Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Eingehen, doch möchte das Gefühl, daß hier die Unbefangenheit des Künstlers Die übrigen Entwürfe sind zum Theil, was man euphemistisch mit Eingehen, doch möchte das Gefühl, daß hier die Unbefangenheit des Künstlers Die übrigen Entwürfe sind zum Theil, was man euphemistisch mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0234" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114014"/> <p xml:id="ID_672" prev="#ID_671"> Eingehen, doch möchte das Gefühl, daß hier die Unbefangenheit des Künstlers<lb/> theilweise einem nicht ganz innerlich und organisch aufgenommenen fremden<lb/> Stylprincip gewichen ist, nicht ohne Berechtigung als Bedenken geltend ge¬<lb/> macht werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_673" next="#ID_674"> Die übrigen Entwürfe sind zum Theil, was man euphemistisch mit<lb/> „recht braven" Arbeiten bezeichnet; zum Theil originell auf Kosten der Schön¬<lb/> heit, zum Theil aber ganz unbegreifliche Berirrungen. Es ist charakteristisch,<lb/> und wird nur in Deutschland so zur Erscheinung kommen, daß fast in allen<lb/> eine Fülle allegorischer Ideen, philosophischer, religiöser und mythischer Be¬<lb/> ziehungen oder historischer Studien niedergelegt ist, und ein Mangel an Wis¬<lb/> sen, den wohlmeinende Theoretiker unsern Historienmalern so oft vorwerfen, wird<lb/> darin eben so wenig sichtbar, als — im Durchschnitt — ein Mangel an<lb/> Können. Desto schlimmer sieht es aber in der Hauptsachen den malerischen<lb/> Ideen, um mit diesem Ausdrucke die eigentliche künstlerische Conception zu<lb/> bezeichnen, aus. Siegreich tritt in den drei oben genannten Werken ein<lb/> wahrhaft befähigter Idealismus auf; wohlthuend wirkt ein entschiedenes Au¬<lb/> fdrehen desselben in zwei — der Form nach etwas schwächlichen — Entwürfen,<lb/> deren einer, in sehr sinniger Betonung der wesentlichen darstellbaren allegorischen<lb/> Beziehungen der bildenden Kunst zur Naturpoesie und Geschichte, ein im Ge¬<lb/> danken höchst ansprechendes Motiv für den Schmuck eines Kunstmuseums hin¬<lb/> gestellt hat, während der andere eine mehr wohlgemeinte als glückliche Ver¬<lb/> bindung der Musen (in altertümlicher Dreizahl) und Grazien mit dem Ruhme<lb/> der Stadt Leipzig zum Bvrwurs nimmt. — Daß ein anderer Bewerber seinen<lb/> allegorischen Figuren einfach dadurch aufgeholfen hat, daß er zwei Schwind'sche<lb/> Gestalten mit Veränderung des „Ueberflusses" in den „Handel" sich als eignes<lb/> Erzeugnis; anzeiget, wäre schwer zu begreifen, müßte man nicht eine falsche<lb/> Speculation auf die Naivetät der Richter voraussetzen. — Ein reich farbiger<lb/> Cyclus geschichtlicher Momente von einem sehr neu-münchner Gepräge, auf der<lb/> Grenzscheide von Styl und Naturalismus, läßt sich recht wirksam als Gelegen-<lb/> hcitsdecvration eines Festbaucs ausgeführt denken, besteht aber neben den ern¬<lb/> ster aufgefaßten Entwürfen mit geringem Ruhm; im Gesammteindruck verräth<lb/> er noch das Gefühl für die nothwendigen Erfordernisse monumentaler Malerei,<lb/> dessen Mangel zwei umfangreichen und sehr tüchtig ausgeführten Arbeiten begab¬<lb/> ter Meister der realistischen Schule — und erfreulicher Weise auch in<lb/> der Ansicht des Publikums — von vorn herein die Möglichkeit, bei der Aus¬<lb/> führung berücksichtigt zu werden, entziehen mußte. Man stelle sich vor, daß<lb/> der eine eine Reihe historischer Bilder — meist in Roccvcv-Costüm mir charak¬<lb/> teristisch treuer Bezeichnung der Portraitgestalten in einer Farbenwirkung wie<lb/> etwa die Bilder Caravaggios, dazwischen sechs lebensgroße ganz schwarz geklei¬<lb/> dete berühmte Leipziger, und dies alles auf einem fahlen grünen Grunde sich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0234]
Eingehen, doch möchte das Gefühl, daß hier die Unbefangenheit des Künstlers
theilweise einem nicht ganz innerlich und organisch aufgenommenen fremden
Stylprincip gewichen ist, nicht ohne Berechtigung als Bedenken geltend ge¬
macht werden.
