geblieben.
Ich hoffe aber, daß du ihn noch vor der Messe erhältst.......


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[0178] Ich habe ein unserm soeben gewesenen Jahrmarkte meiner Frau den Auf¬ trag gegeben, sich in den Bandbuden umzusehen, Preiß. und Güte der Waaren zu erkundigen, und zu erforschen, woher die Kleinhändler ihre Waaren beziehen. Da hat nun meine Frau 3 senket (das Stük hält 16. Ellen und das Band 24. Faden.) schmales weisses Band (doch nicht so schmal als unsere Pfennig¬ schnür) für 8. Gr. gekauft, und erfahren, daß hier herum alles aus Erfurt gezogen wird/ wo sich bis 15. grosse Bandfabriken befinden sollen, deren Unter¬ nehmer viele hunderttausend im Vermögen hätten (sagen nemlich die Klein¬ händler). So habe ich selbst auf der Leipziger Messe eine mächtige, und sehr gut gefüllte Erfurter Bude (sie steht mitten auf dem Markte) gesehen. — Es ist mir selbst war'scbeinlich, daß die Erfurter das Garn wohlfeiler haben, als es in unserer Gegend ist, indem in dem Erfurter Gebiet viel gesponnen wird, aber sonst keine Leinweberei ist/ und die Lebensmittel gar wohlfeil sind. Auf diese Vergleichung bezieht sich vielleicht des Eisenacher Kaufmanns Ausspruch. Ich werde über alles dieses mich näher erkundigen. Alle diese Umstände nun rathen uns vor der Hand gar sehr das Milo geben an; denn was hilft es eine Menge Waare zu verfertigen, wenn man nicht Preis halten kann, und sie ver- - schleudern kann. Kurz — über alles dies werde ich sehr genaue Erkundigungen einziehen; ebenso, wie über den muthmaaßlichen Erfolg des Beziehens der Leipziger Messe. Sehen wir nicht die Möglichkeit, etwas dort zu machen, vorher ein, so rathe ich nicht dazu: denn die Unkosten einer solchen Messe mögen, nach den Klagen aller Kaufleute, und nach der unverhältnißmässtgen Theurung aller Waaren in Leipzig gegen andere Meßorte. (z. B. Naumburg, unsern Jahrmarkt) wozu die Krämer geradezu dies als Grund anführen, sehr gros seyn. Eine Bude zwar ist, an einem sehr vortheilhaften Platze, besprochen. Das Stand¬ geld beträgt die Messe über nur 12. Gr. aber eine Bude müste angekauft werden. Wechselbriefe kann ich nicht schiklich bekommen. Dresden ist viel zu wenig Handelsort. Auf Leipzig kann ich sehr leicht assigniren. Jezt zu andern Punkten. Grüße Eltern, und Geschwister, und lebe recht wohl. Dein treuer Bruder l F^ .,7,^, ^ 7^,-. ^ -^- d. 3. 9br. Dieser Brief ist, um meiner vielen Geschäfte willen, liegen geblieben. Ich hoffe aber, daß du ihn noch vor der Messe erhältst.......

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/178>, abgerufen am 02.10.2024.