Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.sammenstellung ihrer Werke den Gang ihrer Entwickelung anzugeben sucht. Ab¬ Schon dieser Umstand bringt es mit sich, daß wir tuer auf die geschicht¬ Und zwar ist es vorzugsweise die Malerei, mit der wir uns hier beschäf¬ Auch die Sculptur hat von unserer Zeit eine wesentliche Fortbildung nicht sammenstellung ihrer Werke den Gang ihrer Entwickelung anzugeben sucht. Ab¬ Schon dieser Umstand bringt es mit sich, daß wir tuer auf die geschicht¬ Und zwar ist es vorzugsweise die Malerei, mit der wir uns hier beschäf¬ Auch die Sculptur hat von unserer Zeit eine wesentliche Fortbildung nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0098" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113878"/> <p xml:id="ID_251" prev="#ID_250"> sammenstellung ihrer Werke den Gang ihrer Entwickelung anzugeben sucht. Ab¬<lb/> gesehen davon, daß im heißen Gewühl des Tages manches Bedeutende über¬<lb/> sehen, manches Geringe überschätzt wird, setzen sich allerlei äußere Hindernisse<lb/> jener Vereinigung des Materials entgegen, welche zu einer auch nur halbwegs<lb/> vollständigen Uebersicht erforderlich wäre. Dazu kommt in diesem Falle, daß<lb/> die Kölner Ausstellung, was die Kunst der vergangenen Jahrzehnte anlangt,<lb/> nur als Ergänzung der Münchener vomJahre 1858 anzusehen ist, und so von<lb/> dem Gange der früheren deutschen Kunst ein nur unklares und lückenhaftes<lb/> Bild gibt.</p><lb/> <p xml:id="ID_252"> Schon dieser Umstand bringt es mit sich, daß wir tuer auf die geschicht¬<lb/> liche Entwicklung der deutschen Kunst nicht näher eingehen. Wir halten uns<lb/> an die Werke der jüngsten Zeit; wir wollen sehen, was die gegenwärtige Kunst<lb/> aus den verschiedenen Wegen, die sie eingeschlagen, erreicht hat, was wir von<lb/> ihr zu hoffen haben; und nur um gründlicher in die moderne einzudringen,<lb/> wird bisweilen ein Rückblick auf die vergangene Periode nöthig sein. Denn<lb/> wenn auch die deutsche Kunst des neunzehnten Jahrhunderts nicht, wie die<lb/> französische, eine fest in einander gefügte und in eng zusammenhängenden<lb/> Kreisen verlaufende Entwicklung durchgemacht hat: so ist sie doch von dem<lb/> Boden der allgemeinen Bildung nicht losgelöst, und bei aller Willkür und Ver¬<lb/> wirrung ist die Beziehung der späteren zur früheren Zeit durch allerlei Fäden<lb/> vermittelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_253"> Und zwar ist es vorzugsweise die Malerei, mit der wir uns hier beschäf¬<lb/> tigen. Architektur und Plastik sind nun einmal die Formen nicht, in denen<lb/> das 19. Jahrhundert sich selbständig bethätigen, sein Wesen in eigenthümlicher<lb/> Weise ausdrücken kann. Ein neuer Baustyl läßt sich nicht aus dem Boden<lb/> stampfen, und mit einer bunten, kaleidoskopischen Zusammenstellung von belie¬<lb/> bigen Elementen früherer Style ist es nicht gethan. Die Zeit verlangt von<lb/> der Baukunst für ihre Ideale keine heilige Stätte mehr, sie will von ihr nur<lb/> die zweckdienliche Form für ihre praktischen Interessen. Das ästhetische Bedürf¬<lb/> niß ist dabei ein rein äußerliches, daher der Trieb für eine eigenthümliche<lb/> architektonische Schönheit in Wirklichkeit nicht vorhanden, und so ist die Auf¬<lb/> gabe, sich nachbildend an d i e vergangene Periode zu halten, deren Kunstform<lb/> unsere Anschauungsweise am leichtesten sich anpaßt, unseren Zwecken am ehesten<lb/> sich fügt. Es ist in diesen Blättern schon bei Gelegenheit der Pariser Bauten<lb/> näher die Rede von der Ratlosigkeit gewesen, mit der die deutsche Architektur<lb/> Versuch auf Versuche häuft.