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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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menspectren nur dann ein, wenn die hinter der Flamme liegende Lichtquelle
stärker leuchtet, als die Flammen selbst, wenn also jene Lichtquelle heißer ist
als die Flamme. Weiter unten werden wir sehen, daß sich daraus ein Schluß
auf den Zustand des Sonnenkörpers ziehen laßt.

Ebenso wie die Natriumlinien ließ sich auch die rothe Linie, welche das
Spectrum der Lithionflamme darstellt, in eine dunkle umwandeln, wenn eine
Heller leuchtende Lichtquelle dahinter gebracht wurde. Die Lithionlinie fällt
nicht mit einer schwarzen Linie des Sonnenspectrums zusammen, fällt aber
das Sonnenlicht durch eine Lithionflamme, so erscheint im Spectrum an
Stelle der rothen Lithionlinie eine dunkle. Dieselbe Umkehrung Heller Spec-
trallinien in dunkle wurde von Bunsen und Kirchhofs ein den Flammenspectren
von Kalium. Strontium. Calcium, Barium beobachtet. "Nach diesen Thatsachen,
sagt Kirchhofs, liegt die Annahme nahe, daß jedes glühende Gas ausschließlich
die Strahlen von der Brechbarkeit derer, die es selbst aussendet, durch Absorp¬
tion schwächt, mit anderen Worten die Annahme, daß das Spectrum eines jeden
glühenden Gases umgekehrt werden muß, wenn durch dasselbe Strahlen einer
Lichtquelle treten, die hinreichend hell ist und an sich ein continuirliches Spec¬
trum gibt." Diese Annahme erscheint als ein besonderer Fall eines allgemei¬
nen, ebenfalls von Kirchhofs gefundenen Satzes, welcher aussagt, daß für jede
Strahlengattung das Verhältniß zwischen dem Emissionsvermögen und dem
Absorptionsvermögen für alle Körper bei derselben Temperatur das gleiche ist.
Aus diesem Satze folgt dann unmittelbar, daß ein glühendes Gas für alle
Strahlen, die es selbst nicht entwickelt, durchsichtig ist; dagegen absorbirt ein
glühendes Gas die Strahlen einer anderen Lichtquelle, welche die Farbe oder
Brechbarkeit derer haben, die das Gas selbst aussendet. Wenn der leuchtende
Körper, durch dessen Licht das Spectrum eines glänzenden Gases umgekehrt
werden soll, ein glühender fester oder flüssiger Körper ist. so muß seine Tempe¬
ratur höher als die des glühenden Gases sein.

Mit Hilfe dieser Thatsache und Folgerungen war es nun zunächst mög¬
lich, die dunklen Linien im Sonncnspectrum zu erklären und diese Er¬
klärung führte dann von selbst zu der Entdeckung gewisser Stoffe
in der Sonnenatmosphäre. Kirchhofs brachte an seinem großen Spec-
tralapparat eine Vorrichtung an, welche es gestattete, das Sonnenspectrum
dicht neben dem Flammenspectrum eines beliebigen Metalles zu sehen. So
wurde es möglich, die hellen Linien eines Flammenspectrums mit den dunklen
Linien des Sonnenspectrums genau zu vergleichen. Nun zeigte es sich z. B..
daß sechzig helle Linien in dem Spectrum des glühenden Eisendampfes zusam¬
menfallen mit sechzig dunklen Linien des Sonnenspectrums. Die Wahrschein¬
lichkeit, daß dies kein Werk des Zufalls sei, stellt sich wie eine Trillion zu Eins.
Es muß also, da ein ursächlicher Zusammenhang dieser beiden Erscheinungen


menspectren nur dann ein, wenn die hinter der Flamme liegende Lichtquelle
stärker leuchtet, als die Flammen selbst, wenn also jene Lichtquelle heißer ist
als die Flamme. Weiter unten werden wir sehen, daß sich daraus ein Schluß
auf den Zustand des Sonnenkörpers ziehen laßt.

Ebenso wie die Natriumlinien ließ sich auch die rothe Linie, welche das
Spectrum der Lithionflamme darstellt, in eine dunkle umwandeln, wenn eine
Heller leuchtende Lichtquelle dahinter gebracht wurde. Die Lithionlinie fällt
nicht mit einer schwarzen Linie des Sonnenspectrums zusammen, fällt aber
das Sonnenlicht durch eine Lithionflamme, so erscheint im Spectrum an
Stelle der rothen Lithionlinie eine dunkle. Dieselbe Umkehrung Heller Spec-
trallinien in dunkle wurde von Bunsen und Kirchhofs ein den Flammenspectren
von Kalium. Strontium. Calcium, Barium beobachtet. „Nach diesen Thatsachen,
sagt Kirchhofs, liegt die Annahme nahe, daß jedes glühende Gas ausschließlich
die Strahlen von der Brechbarkeit derer, die es selbst aussendet, durch Absorp¬
tion schwächt, mit anderen Worten die Annahme, daß das Spectrum eines jeden
glühenden Gases umgekehrt werden muß, wenn durch dasselbe Strahlen einer
Lichtquelle treten, die hinreichend hell ist und an sich ein continuirliches Spec¬
trum gibt." Diese Annahme erscheint als ein besonderer Fall eines allgemei¬
nen, ebenfalls von Kirchhofs gefundenen Satzes, welcher aussagt, daß für jede
Strahlengattung das Verhältniß zwischen dem Emissionsvermögen und dem
Absorptionsvermögen für alle Körper bei derselben Temperatur das gleiche ist.
Aus diesem Satze folgt dann unmittelbar, daß ein glühendes Gas für alle
Strahlen, die es selbst nicht entwickelt, durchsichtig ist; dagegen absorbirt ein
glühendes Gas die Strahlen einer anderen Lichtquelle, welche die Farbe oder
Brechbarkeit derer haben, die das Gas selbst aussendet. Wenn der leuchtende
Körper, durch dessen Licht das Spectrum eines glänzenden Gases umgekehrt
werden soll, ein glühender fester oder flüssiger Körper ist. so muß seine Tempe¬
ratur höher als die des glühenden Gases sein.