Die übrigen Entwürfe sind zum Theil, was man euphemistisch mit
„recht braven" Arbeiten bezeichnet; zum Theil originell auf Kosten der Schön¬
heit, zum Theil aber ganz unbegreifliche Berirrungen. Es ist charakteristisch,
und wird nur in Deutschland so zur Erscheinung kommen, daß fast in allen
eine Fülle allegorischer Ideen, philosophischer, religiöser und mythischer Be¬
ziehungen oder historischer Studien niedergelegt ist, und ein Mangel an Wis¬
sen, den wohlmeinende Theoretiker unsern Historienmalern so oft vorwerfen, wird
darin eben so wenig sichtbar, als — im Durchschnitt — ein Mangel an
Können. Desto schlimmer sieht es aber in der Hauptsachen den malerischen
Ideen, um mit diesem Ausdrucke die eigentliche künstlerische Conception zu
bezeichnen, aus. Siegreich tritt in den drei oben genannten Werken ein
wahrhaft befähigter Idealismus auf; wohlthuend wirkt ein entschiedenes Au¬
fdrehen desselben in zwei — der Form nach etwas schwächlichen — Entwürfen,
deren einer, in sehr sinniger Betonung der wesentlichen darstellbaren allegorischen
Beziehungen der bildenden Kunst zur Naturpoesie und Geschichte, ein im Ge¬
danken höchst ansprechendes Motiv für den Schmuck eines Kunstmuseums hin¬
gestellt hat, während der andere eine mehr wohlgemeinte als glückliche Ver¬
bindung der Musen (in altertümlicher Dreizahl) und Grazien mit dem Ruhme
der Stadt Leipzig zum Bvrwurs nimmt. — Daß ein anderer Bewerber seinen
allegorischen Figuren einfach dadurch aufgeholfen hat, daß er zwei Schwind'sche
Gestalten mit Veränderung des „Ueberflusses" in den „Handel" sich als eignes
Erzeugnis; anzeiget, wäre schwer zu begreifen, müßte man nicht eine falsche
Speculation auf die Naivetät der Richter voraussetzen. — Ein reich farbiger
Cyclus geschichtlicher Momente von einem sehr neu-münchner Gepräge, auf der
Grenzscheide von Styl und Naturalismus, läßt sich recht wirksam als Gelegen-
hcitsdecvration eines Festbaucs ausgeführt denken, besteht aber neben den ern¬
ster aufgefaßten Entwürfen mit geringem Ruhm; im Gesammteindruck verräth
er noch das Gefühl für die nothwendigen Erfordernisse monumentaler Malerei,
dessen Mangel zwei umfangreichen und sehr tüchtig ausgeführten Arbeiten begab¬
ter Meister der realistischen Schule — und erfreulicher Weise auch in
der Ansicht des Publikums — von vorn herein die Möglichkeit, bei der Aus¬
führung berücksichtigt zu werden, entziehen mußte. Man stelle sich vor, daß
der eine eine Reihe historischer Bilder — meist in Roccvcv-Costüm mir charak¬
teristisch treuer Bezeichnung der Portraitgestalten in einer Farbenwirkung wie
etwa die Bilder Caravaggios, dazwischen sechs lebensgroße ganz schwarz geklei¬
dete berühmte Leipziger, und dies alles auf einem fahlen grünen Grunde sich
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