</p><lb/> <p xml:id="ID_254" next="#ID_255"> Auch die Sculptur hat von unserer Zeit eine wesentliche Fortbildung nicht<lb/> zu erwarten. Wir wiederholen nicht, wie vollendet unplastisch die Gegenwart<lb/> ist. Die vertieftere Einkehr der Bildung nach innen, die Breite einer im<lb/> Handel und Verkehr unablässig sich drängenden und kreuzenden Welt, die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0098]
sammenstellung ihrer Werke den Gang ihrer Entwickelung anzugeben sucht. Ab¬
gesehen davon, daß im heißen Gewühl des Tages manches Bedeutende über¬
sehen, manches Geringe überschätzt wird, setzen sich allerlei äußere Hindernisse
jener Vereinigung des Materials entgegen, welche zu einer auch nur halbwegs
vollständigen Uebersicht erforderlich wäre. Dazu kommt in diesem Falle, daß
die Kölner Ausstellung, was die Kunst der vergangenen Jahrzehnte anlangt,
nur als Ergänzung der Münchener vomJahre 1858 anzusehen ist, und so von
dem Gange der früheren deutschen Kunst ein nur unklares und lückenhaftes
Bild gibt.
Schon dieser Umstand bringt es mit sich, daß wir tuer auf die geschicht¬
liche Entwicklung der deutschen Kunst nicht näher eingehen. Wir halten uns
an die Werke der jüngsten Zeit; wir wollen sehen, was die gegenwärtige Kunst
aus den verschiedenen Wegen, die sie eingeschlagen, erreicht hat, was wir von
ihr zu hoffen haben; und nur um gründlicher in die moderne einzudringen,
wird bisweilen ein Rückblick auf die vergangene Periode nöthig sein. Denn
wenn auch die deutsche Kunst des neunzehnten Jahrhunderts nicht, wie die
französische, eine fest in einander gefügte und in eng zusammenhängenden
Kreisen verlaufende Entwicklung durchgemacht hat: so ist sie doch von dem
Boden der allgemeinen Bildung nicht losgelöst, und bei aller Willkür und Ver¬
wirrung ist die Beziehung der späteren zur früheren Zeit durch allerlei Fäden
vermittelt.
Und zwar ist es vorzugsweise die Malerei, mit der wir uns hier beschäf¬
tigen. Architektur und Plastik sind nun einmal die Formen nicht, in denen
das 19. Jahrhundert sich selbständig bethätigen, sein Wesen in eigenthümlicher
Weise ausdrücken kann. Ein neuer Baustyl läßt sich nicht aus dem Boden
stampfen, und mit einer bunten, kaleidoskopischen Zusammenstellung von belie¬
bigen Elementen früherer Style ist es nicht gethan. Die Zeit verlangt von
der Baukunst für ihre Ideale keine heilige Stätte mehr, sie will von ihr nur
die zweckdienliche Form für ihre praktischen Interessen. Das ästhetische Bedürf¬
niß ist dabei ein rein äußerliches, daher der Trieb für eine eigenthümliche
architektonische Schönheit in Wirklichkeit nicht vorhanden, und so ist die Auf¬
gabe, sich nachbildend an d i e vergangene Periode zu halten, deren Kunstform
unsere Anschauungsweise am leichtesten sich anpaßt, unseren Zwecken am ehesten
sich fügt. Es ist in diesen Blättern schon bei Gelegenheit der Pariser Bauten
näher die Rede von der Ratlosigkeit gewesen, mit der die deutsche Architektur
Versuch auf Versuche häuft.
Auch die Sculptur hat von unserer Zeit eine wesentliche Fortbildung nicht
zu erwarten. Wir wiederholen nicht, wie vollendet unplastisch die Gegenwart
ist. Die vertieftere Einkehr der Bildung nach innen, die Breite einer im
Handel und Verkehr unablässig sich drängenden und kreuzenden Welt, die
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