Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.Das letzte Bankett der Wallensteinschen Generale. Gemälde von Julius Scholz. Gute Bilder sind, wie man weiß, ebenso selten wie ein gutes Gedicht. Wir wollen einem so freigebigen Lob gleich dasjenige hinzufügen, was Neben dem Genusse also, den dieses Bild durch frische, naturwüchsige Auf¬ Zuvörderst läßt sich die Frage nicht wohl abweisen, ist der Stoff für ein Daß man so fragen kann, ist ein Unglück für das Bild. Es hat zu viel Das letzte Bankett der Wallensteinschen Generale. Gemälde von Julius Scholz. Gute Bilder sind, wie man weiß, ebenso selten wie ein gutes Gedicht. Wir wollen einem so freigebigen Lob gleich dasjenige hinzufügen, was Neben dem Genusse also, den dieses Bild durch frische, naturwüchsige Auf¬ Zuvörderst läßt sich die Frage nicht wohl abweisen, ist der Stoff für ein Daß man so fragen kann, ist ein Unglück für das Bild. Es hat zu viel <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114470"/> </div> <div n="1"> <head> Das letzte Bankett der Wallensteinschen Generale.<lb/> Gemälde von Julius Scholz.</head><lb/> <p xml:id="ID_639"> Gute Bilder sind, wie man weiß, ebenso selten wie ein gutes Gedicht.<lb/> Wir glauben unsere Zeit daher im Interesse Vieler zu' nützen, wenn wir da's<lb/> hier in Dresden ohnlängst vollendete und mannigfach bewunderte Bild zu all-<lb/> gemeiner Aufmerksamkeit empfehlen. Es hat Ursprünglichkeit, Fülle der Kraft.<lb/> Lebendigkeit, Heiterkeit und muthet den Beschauer mit dem ganzen Zauber einer<lb/> genialen Schöpfung an.</p><lb/> <p xml:id="ID_640"> Wir wollen einem so freigebigen Lob gleich dasjenige hinzufügen, was<lb/> demselben die Bedeutung ernster Ueberlegung geben kann. Wenn man an<lb/> einem Kunstwerke Freude hat, ungeachtet man erhebliche Mängel in ihm erkennt,<lb/> so steigert sich dadurch nur noch das Maß des Gebotenen. Erstrebten und<lb/> theilweise Erreichten. Man bleibt um so weniger in Zweifel, ob man in Wirk¬<lb/> lichkeit mit mehr als Gewöhnlichen zu thun hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_641"> Neben dem Genusse also, den dieses Bild durch frische, naturwüchsige Auf¬<lb/> fassung, gute Zeichnung, ungequälte Pinselführung, wohlthuend die Stim¬<lb/> mung schonende Farbe und andere Vorzüge bereitet, machen sich Uebelstände<lb/> geltend, welche die reine Wirkung des Gebotenen, je mehr wir uns ihrer zu<lb/> vergewissern suchen, in mehr als einer Hinsicht beeinträchtigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_642"> Zuvörderst läßt sich die Frage nicht wohl abweisen, ist der Stoff für ein<lb/> historisches Bild glücklich gewählt? Die Verbindung für historische Kunst —<lb/> und schon deshalb fordert dies Wert eine ernste Würdigung heraus — hat<lb/> vor einigen Jahren die betreffende Skizze unter vielen mitbewerbendcn Ent¬<lb/> würfen ausgezeichnet und die Ausführung für 2000 Thaler bestellt. Das<lb/> Wort historisch hat also für das hier in Rede stehende Werk eine nicht ganz<lb/> leichtwiegende Bedeutung, vielmehr mußte die Aufgabe unter allen Umständen<lb/> eine wirklich historische bleiben, selbst wenn dem Künstler während der Aus¬<lb/> führung dieselbe Frage aufgestiegen sein sollte, welche jetzt, wie wir zur Genüge<lb/> beobachten konnten, den Beschauer stört und verwirrt, die Frage: gibt es noch<lb/> eine Möglichkeit, das berühmte Bankett nach den dürftigen historischen Quellen<lb/> darzustellen, während das Bankett des Trauerspiels mit seiner Fülle von Bein<lb/> und Fleisch gewordenen Figuren vor aller Seele steht?</p><lb/> <p xml:id="ID_643" next="#ID_644"> Daß man so fragen kann, ist ein Unglück für das Bild. Es hat zu viel<lb/> von dem Trauerspielbankett, um von vornherein jeden Versuch, sich die<lb/> Gruppen nach den bekannten Persönlichkeiten zu ordnen, im Keime zu ersticken;</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
Das letzte Bankett der Wallensteinschen Generale.
Gemälde von Julius Scholz.
Gute Bilder sind, wie man weiß, ebenso selten wie ein gutes Gedicht.
Wir glauben unsere Zeit daher im Interesse Vieler zu' nützen, wenn wir da's
hier in Dresden ohnlängst vollendete und mannigfach bewunderte Bild zu all-
gemeiner Aufmerksamkeit empfehlen. Es hat Ursprünglichkeit, Fülle der Kraft.
Lebendigkeit, Heiterkeit und muthet den Beschauer mit dem ganzen Zauber einer
genialen Schöpfung an.
Wir wollen einem so freigebigen Lob gleich dasjenige hinzufügen, was
demselben die Bedeutung ernster Ueberlegung geben kann. Wenn man an
einem Kunstwerke Freude hat, ungeachtet man erhebliche Mängel in ihm erkennt,
so steigert sich dadurch nur noch das Maß des Gebotenen. Erstrebten und
theilweise Erreichten. Man bleibt um so weniger in Zweifel, ob man in Wirk¬
lichkeit mit mehr als Gewöhnlichen zu thun hat.
Neben dem Genusse also, den dieses Bild durch frische, naturwüchsige Auf¬
fassung, gute Zeichnung, ungequälte Pinselführung, wohlthuend die Stim¬
mung schonende Farbe und andere Vorzüge bereitet, machen sich Uebelstände
geltend, welche die reine Wirkung des Gebotenen, je mehr wir uns ihrer zu
vergewissern suchen, in mehr als einer Hinsicht beeinträchtigen.
Zuvörderst läßt sich die Frage nicht wohl abweisen, ist der Stoff für ein
historisches Bild glücklich gewählt? Die Verbindung für historische Kunst —
und schon deshalb fordert dies Wert eine ernste Würdigung heraus — hat
vor einigen Jahren die betreffende Skizze unter vielen mitbewerbendcn Ent¬
würfen ausgezeichnet und die Ausführung für 2000 Thaler bestellt. Das
Wort historisch hat also für das hier in Rede stehende Werk eine nicht ganz
leichtwiegende Bedeutung, vielmehr mußte die Aufgabe unter allen Umständen
eine wirklich historische bleiben, selbst wenn dem Künstler während der Aus¬
führung dieselbe Frage aufgestiegen sein sollte, welche jetzt, wie wir zur Genüge
beobachten konnten, den Beschauer stört und verwirrt, die Frage: gibt es noch
eine Möglichkeit, das berühmte Bankett nach den dürftigen historischen Quellen
darzustellen, während das Bankett des Trauerspiels mit seiner Fülle von Bein
und Fleisch gewordenen Figuren vor aller Seele steht?
Daß man so fragen kann, ist ein Unglück für das Bild. Es hat zu viel
von dem Trauerspielbankett, um von vornherein jeden Versuch, sich die
Gruppen nach den bekannten Persönlichkeiten zu ordnen, im Keime zu ersticken;
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