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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Absicht des ursprünglichen Antrages, welchen der Abgeordnete Hagen in, dei-
Budgetcommission gestellt hat.

Gegen diesen Antrag erklärte sich der Finanzminister sogleich in der Com¬
mission mit der größte" Entschiedenheit. Er gab zu, daß eine größere Spe-
cialisirung des Budgets wünschenswert!) sei, aber behauptete zugleich, die von
Hagen verlangte Specialisirung gehe zu weit; das Haus werde dadurch zu
sehr mit Detailarbeiten überhäuft und die Verwaltung zu sehr beschränkt.
In Folge davon hat man die Reden, welche der Abgeordnete von Patow
1852 gehalten hat, mehrfach mit den Reden des jetzigen Finanzministers von
Patow in Parallele gebracht, und die vermeintliche Inconsequenz desselben
nicht ohne Bitterkeit gerügt. Wer gerecht sein will, muß Patow gegen solche
Anschuldigungen in Schuh nehmen. Einem ganz dürftigen und sich in den
allgemeinsten Sähen haltenden Budget gegenüber verlangte er 1852 eine
größere Specialisirung. Dagegen erklärt er 1362, daß ein Antrag, der die
Titel des jetzigen Budgets etwa um das siebenfache vermehren will, in der
Specialisirung zu weit gehe. Zwischen diesen beiden Ansichten ist kein
Widerspruch.

Der ursprüngliche Hagen'sche Antrag ward mit der Modification, daß
eine in gewissen Fällen etwa zweckmäßige Zusammenziehung der Positionen
vorbehalten werde, von der Commission mit 20 gegen 7 Stimmen angenom¬
men. In einer späteren Commissionssitzung aber, am 27. Febr., ward die
Frage nochmals zur Erörterung gebracht. Der Finanzminister sprach sich noch¬
mals gegen den ursprünglichen Antrag aus, erklärte aber zugleich, daß die
Regierung einer größeren Specialisirung des Staathnushalts-Etats nicht ent¬
gegen sei, nnr müsse sie dabei von einer doppelten Voraussetzung ausgehen,
nämlich l), daß die Specialisirung gewisse Grenzen nicht überschreite, damit
die Verwaltung in der freien Bewegung nicht zu sehr gehemmt werde, und
2) daß nicht schon der Staatshaushalts-Etat für 1862 nach diesem neuen
System umgearbeitet werden solle, sondern daß die größere Specialisirung erst
bei der Aufstellung des Etats für 1863 in Anwendung komme. Es gelang
dem Finanzminister, die Budgetkommission für seine Ansicht zu gewinnen..
Der Abgeordnete Lehrend, welcher zu den Führern der Fortschrittspartei ge¬
hört, beantragte den früheren Beschluß wieder aufzuheben; dies geschah mit
19 gegen 14 Stimmen. Darauf beschloß die Commission mit 20 gegen 13
Stimmen einen Antrag, durch welchen 1) eine Vermehrung der Titel des
Staatshaushalts-Etats für nothwendig erklärt. 2) die Vndgetscommission er¬
mächtigt wird, Vorschläge zu machen, nach welchen die Titel des Staatshaus¬
halts-Etats pro 1863 festgestellt werden sollen, und 3) die Regierung aufge¬
fordert wird, den Staatshaushalts-Etat für 1863, nach den vom Hause dem¬
nächst anzunehmenden Vorschlägen, im nächsten Jahre, der Landesvertretung


Absicht des ursprünglichen Antrages, welchen der Abgeordnete Hagen in, dei-
Budgetcommission gestellt hat.

Gegen diesen Antrag erklärte sich der Finanzminister sogleich in der Com¬
mission mit der größte» Entschiedenheit. Er gab zu, daß eine größere Spe-
cialisirung des Budgets wünschenswert!) sei, aber behauptete zugleich, die von
Hagen verlangte Specialisirung gehe zu weit; das Haus werde dadurch zu
sehr mit Detailarbeiten überhäuft und die Verwaltung zu sehr beschränkt.
In Folge davon hat man die Reden, welche der Abgeordnete von Patow
1852 gehalten hat, mehrfach mit den Reden des jetzigen Finanzministers von
Patow in Parallele gebracht, und die vermeintliche Inconsequenz desselben
nicht ohne Bitterkeit gerügt. Wer gerecht sein will, muß Patow gegen solche
Anschuldigungen in Schuh nehmen. Einem ganz dürftigen und sich in den
allgemeinsten Sähen haltenden Budget gegenüber verlangte er 1852 eine
größere Specialisirung. Dagegen erklärt er 1362, daß ein Antrag, der die
Titel des jetzigen Budgets etwa um das siebenfache vermehren will, in der
Specialisirung zu weit gehe. Zwischen diesen beiden Ansichten ist kein
Widerspruch.

