Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.von den' politischen Bestrebungen zu reden beginnt, mit denen die Regierung Vergeblich fragen wir, wo denn die Fortschrittspartei die Rechte der Krone Wir kommen also wieder auf den Hagen'schen Antrag zurück, welcher den Erst nach dem der Antrag angenommen war, äußerte die Regierung, daß Die schlimmste Stelle des Wahlerlasses aber ist diejenige, wo die Erwar¬ 10*
von den' politischen Bestrebungen zu reden beginnt, mit denen die Regierung Vergeblich fragen wir, wo denn die Fortschrittspartei die Rechte der Krone Wir kommen also wieder auf den Hagen'schen Antrag zurück, welcher den Erst nach dem der Antrag angenommen war, äußerte die Regierung, daß Die schlimmste Stelle des Wahlerlasses aber ist diejenige, wo die Erwar¬ 10*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0083" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113863"/> <p xml:id="ID_204" prev="#ID_203"> von den' politischen Bestrebungen zu reden beginnt, mit denen die Regierung<lb/> sich im Widerstreit befindet. Namentlich wird hier mit besonderem Nachdruck<lb/> hervorgehoben, daß die Regierung sich „in den schärfsten Gegensatz- zur Demo¬<lb/> kratie gesetzt habe, deren Bestrebungen zur Zeit unverkennbar darauf gerichtet<lb/> sind, den Schwerpunkt der staatlichen Gewalt, welcher nach Geschichte und Ver¬<lb/> fassung Preußens bei der Krone beruht, von dieser in die Volksvertretung zu<lb/> verlegen." Hier sind wir unvermuthet bei dem Feldgeschrei angelangt, welches<lb/> zuerst die .Kreuzzeitung als Parole für die bevorstehenden Wahlen ausgegeben<lb/> bat. Königliches oder parlamentarisches Regiment, — das sollte nach der<lb/> Kreuzzeitung der Gegensatz sein, um welchen sich diesmal die Parteien grup-<lb/> piren müssen. Der Minister des Innern acceptirt in seinem Wahlerlaß die<lb/> Taktik des feudalen Blattes, und erklärt zugleich, daß unter „Demot'raiie"<lb/> die „sogenannte Fortschrittspartei" zu verstehen sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_205"> Vergeblich fragen wir, wo denn die Fortschrittspartei die Rechte der Krone<lb/> gefährdet habe, oder wie die Behörden es anfangen sollen, die Wähler über<lb/> die „eigentlichen Tendenzen" jener Partei zu belehren, welche, wie es scheint,<lb/> nach der Ansicht des Ministers verschieden sind von den öffentlich bekannten<lb/> Tendenzen, die sich aus den Programmen, Anträgen und Beschlüssen der Par¬<lb/> tei ergeben. Aber eine andere Quelle, die Bestrebungen der Fortschrittspartei<lb/> zu erkennen, liegt nicht vor, und Herr von >agow würde es schwerlich verbor¬<lb/> gen gehalten haben, wenn er der Fortschrittspartei andere Bestrebungen, als<lb/> die öffentlich bekannten, nachzuweisen im Stande wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_206"> Wir kommen also wieder auf den Hagen'schen Antrag zurück, welcher den<lb/> Anstoß zum Ausbruch der Krisis gegeben hat. Sind durch diesen Antrag die<lb/> Rechte der Krone in Gefahr gebracht? Man mag über die Opportunist des<lb/> Antrags streiten; man mag, wie wir, der Ansicht sein, daß es klüger gewesen<lb/> wäre, nicht gleich für das Jahr I»<>2 die Specialisirung des Etats zu ver¬<lb/> langen — aber dies sind gegenwärtig ganz untergeordnete Fragen. Dem Wahl¬<lb/> erlaß deS Ministers des Innern gegenüber müssen wir uns die Frage klar ma¬<lb/> chen, ob durch den Hagen'schen Antrag die Prärogative der Krone bedroht wor¬<lb/> den sind. Kein verständiger Mann wird diese Frage bejahen wollen. Auch<lb/> hat vor der Auflösung der Kammer Niemand daran gedacht, dem Hagen'schen<lb/> Antrag eine so gefährliche Absicht beizulegen. Ueber die eigentliche Tendenz<lb/> desselben, die Specialisirung des Etats, war das ganze Haus mit Einschluß der<lb/> gouvernementalen Partei einverstanden, und der' Finanzminister versprach die<lb/> Ausführung zum nächsten Jahre. Der Streit zwischen der Fortschrittspartei<lb/> und der Regierung drehte sich nur um die Ausführbarkeit des Antrags für die¬<lb/> ses Jahr. Selbst diese gab Herr v. Patow wenigstens bedingungsweise zu<lb/> und erklärte ausdrücklich, daß er in der Annahme des Antrags nicht ein Mi߬<lb/> trauensvotum erblicken werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_207"> Erst nach dem der Antrag angenommen war, äußerte die Regierung, daß<lb/> sie im Hause nicht das nöthige Vertrauen gefunden habe, und motivirte damit<lb/> die Auflösung der Kammer; und jetzt, nachdem auch das Ministerium aufgelöst<lb/> und reconstruirt ist, findet plöklicb der neue Minister des Innern, daß der bis<lb/> dahin ganz unverfängliche Inhalt des Antrags ein gefährlicher Angriff auf die<lb/> Prärogative der Krone sei;"jett wird ein specieller Conflict über die Art der<lb/> Controlle der Staatsfinanzen verallgemeinert zu einem Streit über die Grund¬<lb/> bedingungen unseres gesammten Staatsleben.