Mit Hilfe dieser Thatsache und Folgerungen war es nun zunächst mög¬
lich, die dunklen Linien im Sonncnspectrum zu erklären und diese Er¬
klärung führte dann von selbst zu der Entdeckung gewisser Stoffe
in der Sonnenatmosphäre. Kirchhofs brachte an seinem großen Spec-
tralapparat eine Vorrichtung an, welche es gestattete, das Sonnenspectrum
dicht neben dem Flammenspectrum eines beliebigen Metalles zu sehen. So
wurde es möglich, die hellen Linien eines Flammenspectrums mit den dunklen
Linien des Sonnenspectrums genau zu vergleichen. Nun zeigte es sich z. B..
daß sechzig helle Linien in dem Spectrum des glühenden Eisendampfes zusam¬
menfallen mit sechzig dunklen Linien des Sonnenspectrums. Die Wahrschein¬
lichkeit, daß dies kein Werk des Zufalls sei, stellt sich wie eine Trillion zu Eins.
Es muß also, da ein ursächlicher Zusammenhang dieser beiden Erscheinungen


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[0512] menspectren nur dann ein, wenn die hinter der Flamme liegende Lichtquelle stärker leuchtet, als die Flammen selbst, wenn also jene Lichtquelle heißer ist als die Flamme. Weiter unten werden wir sehen, daß sich daraus ein Schluß auf den Zustand des Sonnenkörpers ziehen laßt. Ebenso wie die Natriumlinien ließ sich auch die rothe Linie, welche das Spectrum der Lithionflamme darstellt, in eine dunkle umwandeln, wenn eine Heller leuchtende Lichtquelle dahinter gebracht wurde. Die Lithionlinie fällt nicht mit einer schwarzen Linie des Sonnenspectrums zusammen, fällt aber das Sonnenlicht durch eine Lithionflamme, so erscheint im Spectrum an Stelle der rothen Lithionlinie eine dunkle. Dieselbe Umkehrung Heller Spec- trallinien in dunkle wurde von Bunsen und Kirchhofs ein den Flammenspectren von Kalium. Strontium. Calcium, Barium beobachtet. „Nach diesen Thatsachen, sagt Kirchhofs, liegt die Annahme nahe, daß jedes glühende Gas ausschließlich die Strahlen von der Brechbarkeit derer, die es selbst aussendet, durch Absorp¬ tion schwächt, mit anderen Worten die Annahme, daß das Spectrum eines jeden glühenden Gases umgekehrt werden muß, wenn durch dasselbe Strahlen einer Lichtquelle treten, die hinreichend hell ist und an sich ein continuirliches Spec¬ trum gibt." Diese Annahme erscheint als ein besonderer Fall eines allgemei¬ nen, ebenfalls von Kirchhofs gefundenen Satzes, welcher aussagt, daß für jede Strahlengattung das Verhältniß zwischen dem Emissionsvermögen und dem Absorptionsvermögen für alle Körper bei derselben Temperatur das gleiche ist. Aus diesem Satze folgt dann unmittelbar, daß ein glühendes Gas für alle Strahlen, die es selbst nicht entwickelt, durchsichtig ist; dagegen absorbirt ein glühendes Gas die Strahlen einer anderen Lichtquelle, welche die Farbe oder Brechbarkeit derer haben, die das Gas selbst aussendet. Wenn der leuchtende Körper, durch dessen Licht das Spectrum eines glänzenden Gases umgekehrt werden soll, ein glühender fester oder flüssiger Körper ist. so muß seine Tempe¬ ratur höher als die des glühenden Gases sein. Mit Hilfe dieser Thatsache und Folgerungen war es nun zunächst mög¬ lich, die dunklen Linien im Sonncnspectrum zu erklären und diese Er¬ klärung führte dann von selbst zu der Entdeckung gewisser Stoffe in der Sonnenatmosphäre. Kirchhofs brachte an seinem großen Spec- tralapparat eine Vorrichtung an, welche es gestattete, das Sonnenspectrum dicht neben dem Flammenspectrum eines beliebigen Metalles zu sehen. So wurde es möglich, die hellen Linien eines Flammenspectrums mit den dunklen Linien des Sonnenspectrums genau zu vergleichen. Nun zeigte es sich z. B.. daß sechzig helle Linien in dem Spectrum des glühenden Eisendampfes zusam¬ menfallen mit sechzig dunklen Linien des Sonnenspectrums. Die Wahrschein¬ lichkeit, daß dies kein Werk des Zufalls sei, stellt sich wie eine Trillion zu Eins. Es muß also, da ein ursächlicher Zusammenhang dieser beiden Erscheinungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/512>, abgerufen am 23.07.2024.