Der ursprüngliche Hagen'sche Antrag ward mit der Modification, daß
eine in gewissen Fällen etwa zweckmäßige Zusammenziehung der Positionen
vorbehalten werde, von der Commission mit 20 gegen 7 Stimmen angenom¬
men. In einer späteren Commissionssitzung aber, am 27. Febr., ward die
Frage nochmals zur Erörterung gebracht. Der Finanzminister sprach sich noch¬
mals gegen den ursprünglichen Antrag aus, erklärte aber zugleich, daß die
Regierung einer größeren Specialisirung des Staathnushalts-Etats nicht ent¬
gegen sei, nnr müsse sie dabei von einer doppelten Voraussetzung ausgehen,
nämlich l), daß die Specialisirung gewisse Grenzen nicht überschreite, damit
die Verwaltung in der freien Bewegung nicht zu sehr gehemmt werde, und
2) daß nicht schon der Staatshaushalts-Etat für 1862 nach diesem neuen
System umgearbeitet werden solle, sondern daß die größere Specialisirung erst
bei der Aufstellung des Etats für 1863 in Anwendung komme. Es gelang
dem Finanzminister, die Budgetkommission für seine Ansicht zu gewinnen..
Der Abgeordnete Lehrend, welcher zu den Führern der Fortschrittspartei ge¬
hört, beantragte den früheren Beschluß wieder aufzuheben; dies geschah mit
19 gegen 14 Stimmen. Darauf beschloß die Commission mit 20 gegen 13
Stimmen einen Antrag, durch welchen 1) eine Vermehrung der Titel des
Staatshaushalts-Etats für nothwendig erklärt. 2) die Vndgetscommission er¬
mächtigt wird, Vorschläge zu machen, nach welchen die Titel des Staatshaus¬
halts-Etats pro 1863 festgestellt werden sollen, und 3) die Regierung aufge¬
fordert wird, den Staatshaushalts-Etat für 1863, nach den vom Hause dem¬
nächst anzunehmenden Vorschlägen, im nächsten Jahre, der Landesvertretung


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[0484] Absicht des ursprünglichen Antrages, welchen der Abgeordnete Hagen in, dei- Budgetcommission gestellt hat. Gegen diesen Antrag erklärte sich der Finanzminister sogleich in der Com¬ mission mit der größte» Entschiedenheit. Er gab zu, daß eine größere Spe- cialisirung des Budgets wünschenswert!) sei, aber behauptete zugleich, die von Hagen verlangte Specialisirung gehe zu weit; das Haus werde dadurch zu sehr mit Detailarbeiten überhäuft und die Verwaltung zu sehr beschränkt. In Folge davon hat man die Reden, welche der Abgeordnete von Patow 1852 gehalten hat, mehrfach mit den Reden des jetzigen Finanzministers von Patow in Parallele gebracht, und die vermeintliche Inconsequenz desselben nicht ohne Bitterkeit gerügt. Wer gerecht sein will, muß Patow gegen solche Anschuldigungen in Schuh nehmen. Einem ganz dürftigen und sich in den allgemeinsten Sähen haltenden Budget gegenüber verlangte er 1852 eine größere Specialisirung. Dagegen erklärt er 1362, daß ein Antrag, der die Titel des jetzigen Budgets etwa um das siebenfache vermehren will, in der Specialisirung zu weit gehe. Zwischen diesen beiden Ansichten ist kein Widerspruch. Der ursprüngliche Hagen'sche Antrag ward mit der Modification, daß eine in gewissen Fällen etwa zweckmäßige Zusammenziehung der Positionen vorbehalten werde, von der Commission mit 20 gegen 7 Stimmen angenom¬ men. In einer späteren Commissionssitzung aber, am 27. Febr., ward die Frage nochmals zur Erörterung gebracht. Der Finanzminister sprach sich noch¬ mals gegen den ursprünglichen Antrag aus, erklärte aber zugleich, daß die Regierung einer größeren Specialisirung des Staathnushalts-Etats nicht ent¬ gegen sei, nnr müsse sie dabei von einer doppelten Voraussetzung ausgehen, nämlich l), daß die Specialisirung gewisse Grenzen nicht überschreite, damit die Verwaltung in der freien Bewegung nicht zu sehr gehemmt werde, und 2) daß nicht schon der Staatshaushalts-Etat für 1862 nach diesem neuen System umgearbeitet werden solle, sondern daß die größere Specialisirung erst bei der Aufstellung des Etats für 1863 in Anwendung komme. Es gelang dem Finanzminister, die Budgetkommission für seine Ansicht zu gewinnen.. Der Abgeordnete Lehrend, welcher zu den Führern der Fortschrittspartei ge¬ hört, beantragte den früheren Beschluß wieder aufzuheben; dies geschah mit 19 gegen 14 Stimmen. Darauf beschloß die Commission mit 20 gegen 13 Stimmen einen Antrag, durch welchen 1) eine Vermehrung der Titel des Staatshaushalts-Etats für nothwendig erklärt. 2) die Vndgetscommission er¬ mächtigt wird, Vorschläge zu machen, nach welchen die Titel des Staatshaus¬ halts-Etats pro 1863 festgestellt werden sollen, und 3) die Regierung aufge¬ fordert wird, den Staatshaushalts-Etat für 1863, nach den vom Hause dem¬ nächst anzunehmenden Vorschlägen, im nächsten Jahre, der Landesvertretung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/484>, abgerufen am 23.07.2024.