</p><lb/> <p xml:id="ID_208" next="#ID_209"> Die schlimmste Stelle des Wahlerlasses aber ist diejenige, wo die Erwar¬<lb/> tung ausgesprochen wird, daß die Beamten der Regierung ihre eifrige Unter¬<lb/> stützung gewähren werden, und wo man sie mit Berufung auf ihren dem<lb/> Könige geleisteten Eid der Treue warnt, sich nicht an Wahlagitationen gegen</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 10*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0083]
von den' politischen Bestrebungen zu reden beginnt, mit denen die Regierung
sich im Widerstreit befindet. Namentlich wird hier mit besonderem Nachdruck
hervorgehoben, daß die Regierung sich „in den schärfsten Gegensatz- zur Demo¬
kratie gesetzt habe, deren Bestrebungen zur Zeit unverkennbar darauf gerichtet
sind, den Schwerpunkt der staatlichen Gewalt, welcher nach Geschichte und Ver¬
fassung Preußens bei der Krone beruht, von dieser in die Volksvertretung zu
verlegen." Hier sind wir unvermuthet bei dem Feldgeschrei angelangt, welches
zuerst die .Kreuzzeitung als Parole für die bevorstehenden Wahlen ausgegeben
bat. Königliches oder parlamentarisches Regiment, — das sollte nach der
Kreuzzeitung der Gegensatz sein, um welchen sich diesmal die Parteien grup-
piren müssen. Der Minister des Innern acceptirt in seinem Wahlerlaß die
Taktik des feudalen Blattes, und erklärt zugleich, daß unter „Demot'raiie"
die „sogenannte Fortschrittspartei" zu verstehen sei.
Vergeblich fragen wir, wo denn die Fortschrittspartei die Rechte der Krone
gefährdet habe, oder wie die Behörden es anfangen sollen, die Wähler über
die „eigentlichen Tendenzen" jener Partei zu belehren, welche, wie es scheint,
nach der Ansicht des Ministers verschieden sind von den öffentlich bekannten
Tendenzen, die sich aus den Programmen, Anträgen und Beschlüssen der Par¬
tei ergeben. Aber eine andere Quelle, die Bestrebungen der Fortschrittspartei
zu erkennen, liegt nicht vor, und Herr von >agow würde es schwerlich verbor¬
gen gehalten haben, wenn er der Fortschrittspartei andere Bestrebungen, als
die öffentlich bekannten, nachzuweisen im Stande wäre.
Wir kommen also wieder auf den Hagen'schen Antrag zurück, welcher den
Anstoß zum Ausbruch der Krisis gegeben hat. Sind durch diesen Antrag die
Rechte der Krone in Gefahr gebracht? Man mag über die Opportunist des
Antrags streiten; man mag, wie wir, der Ansicht sein, daß es klüger gewesen
wäre, nicht gleich für das Jahr I»<>2 die Specialisirung des Etats zu ver¬
langen — aber dies sind gegenwärtig ganz untergeordnete Fragen. Dem Wahl¬
erlaß deS Ministers des Innern gegenüber müssen wir uns die Frage klar ma¬
chen, ob durch den Hagen'schen Antrag die Prärogative der Krone bedroht wor¬
den sind. Kein verständiger Mann wird diese Frage bejahen wollen. Auch
hat vor der Auflösung der Kammer Niemand daran gedacht, dem Hagen'schen
Antrag eine so gefährliche Absicht beizulegen. Ueber die eigentliche Tendenz
desselben, die Specialisirung des Etats, war das ganze Haus mit Einschluß der
gouvernementalen Partei einverstanden, und der' Finanzminister versprach die
Ausführung zum nächsten Jahre. Der Streit zwischen der Fortschrittspartei
und der Regierung drehte sich nur um die Ausführbarkeit des Antrags für die¬
ses Jahr. Selbst diese gab Herr v. Patow wenigstens bedingungsweise zu
und erklärte ausdrücklich, daß er in der Annahme des Antrags nicht ein Mi߬
trauensvotum erblicken werde.
Erst nach dem der Antrag angenommen war, äußerte die Regierung, daß
sie im Hause nicht das nöthige Vertrauen gefunden habe, und motivirte damit
die Auflösung der Kammer; und jetzt, nachdem auch das Ministerium aufgelöst
und reconstruirt ist, findet plöklicb der neue Minister des Innern, daß der bis
dahin ganz unverfängliche Inhalt des Antrags ein gefährlicher Angriff auf die
Prärogative der Krone sei;"jett wird ein specieller Conflict über die Art der
Controlle der Staatsfinanzen verallgemeinert zu einem Streit über die Grund¬
bedingungen unseres gesammten Staatsleben.
Die schlimmste Stelle des Wahlerlasses aber ist diejenige, wo die Erwar¬
tung ausgesprochen wird, daß die Beamten der Regierung ihre eifrige Unter¬
stützung gewähren werden, und wo man sie mit Berufung auf ihren dem
Könige geleisteten Eid der Treue warnt, sich nicht an Wahlagitationen gegen
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